19-Jährige aus Extertal kämpft sich nach schwerem Autounfall zurück ins Leben

Extertal-Bösingfeld. Zweifache Beckenfraktur, gebrochener Kiefer, Schädel-Hirn-Trauma: Veletzungen, die Cynthia Lenke bei einem schweren Autounfall davon getragen hat. Die offensichtlichen Wunden sind zwar verheilt, doch auch heute, zweieinhalb Jahre später, kämpft sich die heute 19-Jährige jeden Tag zurück in ein annähernd normales Leben. Doch das wird nie wieder so wie früher.

Es war am 25. Mai 2017, Christi Himmelfahrt. &bdquo;Ich wollte mit einer Freundin und deren Mutter mit dem Auto nach Lemgo fahren", erzählt Cynthia Lenke und blickt auf ihre Kaffeetasse in der Hand. Doch kurz nachdem sie gestartet waren, übersah die Fahranfängerin ein anderes Auto und es krachte . An den Tag des Unfalls kann sich Cynthia Lenke nicht erinnern. Auch alles bis zu zwei Wochen vor dem Unfall war weg, heute erinnert sie sich nur durch Erzählungen an Einiges, was damals war.

Ihre Mutter fuhr ahnungslos an der Unfallstelle vorbei Die damals 16-Jährige saß auf der Rückbank, war bewusstlos und schwer verletzt, musste von drei Helfern aus dem Wagen befreit werden. Mit dem Hubschrauber wurde sie in eine Bielefelder Klinik geflogen, dort kam sie sofort in den OP, erinnert sich Mutter Sylvia Lenke. &bdquo;Das Schlimme ist, ich bin an der Unfallstelle vorbei gekommen, ohne zu wissen, dass es Cynthia ist", erzählt sie und schaut ihre Tochter dabei von der Seite an.

Sylvia Lenke war mit Familienhund Ben unterwegs. &bdquo;Ich hatte ein ganz komisches Gefühl, Cynthia regierte nicht auf meine Anrufe, und Ben hat immer wieder seinen Kopf in meinen Schoß gelegt." Schließlich habe sie mit einer Nachbarin gesprochen, doch die hatte nur die Kleidung der Verletzten gesehen – die gleiche, die die damals sechzehnjährige an diesem Tag anhatte. Sylvia Lenke eilte zur Unfallstelle, wo ein Rettungsassistent sie in Empfang nahm.

Eineinhalb Wochen lag Cynthia Lenke im Koma, &bdquo;keiner wusste, was ist, wenn sie aufwacht", die Stimme der Mutter gerät ins Stocken. Die junge Frau konnte weder Sprechen noch Laufen, war extrem durcheinander. Fünf Monate stationäre Reha folgten, daraufhin weitere stationäre und ambulante Maßnahmen in verschiedenen Kliniken.

Noch heute spürt Cynthia Lenke die Folgen des Unfalls Cynthia Lenke hebt die Kaffeetasse an, die Hand zittert. Doch nicht nur jetzt, bei der Erinnerung an die Zeit nach dem Unfall. &bdquo;Ich habe eine Ataxie in Armen und Beinen", erklärt sie das Zittern. Nicht die einzige Folge, unter der die Extertalerin leidet. Kopfschmerzen, Gleichgewichts- und Aufmerksamkeitsstörungen begleiten sie seitdem jeden Tag, sie ist zu 80 Prozent schwerbehindert.

Auch heute benötigt sie noch Ergo-, Neuro- und Physiotherapie. Die Therapien sind anstrengend. Doch immer wieder begegnen ihr Vorurteile, das könne doch gar nicht anstrengend sein. Oder Sätze wie &bdquo;Sei froh, dass du noch lebst", &bdquo;Man merkt dir gar nichts an" oder ähnliches. Häufig gesagt von einem Gesunden, ohne darüber nachzudenken. Sätze, die Cynthia verletzen und auch wütend machen, denn: &bdquo;Mein Leben wird nie mehr, wie es vor dem Unfall war."

Vor ihrem Unfall wollte Cynthia Lenke ihr Abitur und eine duale Ausbildung zur Ergotherapeutin machen. Doch Lernen ist schwierig mit einer Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung. Derzeit macht sie ein Jahrespraktikum im begleitenden Dienst in einem Altenzentrum. Damit hat sie dann zumindest ihr Fachabi in der Tasche. &bdquo;Ich beweise, dass ich durchhalten kannt", sagt sie stolz. &bdquo;Und mit dem Fachabi habe ich dann ja sehr viele neue Möglichkeiten", trotz aller Einschränkungen. Ihr Berufswunsch heute? &bdquo;Irgendwas mit Menschen", sagt sie und lacht.

Sie sei gelassener als früher, &bdquo;ich hasse es, wenn Leute sich stressen". Sie habe lernen müssen, vieles hinzunehmen. &bdquo;Und trotzdem ist sie so motiviert, bei der Therapie, bei der Arbeit", sagt Mutter Sylvia Lenke und blickt ihre Tochter stolz an. Auch einen neuen Freund hat die junge Frau, mit dem will sie bald für ein paar Tage gemeinsam nach Amsterdam will. &bdquo;Es ist ein anderes Leben. Nicht unbedingt schlechter, aber eben anders als früher."

Das Schädel-Hirn-Trauma &bdquo;Das Schädel-Hirn-Trauma bezeichnet eine Krafteinwirkung auf die Hirnstruktur von außen", erklärt Prof. Dr. med. Cyrus Klostermann, Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Lippe in Detmold. Verbunden sei es meist mit einer – in minder schweren Fällen vorübergehenden – Funktionsstörung wie Bewusstlosigkeit oder Benommenheit. Die meisten Patienten erholen sich, doch Restsymptome können laut des Mediziners bleiben, erwa Kopfschmerzen, Aufmerksamkeitsstörungen oder Probleme mit dem Gedächtnis.

Es gibt verschieden Schweregrade eines Schädel-Hirn-Traumas (SHT), da die Auswirkungen der Verletzung sehr unterschiedlich sein können, von akuter Lebensgefahr bis zur fast vollständigen Genesung mit meist leichten Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen. Um den Schweregrad bestimmen zu können, folgt die klinische Untersuchung anhand bestimmter Punkte, so Klostermann weiter: Die Augenöffnung, die Reaktion auf Schmerzreize sowie die verbale Auskunft und Orientierung in Zeit und Raum. Cynthia Lenke leidet an einem SHT mit dem Schweregrad zwei, einem mittelschweren, erklärt sie.

Infos gibt es zum Beispiel auf www.schaedelhirntrauma.net oder der Seite www.leben-mit-sht.de. Dort findet sich auch eine virtuelle Selbsthilfegruppe.

19-Jährige aus Extertal kämpft sich nach schwerem Autounfall zurück ins Leben

Ski-Welt geschockt: Italiener stirbt nach Trainingssturz

Schwere Verletzung: Paderborner Ärzte retten jungen Bad Driburger mit einem 3D-Drucker

Zwölfjährige als «Hilfschirurgin»? Prozess um Schädel-OP

Carver, Kunstschnee, Klima: Skiverletzungen ändern sich

Transportschiff stößt auf Elbe gegen Fähre - Elf Verletzte

Skifahrerin im Rollstuhl: Verband sammelt Spenden für Nova

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €