<p data-end="812" data-start="103">Detmold/Kreis Lippe. Der Tod des Inhabers, steigende Kosten und ausstehende Zahlungen haben das Detmolder Unternehmen Taxi Limberg in eine Krise gestürzt (wir berichteten). Immer wieder passiert das kleineren Betrieben: Auf einmal ist die Krise da. Antonius Spilker ist Krisenmanager bei der Wirtschaftsförderung des Kreises Lippe. Dort wird Klein- und Kleinstunternehmen unkomplizierte und schnelle Hilfe bei kaufmännischen Fragen oder dringenden Finanzierungsproblemen geboten. Spilker erklärt: „In dem angeschnittenen Fall des kleinen Taxiunternehmens mit Liquiditätsschwierigkeiten können eine Reihe von Gründen für die Situation symptomatisch sein.“ Und die kann viele Selbstständige schnell betreffen.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Wie geraten Unternehmen in Schieflage?</h2> <p data-end="1775" data-start="860">In der Mehrzahl der Fälle, allerdings immer individuell zu betrachten, sei bei Unternehmen mit Liquiditätsschwierigkeiten eine mangelnde Planung und die mangelnde Anwendung der betriebswirtschaftlichen Erfordernisse ursächlich. Manchmal wurde für die Unternehmung nicht geplant, was an Aufträgen kommt und/oder wie die Marktlage sich ändert. Der notwendige, fortlaufende Abgleich der Planung (Soll) mit dem realisierten „Ist“ fehlt. Es könne auch mal nicht deutlich sein, dass es sich bei dem aus der Finanzbuchhaltung ergebenden Monatsergebnis nicht um das richtige „Ist“ handle, weil typische Jahresendkosten und -aufwendungen anteilig noch fehlen. Auch abfließende Liquidität, etwa für Steuernachzahlungen, werde unterjährig in der Finanzplanung häufig nicht berücksichtigt. Diese Kosten und Aufwendungen müssten anteilig in jedem Monat mitgebucht werden. Fehlen sie, wird die Kalkulationsgrundlage verfälscht.</p> <p data-end="2492" data-start="1777">Oft werde der Erfassung der Geschäftsvorfälle und der Finanzbuchhaltung an sich nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. „Viele Unternehmen machen den Abschluss für das Finanzamt und nicht für sich selbst. Gerade auch aus den betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) aus der Buchhaltung oder vom Steuerberater lässt sich aber viel ablesen“, schildert der Fachmann. Die Einordnung spezieller Kontobewegungen müsse strukturiert erfolgen, damit die Finanzbuchhaltung aussagekräftig bleibe. Neue vertragliche Absprachen der Geschäftsleitung würden gelegentlich nicht an die Buchhaltung kommuniziert oder erst mit großem zeitlichem Abstand weitergegeben und seien dann nicht in der monatlichen Auswertung enthalten.</p> <p data-end="3153" data-start="2494">Der Zeitbedarf und die Voraussetzungen zur Beschaffung von Liquidität würden massiv unterschätzt. Die Regulierungen, denen Banken unterliegen, hätten sich im vergangenen Jahrzehnt stark verändert. „Schließlich werden immer wieder grundlegende Regeln verletzt. Zum Beispiel soll der Zeitraum der vorausberechneten Amortisation einer Investition mit dem Zeitraum der ausgehandelten Finanzierung der Investition übereinstimmen (goldene Bilanzregel)“, so Spilker. Häufig würden aber langfristige Investitionen mit einer Kontoüberziehung bezahlt – insbesondere auch, weil sich die Verhandlungen um die Finanzierung mit der Bank länger als eingeschätzt hinziehen.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Wie lässt sich einer finanziellen Schieflage vorbeugen?</h2> <p data-end="1057" data-start="166">Letztlich seien „Mangelerscheinungen“ Gründe für eine Schieflage: ein Mangel an Zeit, die Planung zu machen und mit dem Ist abzustimmen, ein Mangel an Kontrolle, ob ratierliche Jahresabschlussbuchungen in der Finanzbuchhaltung erfasst wurden, ein Mangel an Kommunikation – und mehr. „Die Geschäftsleitung ist hier in der Pflicht, sich die notwendige Zeit und das Wissen zu verschaffen. Sie muss die Mitarbeiter und Berater fordern. Umgekehrt müssen die Mitarbeiter und Berater mahnen und auf erkennbare Fehlentwicklungen in den Einzelbereichen des Unternehmens hinweisen“, so der Experte. Insgesamt sei alles zusammen ein großes Räderwerk, das schwer zu überschauen sei. Die Kommunikation mit den Banken sei wichtig. Sie zeige, dass die Bank als Partner und nicht als Gegner aufgefasst wird. Außerdem stelle man sich mit diesem Schritt einer Diskussion und zeige sich offen für Ratschläge.