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Nach Eröffnung

„Abzocke bis angemessen“: Das sagen LZ-Leser zum neuen WC am Rosental

Detmold. Eine neue, barrierefreie, selbstreinigende öffentliche Toilette für rund 70.000 Euro – finanziert aus nicht-eingelösten Stadtgutscheinen. Eigentlich eine gute Nachricht für die Detmolder City. Doch kaum ist das WC am Rosental in Betrieb, entlädt sich in den sozialen Netzwerken ein Meinungsgewitter: Leserinnen und Leser begrüßen zwar die zeitgemäße Technik, viele ärgern sich jedoch über die Nutzungsgebühr von einem Euro. Wieder andere fragen sich grundsätzlich, wie weit Barrierefreiheit und soziale Teilhabe beim „stillen Örtchen“ reichen müssen. Die LZ blickt auf die Debatte.

„Ein Grundbedürfnis darf nicht vom Portemonnaie abhängen“

Der Kommentar, der die meisten Reaktionen ausgelöst hat, sieht die neue Anlage kritisch – nicht wegen der Technik, sondern wegen der Gebühr: „Eine Grundbedürfnis-Infrastruktur darf nicht davon abhängen, ob jemand gerade einen Euro übrig hat.“ Die Gebühr treffe besonders Kinder, Menschen mit wenig Geld oder Personen in Notsituationen. Barrierefreiheit bedeute mehr als Normhöhen und automatische Türen – sie müsse auch finanziell gedacht werden. Mehrere Leser pflichteten ihm bei. Einige Leser erinnerten sich an frühere Zeiten, in denen man „im Rathauskeller noch kostenlos pinkeln konnte“ und fragten, warum ein Toilettengang nun bezahlt werden müsse.

„Kostenlos hält keiner lange durch“

Doch es gibt auch klare Gegenstimmen. Leser Alexander hält die Kritik für weltfremd: „Wissen Sie, wie ein kostenloses WC nach kürzester Zeit aussieht?“ Ein Euro sei ein angemessener Beitrag für Sauberkeit, Wartung und Sicherheit. Andere Leser argumentieren ähnlich: Reinigungspersonal werde tariflich bezahlt, Verbrauchsmaterial müsse nachgelegt, Technik gewartet werden. Ein Nutzer formuliert es so: „Da zockt niemand ab – das sind Betriebskosten.“

Mehrere Kommentierende betonen zudem, dass die Stadt bereits signalisiert hat, dass die Nutzung mit Stadtgutschein-Rabatt künftig nur noch 50 Cent kosten soll.

Sauberkeit, Technik, Alltagstauglichkeit

Zwischen Befürwortern und Gegnern kommen auch Stimmen zu Wort, die schlicht hoffen, dass die neue Anlage hält, was sie verspricht. Ein Leser schreibt: „Eigentlich super. Leider sind die meisten selbstreinigenden WCs total eklig. Hoffen wir, dass das hier besser läuft.“ Andere loben den technischen Fortschritt, aber blicken mit Skepsis auf das gesellschaftliche Miteinander: „Fortschritt bedeutet nichts, wenn die Kultur fehlt – wenn die Leute es nicht ordentlich hinterlassen, hilft die beste Technik nichts.“

Viele interessiert vor allem die Frage: Bleibt die Anlage sauber? Die Stadt will darauf besonders achten: In den ersten Wochen kontrolliert zusätzlich Reinigungspersonal täglich die Zustände – als Testphase, um zu sehen, wie sorgsam die Nutzerinnen und Nutzer mit der Einrichtung umgehen.

Barrierefreiheit – und die Frage: „Ist alles wirklich durchdacht?“

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion betrifft die Barrierefreiheit. Während die Stadt betont, dass die Anlage normgerecht gebaut ist und einen Wickelplatz bietet, hinterfragen einige Nutzer Details. „Was nützt ein barrierefreier Zugang, wenn die Toilettenschüssel so hoch ist?“ Andere halten dagegen und verweisen auf übliche Standardmaße und darauf, dass solche Anlagen nach festen technischen Vorgaben gebaut werden. Auch hier zeigt sich: Die Erwartungen an öffentliches WC-Design sind hoch – und sehr individuell.

Zwischen Nostalgie und Pragmatismus

Einige Kommentare blicken mit einem Augenzwinkern zurück: Die kostenlosen Toiletten am Rathaus, der alte Zugang am Spielwaren-Geschäft oder die Gewohnheit, „einfach mal schnell runterzugehen“. Doch auch hier finden sich differenzierte Stimmen. Ein Nutzer schreibt: „Früher war nicht alles besser – es hat nur anders gerochen.“ Der Hinweis, dass moderne Anlagen andere Kosten verursachen, ist vielen bewusst. Und dennoch bleibt das Gefühl, dass mit der Gebühr eine Schwelle entstanden ist, die es früher so nicht gab.

Worum es den Menschen wirklich geht

Schaut man tiefer in die Kommentare, lässt sich ein Muster erkennen: Die Diskussion dreht sich weniger um eine Toilette, sondern um die Frage, wie viel ein Grundbedürfnis kosten darf – und wie eine Stadt ihre Infrastruktur gestaltet.

Die neue Toilette am Rosental ist gerade einmal wenige Tage in Betrieb – und dennoch ist sie schon jetzt Schauplatz von Befindlichkeiten. Ob der eine Euro am Ende akzeptiert wird, wie sauber die Anlage im Alltag bleibt und ob der versprochene Rabatt wirklich kommt: All das wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

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