Kraftakt: Warum das Detmolder Landestheater oft auf Reisen geht

Detmold. Wenn der letzte Vorhang gefallen und der Schlussapplaus verklungen ist, geht die Arbeit für die Bühnenbauer wieder los. Dann wird alles abgebaut, in Lkw verladen und kurze Zeit später zum nächsten Spielort gebracht. Ja, richtig gelesen: Denn das Landestheater Detmold ist nicht auf die lippische Residenz beschränkt; seine Produktionen sind in vielen Orten in Deutschland und auch in der Schweiz zu sehen. Aber warum? Und wie lässt sich das logistisch bewältigen?

&bdquo;Wir haben hier ein super Stadttheater, bedienen aber 50 Prozent außerhalb“, sagt Betriebsdirektor Rainer Worms. Hintergrund ist, dass das Landestheater mit 12 Millionen Euro pro Jahr vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird - die größte Förderung, die die Bühne erhält. Damit einher geht der Auftrag, Kultur zu den Menschen zu bringen; in Orte, die kein eigenes Ensemble haben. Bereits seit 1949 fungiert das Theater als Reisebühne und muss dabei ein Soll erfüllen.

&bdquo;Wir kommen mittlerweile auf rund 200 Gastspielorte, in denen wir aufgetreten sind“, berichtet die Gastspielreferentin Birgit Reiher. In der Spielzeit 2025/26 werden 57 Orte bereist, vorwiegend im eigenen Bundesland, aber nicht ausschließlich. Das Ensemble ist von Neumünster in Schleswig-Holstein runter bis in die Schweiz und von der belgischen Grenze im Westen bis hin zur früheren innerdeutschen Grenze im Osten. Das liegt laut der Gastspielreferentin daran, dass von den 24 Landesbühnen, die es in Deutschland gibt, nur fünf Musiktheater anböten. Die Detmolder ist eine davon, weshalb der Reiseradius entsprechend größer sei.

&bdquo;Leben von unserem guten Ruf“ &bdquo;Das bedeutet für uns, dass wir nicht nur gucken müssen, was für dieses Haus geeignet ist, sondern auch den Markt beobachten“, erklärt Birgit Reiher. Immerhin gebe es nicht nur die Landesbühnen, sondern etliche weitere Konzert- und Tournee-Anbieter. Da müsse man aufpassen, dass sich nichts doppelt. Und weit im Voraus planen.

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Sind die Stücke für eine Spielzeit gesetzt, geht es an die Vermarktung der Gastspiele. Angeboten werden alle Stücke aus allen drei Sparten und dem Jungen Theater. Aktuell kümmert sich Birgit Reiher um die Spielzeit 2026/27, parallel laufen aber auch schon erste Überlegungen für die Saison darauf. &bdquo;Wir leben von unserem guten Ruf. Denn unsere Partner kaufen etwas, das es noch gar nicht gibt“, sagt die Referentin.

Gastspiele eintakten Besonders gefragt seien aktuelle politische Stoffe oder auch sogenannte Abitur-Stoffe, weniger die Uraufführungen oder ungewöhnliche Stücke, die in Detmold ebenfalls geboten werden. &bdquo;Der Kulturauftrag sieht vor, nicht nur Unterhaltung anzubieten, sondern auch anspruchsvolle Stücke zu spielen - was wiederum nur durch die Förderung möglich ist“, erklärt Rainer Worms. Der Gastspielmarkt reagiere darauf aber zurückhaltend. Denn: In Zeiten klammer Kassen und schmaler Kultur-Etats seien die Partner darauf angewiesen, ihre Häuser voll zu bekommen.

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Die Logistik hinter den Auswärts-Auftritten ist enorm und betrifft mehrere Abteilungen und Berufsgruppen. Stehen Premierenplan und Disposition für das eigene Haus mit festen Terminen für Abonnenten, Endproben und mehr, geht es an die Terminanfragen aus den Gastspielorten. Immer mit Blick darauf, was für die Akteure zumutbar und was angesichts von Ruhezeiten und Probephasen leistbar ist.

Busse und Lkws notwendig &bdquo;Wir fahren mit der ganzen Mannschaft. Teilweise sind wir mit drei großen Bussen und zwei Lkw-Zügen mit Anhänger für die Technik unterwegs. Das alles muss irgendwie organisiert werden“, schildert Rainer Worms. Busse mieten, gegebenenfalls Hotels buchen, Aufbauten planen, alles in Verträge einbinden. Dazu kommt: Das Bühnenbild muss in den Lkw passen; und auf die Bühnen in den Gastspielorten, die zum Teil kleiner sind. Deshalb gibt es genaue Vorgaben an die Bühnenbauer und auch fürs Einpacken.

Da die Lagerkapazitäten im Landestheater nicht so groß sind, werden die Produktionen oft direkt nach der Vorstellung in den Lkw oder in Container verladen. Bühnenbild, Beleuchtung, Kostüme, Maske - alles muss mit, bis hin zu den Programmheften. Damit am neuen Ort alles glatt läuft, haben die Produktionsteams einen Bühnenmeister, der in Absprache mit der Regieassistenz auch schon mal kleine Änderungen vornimmt und mit dem Ensemble bespricht.

Wie auf Klassenfahrt Und wie ist es für die Mitarbeiter, immer unterwegs zu sein? &bdquo;Wer an eine Landesbühne geht, muss Busfahren können“, sagt Birgit Reiher mit einem Augenzwinkern. Der Vorteil: Man kann sich überall ausprobieren. Die Herausforderung sei, dass man sich auf die unterschiedlichen Bühnen immer wieder neu einstellen müsse. &bdquo;Im Prinzip ist es wie auf Klassenfahrt. Irgendwann kennt man die Orte, die Stellen für Pausen, die Hotels und man freut sich drauf“, erzählt Rainer Worms, der früher selbst als Akteur mit dabei war. Natürlich sei das Reisen auch anstrengend, manchmal sei man erst in der Nacht zurück. Die Fahrten schweißten das Ensemble aber auch zusammen.

Das Gleiche gilt für kleine Pannen, zu denen es bei der Reiserei immer mal wieder kommt. Beispiel: Stau auf der Autobahn. Trifft das Orchester früher ein, beginnt es einfach schon mal mit einem kleinen Konzert, während sich die Schauspieler im Bus umziehen und schminken. Improvisieren gehört zum Geschäft. &bdquo;Das macht aber auch die Einmaligkeit des Theaters aus, im Gegensatz zum Kino“, sagt Birgit Reiher. &bdquo;Jeder Abend ist anders.“

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