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Welche Schritte sind wichtig?</h2> <p data-end="1844" data-start="1096">„Stellt der Unternehmer fest, dass sich die Verbindlichkeiten erhöhen oder auch, dass sich die Forderungen vermindern, wäre meine erste Handlung, dieses mit dem gleichen Zeitraum der Vorjahre abzugleichen“, schildert Spilker. Stellt der Unternehmer fest, dass die Verschuldungsquote sich tendenziell und kontinuierlich erhöht, muss er tiefere Ursachenforschung betreiben. Haben sich die Lieferantenpreise und Löhne erhöht? Wann war meine letzte Erhöhung des Stundensatzes? Habe ich all meine Leistungen abgerechnet oder könnte etwas noch abgerechnet werden? Ist meine Kalkulation noch stimmig? Haben meine Mitbewerber niedrigere Einkaufspreise oder andere Wettbewerbsvorteile? Aus diesen Fragen müssen für das Unternehmen Schlüsse gezogen werden.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Soll man neue Kredite aufnehmen?</h2> <p data-end="2340" data-start="1886">Grundsätzlich sei die Schaffung von Liquidität laut Spilker richtig, denn die Zahlungsfähigkeit müsse auch in schlechten Situationen für das Unternehmen unbedingt aufrechterhalten werden. Dabei sei es zunächst egal, ob dem Unternehmen Liquidität durch Eigenkapital oder Fremdkapital zugeführt wird. Konkret müsse in dem Augenblick, in dem die Liquiditätszuführung erkenntlich wird, mit Maßnahmen zur Schließung der Unwirtschaftlichkeit begonnen werden.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Wie sollten sich kleine Unternehmen krisensicher strukturieren?</h2> <p data-end="2941" data-start="2413">Insbesondere kleine Unternehmen sollten versuchen, ihre Struktur einfach und übersichtlich zu halten. Wenn die Geschäftswagen geleast werden, dann sollten nach Möglichkeit alle Autos so finanziert werden. Dies erhöht die Übersichtlichkeit. Unabhängig davon, ob diese Struktur durchgehalten werden kann, empfiehlt es sich laut dem Experten, dass die unterschiedlichen Finanzierungen in einem Finanzierungsverzeichnis aufgeführt und fortgeschrieben werden – genauso, wie es zum Beispiel für das Anlagevermögen auch gemacht wird.</p> <p data-end="3419" data-start="2943">Ganz wichtig sei die Aktenführung. Es empfiehlt sich, gesonderte Vertragsakten zu führen, die nicht nach der Aufbewahrungsfrist vernichtet werden. Langlebige Anlagegüter und deren hoffentlich ebenso lange laufende Finanzierung gehören in gesonderte Akten, damit Wartung, Garantie, Umbauten der Anlage und die Sicherungsabreden mit den Finanzierern auch noch nachvollzogen werden können, wenn die Personen, die den ursprünglichen Vertrag verhandelt haben, nicht mehr da sind.</p> <p data-end="3781" data-start="3421">Die Geschäftsleitung sollte eine Vorsorgevollmacht haben, die Vertreter bestimmt. Bei der Bankverbindung sollte auch bei noch so kleinen Unternehmen immer ein Vertreter eingetragen sein, damit nicht auf einen gerichtlichen Beschluss zur Feststellung der Handlungsunfähigkeit, zum Beispiel bei Erkrankung des bisherigen Geschäftsleiters, gewartet werden muss.</p> <p data-end="4377" data-start="3783">Schließlich sollte es einen gut gepflegten „Notfallkoffer“ geben – eine Akte, in der alle grundlegenden und wesentlichen Dinge niedergelegt sind. In diesen „Notfallkoffer“ gehören die Zugangsdaten und Passwörter zu Konten und Internetseiten, Steuer- und Betriebsnummern, Namen, Adressen und Kontaktdaten von wichtigen mit dem Unternehmen in Verbindung stehenden Personen wie Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare und Patentanwälte, aber auch grundlegende Gutachten und – für kleine Kapitalgesellschaften – der Nachweis der Einzahlung des Stammkapitals, auch wenn dieser Jahrzehnte zurückliegt.</p> <h2 class="Zwischenzeile">Ist Verschwiegenheit bei Schulden oder Zahlungsverzug der falsche Weg?</h2> <p data-end="4960" data-start="4457">„Natürlich kann die Geschäftsleitung nicht jede Einzelheit des täglichen Geschäftsbetriebes der Familie ausbreiten“, erklärt Spilker. „Aber die ganz grundlegenden Dinge sollten bekannt sein. Auch sollten die nächsten Angehörigen von Zahlungsverzug und den zur Abwendung eingeleiteten Maßnahmen wissen, andernfalls leidet erfahrungsgemäß sehr der familiäre Zusammenhalt, wenn die Schwierigkeiten offenbar werden. Und noch eine Sache gilt weiterhin: Guter Rat ist teuer, schlechter Rat ist unbezahlbar.“</p>