Paradox: Wie der Naturschutz in Humfeld Orchideen das Leben schwerer macht

Dörentrup-Humfeld. Der Boden ist stellenweise ganz schön nass. Gummistiefel sind angesagt. Von der Wiese sind in der Entfernung die Häuser an der Fermke in Humfeld zu sehen, ebenso der Turm der alten Bruchmühle. Das Naturschutzgebiet in den Begaauen ist &bdquo;eine schöne ruhige Ecke“, sagt Bernd Mühlenmeier, stellvertretender Vorsitzender des Nabu Lippe. Ein Refugium für die Natur. Eine Ecke, in der noch eine seltene Orchideenart mit einem zungenbrecherischen Namen zu finden ist: das Breitblättrige Knabenkraut. Vor einigen Jahren war es hier noch viel weiter verbreitet. Grund für den Rückgang ist nach Mühlenmeiers Urteil ausgerechnet eine Naturschutzmaßnahme.

Das Knabenkraut, auch als Breitblättrige Fingerwurz bekannt, ist, wie jüngst mit Blick auf den Norderteich bei Horn-Bad Meinberg berichtet, eine gefährdete Art. Die Orchideenart findet sich auf der Roten Liste. Sie braucht feuchten Untergrund, mag Nasswiesen - und hatte im Naturschutzgebiet Begatal früher gute Bedingungen. Doch inzwischen sieht das etwas anders aus: &bdquo;Der Bestand ging von 700 blühenden Exemplaren Anfang der 1990er Jahre auf jetzt 50 bis 70 Exemplare zurück“, erklärt Bernd Mühlenmeier.

Der Nabu Lippe hatte die vorher landwirtschaftlich genutzten Flächen an der Bega gekauft, um sie für den Naturschutz zu reservieren. Inzwischen sind es hier gut viereinhalb Hektar, die der Nabu teils auch gepachtet hat. &bdquo;Eigentlich hätte die Zahl des Breitblättrigen Knabenkrauts auf unseren Orchideenwiesen zunehmen müssen“, sagt Mühlenmeier. Denn: &bdquo;Wir düngen nicht, wir mähen und nutzen die Flächen extensiv. Außerdem beweiden wir sie mit Schafen.“ Einmal im Jahr werden sie nach der Orchideenblüte gemäht. Das Breitblättrige Knabenkraut blüht im Mai.

Mit dem Traktor eingesunken Wo mit Mineraldünger oder Gülle gedüngt wird, verschwindet die Pflanzen nach Nabu-Angaben schnell. Die Pflanze braucht neben einem eher nährstoffarmen Boden und Feuchtigkeit auch viel Licht. Die intensive Landwirtschaft in der Umgebung und die Anreicherung der Flächen mit Stickstoff aus der Luft kommen laut Nabu als Gründe für den Rückgang in Frage - vor allem aber der gesunkene Wasserstand der Bega.

Das hat einen Grund: Nach dem Ende des Betriebs der Bruchmühle wurde vor etwa zehn Jahren auch das Mühlenstau aufgegeben, wie Mühlenmeier sagt. Das Wehr habe die Bega im Bereich der Wiesen etwa einen Meter hoch gestaut - bis etwa einen Kilometer flussaufwärts. Damit war der Grundwasserstand höher, auch die Wiesen waren feuchter, die Gummistiefel waren an weitaus mehr Stellen notwendig. &bdquo;Ich bin mal mit dem Traktor eingesunken“, sagt Mühlenmeier.

Das Wehr zu entfernen, sei eine Naturschutzmaßnahme gewesen, um die Durchgängigkeit der Bega für Fische wie Forellen wieder herzustellen. Denn Staumauern können für Fische unüberwindliche Hindernisse sein. &bdquo;An sich ist das sinnvoll“, sagt Mühlenmeier. &bdquo;Aber es gibt eben auch Nachteile.“ Die Wiesen sind nicht mehr so feucht wie früher - zum Nachteil für die Orchideen. Alles, was der Mensch tut, hat eben Auswirkungen - sogar eigentlich gut gemeinte Naturschutzmaßnahmen.

Allerdings finden sich in dem Gebiet weiter seltene Vögel: die Wasseramsel, der Eisvogel, die Bekassine, auch &bdquo;Meckerziege“ genannt. Letztere ist allerdings ebenfalls seltener zu beobachten, wie Mühlenmeier erklärt. An einem anderen Ort in Lippe freilich finden sich nach seinen Worten noch mehr Breitblättrige Orchideen: im Quellbereich der Osterkalle nördlich des Steinbergs.

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