Detmold/Augustdorf (te). Licht aus, Spot an! Die Älteren unter uns erinnern sich noch an Ilja Richter im Zweireiher, mit Revers so groß wie die Landebahn des Detmolder Flugplatzes. Ein Discjockey in den Siebzigern sah adrett aus. "Krawatte und Jackett waren Pflicht." Keiner weiß das besser als Roland Sanner. "Don Rolando" war vor 40 Jahren DER DJ in Detmold.
Und so ist es wohl kaum ein Zufall, dass Rolando Sanner einen hellblauen Schlips aus seinem Koffer voller Erinnerungen zieht. Daneben, darüber und darunter liegen unzählige Fotos, Zeitungsausschnitte, Karten, Musikwunschzettel - Reminiszenzen an die große Zeit des Riverside Clubs in Detmold.
Wie der Name schon sagt, die Disco lag am Flussufer - heute dient der Bau wieder dem ursprünglichen Zweck als Sommertheater. Aber vor rund 40 Jahren führte dort "Don Rolando" Regie. Mit seiner Discothek thronte er über Plüschsesseln und Hollywood-Schaukeln, die, so erinnert er sich, damals die Möblierung der Disco darstellten.
Sechs Tage pro Woche war ab 19.30 Uhr geöffnet. "Um 20.30 Uhr ging es los - mit Personenkult hoch zwei", erinnert sich Sanner, der heute in Augustdorf lebt, an das Trara rund um den DJ. "Ich stand da wie ein Kaiser und habe die Leute voll gelabert", sagt er und lacht, dass die goldene Kette im Hemdausschnitt hüpft. Rede-Talent hat Sanner zweifellos. "Heute hingegen muss ein DJ vor allem eins: Die Schnauze halten. Das konnte ich damals nicht und kann ich auch heute nicht."
Aus dem Koffer voller Erinnerungen purzeln die Bilder, die Don Rolando mit einem gewissen Hang zum Theatralischen zeigen: Im Smoking mit Gummistiefeln, im großkarierten Jackett, im spanischen Samtanzug ("habe ich mir in Barcelona maßschneidern lassen"). Diverse Bilder mit Schlagergrößen sind dabei, denn DJ Rolando hatte die Stars der deutschen Musikwelt in Detmold zu Gast: Howard Carpendale, Rex Gildo, Boney M., Christian Anders, Marianne Rosenberg und viele mehr traten im Riverside auf. Die Lothar Hauschild gehörende Disco verlieh sogar den "Goldenen Hermann" als Preis an die Künstler.
"Zwangsnotläufig stieg damit die eigene Popularität", sagt Rolando Sanner fast schon bescheiden. Aber auch sonst war Entertainment angesagt: Sanner ließ eine Mädchenband "oben ohne" auftreten und organisierte im Gegenzug für die Damenwelt einen Männer-Strip einiger Stammgäste. Ein Riesen-Skandal in Detmold? "Leider nein", bedauert der Don. "Die haben sich ja nicht ganz ausgezogen. Wissen Sie, es gab damals nichts, was zu verrückt oder zu schräg gewesen wäre", erinnert er sich an die große Zeit der Disco.
Im nächsten Jahr feiert er 50 Jahre im "Showbusiness". Schon mit 15 - damals noch Lehrling zum Industriekaufmann bei Ariola - trat er der Gilde der DJs bei, und noch heute ist er aktiv, selbst auf einer Beerdigung hat er schon Platten aufgelegt. Aber Roland Sanner gehörte auch zur ersten Mannschaft bei Radio Lippe, machte Radio auf der Aida und in Bayern, war an Clubs beteiligt oder besaß sie selbst.
Vor allem aber habe ihm das Dasein als Platten-Matador immer sehr viel Spaß gemacht, sagt er. Das sei noch heute so, da sich vor ihm auf der Tanzfläche nicht selten die Paare drehen, die sich vor 40 Jahren im Riverside bei einem Wunschtitel kennen gelernt haben. "Ist das nicht schön?", strahlt Don Rolando wie in den besten Zeiten.