
Detmold (aga). Einen Moskito bringt wahrscheinlich niemand mit Erotik in Verbindung. Doch wenn Esther Vilar den Körper einer jungen Frau aus der Perspektive des Insekts beschreibt, wird es kribbelig. Mit solchen Geschichten hat Cornelia Witte ihre Zuhörer bei der Lesung erotischer Frauenliteratur in der Stadtbücherei in ihren Bann gezogen.
"Heißer Norden" hatte die Finno-Ugristin (Wissenschaftlerin im Bereich von Sprache und Kultur der finnisch-ugrischen Sprachenfamilie) und ehemalige Buchhändlerin ihre Lesung überschrieben. Erotische Geschichten aus dem Sammelband "Heißer Norden" sowie weitere in Beziehung zu Skandinavien stehende Texte untermauerten, dass es in der meist von Kälte dominierten Region durchaus heiß her geht.
Witte, die auf Einladung der Bücherei und der Deutsch-Finnischen Gesellschaft las, erinnerte daran, dass in Nordeuropa schon immer ein deutlich unkomplizierterer Umgang mit Erotik gepflegt worden sei. Dabei seien die Grenzen zur Pornographie sogar fließend. Doch auch wenn die verschiedenen Autorinnen sehr unterschiedlich an das Thema herangingen, überschritt dieTextauswahl - sprachlich von poetisch bis teilweise auch derb angelegt - nie die Grenze zum Geschmacklosen.
Etwa die Schilderung des dänischen Autors Daniel Zimakoff, der in "Küsse im Regen" sehr detailliert das Liebesspiel des 18-jährigen Benjamin mit der Mutter seines Freundes während eines nächtlichen Gewitters beschreibt: Darin sind es die Sehnsucht der älteren Frau sowie der Versuch des jungen Mannes, eine gescheiterte Beziehung zu verarbeiten, die beide zusammenführt.
Auch der Erotik im Alter widmete sich Cornelia Witte in der Lesung. In "Sex 66" aus dem Band "Heißer Norden" erlebt ein älteres Paar gemeinsame Lust unter der Dusche. "Da hört man ganz schnell, dass der Sex nicht aufhört, wenn man älter wird", kommentierte Witte. Eine hoffnungsvolle Botschaft für die überwiegend jüngeren Zuhörer, deren Fantasie an diesem Abend auf sehr charmante Weise neues "Futter" erhalten hat.