Horn-Bad Meinberg/Billerbeck. Der kurze Leerstand ist schon wieder Geschichte. Seit gut einer Woche leben 35 Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan im ehemaligen Hotel „Zur Linde“ in Billerbeck. Dazu hat die Stadt das Gebäude gemietet. Bis zu 60 Personen sollen dort aufgenommen werden.
Bürgermeister Stefan Rother, Beigeordneter Matthias Engel, Fachbereichsleiter Michael Jacobsmeier und Sozialarbeiter Heinz Blome informierten Montagabend rund 70 Billerbecker, die in den Rathaussaal nach Horn gekommen waren, über die Hintergründe. Wie berichtet, diente das Gebäude bis zum 31. Januar dem Land als Erstaufnahmeeinrichtung. Nun also bringt die Stadt dort Flüchtlinge unter.
Kommentar von Manfred Brinkmeier
Stöhnen auf höchstem Niveau
Die Bilder aus Homs und Aleppo in Syrien sind an Grausamkeit nicht zu überbieten. Die dortigen Menschen haben im Bürgerkrieg alles verloren – bis auf ihr Leben. Dies zu retten, haben sie eine lange, entbehrungsreiche Reise nach Deutschland auf sich genommen.
Kaum hier angekommen, begegnen Nachbarn den Neuankömmlingen mit Skepsis und Besorgnis. Da sie aus einem völlig anderen Kulturkreis kommen, ist das durchaus verständlich und nachvollziehbar. Dieses Fremdsein aber darauf zu reduzieren, dass sie Straftaten begehen, Frauen belästigen und bis in die Nacht feiern könnten, lässt einen sprachlos werden.
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Diese Menschen haben sich in Lebensgefahr befunden. Wir dagegen stöhnen hier auf höchstem Niveau. Gut, dass Stefan Rother und Matthias Engel bei der Versammlung die richtigen Worte gefunden haben. Es ist doch eine tolle Aufgabe und eine große Chance, Kriegsflüchtlingen positive Erfahrungen zu vermitteln. Ellen Siegismund-Kuhlmann ist da ein wunderbares Beispiel.
mbrinkmeier@lz.de
Es werde großer Wert darauf gelegt, nach Möglichkeit Familien – wie jetzt geschehen – aufzunehmen, betonte Engel. Wenn es sich irgendwie organisieren lasse, wolle die Stadt in Billerbeck keine alleinstehenden jungen Männer unterbringen. Der Beigeordnete: „Uns ist wichtig, dass wir diese Hilfesuchenden menschenwürdig betreuen.“ Die Flüchtlinge, die in Billerbeck untergebracht sind beziehungsweise noch kommen, genießen laut Heinz Blome keine Vollversorgung. „Sie müssen sich vielmehr selbst versorgen und strukturieren ihren Tag auch selbst.“
Da es in Billerbeck keine Einkaufsmöglichkeit gebe, sei für die Flüchtlinge ein Pendeldienst nach Horn eingerichtet worden. Aus Sicherheitsgründen hat die Stadt das gesamte ehemalige Hotel „Zur Linde“ gepachtet. Für wie lange, könne er nicht sagen, betonte Engel. Das hänge letztlich von den weiteren Zuweisungen an Flüchtlingen ab.
Derzeit seien im Stadtgebiet 240 untergebracht. „Wie viele es noch werden, können wir nicht sagen, da wir nicht in die Kristallkugel blicken können“, erklärte Bürgermeister Stefan Rother. Auf jeden Fall habe die Stadt schon zehn Mobilheime bestellt, die vermutlich in Horn aufgestellt werden. In Billerbeck werden die Flüchtlinge in zwei Etagen des Bettenhauses untergebracht. In jedem Zimmer gibt es laut Heinz Blome einen Kühlschrank und auf jeder Etage eine Gemeinschaftsküche mit jeweils zwei Herden. Der Sozialarbeiter: „Die Flüchtlinge werden ihre Unterkunft unter Anleitung durch Hausmeister selber pflegen. Einmal im Monat gibt es – wie in den anderen Häusern auch – eine Hausversammlung. Und wir legen auch Wert auf Ruhezeiten. Zudem herrscht Rauchverbot.“
Die Stadt appellierte an die Billerbecker, sich mit einzubringen, um den Flüchtlingen eine schnellstmögliche Integration zu ermöglichen. Im Rahmen der Versammlung meldete sich Ellen Siegismund-Kuhlmann, Tel. (05233) 998122, als Kontaktperson. Sie ruft in Zusammenarbeit mit Heinz Blome zu Spenden auf. Benötigt werden Kinder- und Erwachsenenbekleidung, Spielzeug und Fahrräder. Letztere können aber auch mittwochs von 8 bis 15 Uhr auf dem Gelände des Baubetriebshofes in Horn, Steinheimer Straße 10-12, Tel. (05234) 201-258, abgegeben werden. Eine weitere Abgabemöglichkeit für Fahrräder und Kleidung besteht auch an der Flüchtlingsunterkunft „Am Eichholz 9“ in Bad Meinberg – mittwochs von 10 bis 12.30 Uhr.
Lesen Sie zu diesem Thema auch den Kommentar von Manfred Brinkmeier.