Hans-Werner Heidrich aus Extertal hatte sich aufgegeben: Jetzt bekommt er wieder Luft

Kreis Lippe. Vor einem guten Jahr hätte sich Hans-Werner Heidrich nicht vorstellen können, dass er noch einmal ohne Sauerstoffgerät und ohne fremde Hilfe durch den Lemgoer Klinikflur spazieren würde. Dass er mal nicht mehr als Patient, sondern lediglich für eine Stippvisite zum Pressegespräch mit Chefarzt Dr. Hagen Vorwerk, und Oberärztin Anastasiia Burylova, in die Klinik für Pneumologie kommen würde, wäre weit jenseits seiner Vorstellungskraft gewesen. Und genau deshalb ist er auch bereit, seine Geschichte zu erzählen.

Der gelernte Zimmermann Hans-Werner Heidrich leidet an einem Lungenemphysem, im Volksmund auch Raucherlunge genannt. Ja, geraucht hat er, sagt er, dazu die Belastung mit Staub - und früher mit Asbest - bei der Arbeit. Wie schlimm sich das alles auf seine Lunge auswirken würde, war ihm nicht bewusst. &bdquo;Die Krankheit kam schleichend, ich war kurzatmig. Erst nur bei körperlicher Belastung, dann immer. Ich bekam einfach keine Luft mehr.“

Kranke Lunge bläht sich auf Was dahinter steckt, erklärt Chefarzt Dr. Hagen Vorwerk: &bdquo;Unsere Lunge ist ja aufgebaut wie ein Schwamm. Das Emphysem zerstört die Wände der feinen Lungenbläschen.“ Die fatale Folge: Die Lunge kann die verbrauchte Atemluft nicht mehr richtig abgeben und bläht sich immer mehr auf.

Das heißt, die Lunge macht sich im Körper immer breiter. &bdquo;Dann drückt sie auch auf das Zwerchfell und gesündere Lungenteile, sodass die Atmung einfach nicht mehr wie früher funktioniert.“ Tiefes Ein- und Ausatmen funktioniert nicht mehr, da hilft auch das Sauerstoffgerät, Begleiter für viele Menschen mit Lungenproblemen, nicht mehr. Eine bittere Erfahrung für Hans Werner Heidrich. &bdquo;Wenn Sie bei jedem Atemzug das Gefühl haben, Sie ersticken, das ist furchtbar.“

Die Kraft schwindet, die Muskeln auch. Und zunächst machte ihm kein Arzt Hoffnung, dass das jemals wieder anders sein würde. &bdquo;Er konnte ja gar nichts mehr machen“, erzählt seine Lebensgefährtin Petra Stronski. &bdquo;Ich musste ihm bei vielem helfen, allein anziehen, das ging gar nicht mehr. Und er hat 50 Kilogramm abgenommen, lag im Bett und hatte schon einen Dekubitus“, also wunde Stellen vom Liegen.

Video im Internet zeigt den Weg Aber: &bdquo;Aufgeben ist keine Option“, da ist die resolute Einzelhandelskauffrau, die selbst an Lungenkrebs erkrankt ist, ein bisschen anders gestrickt als ihr Lebensgefährte. &bdquo;Eines Tages habe ich im Internet ein Video gesehen, in dem ein Lungenpatient erzählte, wie ihm das Einsetzen von Ventilen in die Lunge geholfen hat. Dass er jetzt wieder sein Leben leben kann.“ Sie klemmt sich dahinter, und so landet Hans-Werner Heidrich schließlich bei Oberärztin Anastasiia Burylova in der Pulmonologie des Klinikums Lippe.

Seine eigene Lungenfachärztin hatte gesagt, das bringe nichts. Chefarzt Dr. Hagen Vorwerk kann sich das erklären: &bdquo;Die Ventiltherapie ist nicht für jeden Patienten das Richtige. Die Methode gibt es seit 15 Jahren, und es sind in ganz Deutschland erst wenige Patienten damit behandelt worden. Nicht alle haben so eine durchschlagende Wirkung erlebt wie Herr Heidrich. Man muss vorher vernünftig selektieren.“ Wenn beispielsweise die Lunge viel Schleim absondert, wären Ventile nutzlos.

Und erst einmal müssen die Voraussetzungen stimmen: Der Lungenfunktionstest, eine Röntgenaufnahme, ein CT und die Untersuchung, welche Lungenbereiche am schlimmsten betroffen sind, gehören ebenfalls dazu wie eine gewisse Ausdauer - sechs Minuten am Stück sollte der Patient gehen können. Um das zu schaffen, ist eine Reha-Maßnahme vor die Operation geschaltet. Und das Wichtigste: Sollte der Patient rauchen, muss er sofort damit aufhören.

&bdquo;Wir müssen sicher sein, dass der Patient auch mitarbeitet“, betont der Chefarzt. Was bei Hans-Werner Heidrich der Fall war, er durchlief das für jedermann offene Entwöhnungstraining an der Lemgoer Klinik und war dann bereit für die OP.

Eigentlich ein leichter Eingriff, der da im November 2024 stattgefunden hat: &bdquo;Dabei haben wir sechs Ventile durch die Bronchien im oberen linken Lungenlappen eingesetzt“, erläutert Oberärztin Anastasiia Burylova. Die kleinen Ventile sind an Ort und Stelle ausklappbar und so konstruiert, dass sie zwar verbrauchte Atemluft und Flüssigkeit rauslassen, aber das Einströmen verhindern. Sie entlüften quasi die Lunge an dieser Stelle, sodass der Lungenlappen wieder kleiner wird und sich die gesünderen Lungenabschnitte besser ausdehnen können, weil sie mehr Platz haben: Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid verbessert sich.

Viel mehr Lebensqualität &bdquo;Dass das funktioniert hat, habe ich noch auf der Krankenstation beim ersten Gang zur Toilette gemerkt“, erzählt Heidrich. Seither ist in seinem Leben viel geschehen: Er hat begonnen, eine Wohnung zu renovieren - &bdquo;natürlich sehr langsam, in meinem Tempo“ - und die beiden haben im März auch schon mal eine Tour mit dem Wohnmobil nach Rügen unternommen. Sein Sauerstoffgerät kann er jetzt wieder umhertragen, auch wenn kein Marathon drin ist. &bdquo;Ich habe einfach wieder Lebensqualität.“

Für die beiden Ärzte ein tolles Ergebnis. Die Pneumologie am Klinikum Lippe in Lemgo ist auf dem besten Weg, sich als Zentrum für die endoskopische Lungenvolumenreduktion, wie das Verfahren offiziell heißt, zu zertifizieren. &bdquo;Dann werden wir eines von wenigen Zentren in Deutschland sein.“

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