Henker und Hexe sorgen in Horn für Aufsehen

Horn-Bad Meinberg. Ein Scharfrichter, der vor einer Hexe steht, die an einem Pfahl festgebunden ist - was bedrohlich aussieht, war es tatsächlich nicht. Das Foto ist Teil der Ausstellung &bdquo;Hundert Jahre Hornsche Heimatfeste 1924–2024“, die der Heimatverein Horn an zwei Standorten zeigt: in der Rathausgalerie und im Heimatmuseum. Sie vermittelt interessante Einblicke in gesellschaftliche Strömungen.

Um die Ausstellung im Rathaus aufzubauen, trafen sich am Donnerstagnachmittag Mitglieder des Heimatvereins. 60 Bilder und so genannte Roll-ups galt es, aufzuhängen und aufzustellen. Als alles geschafft war, erzählten Anne Oelers-Albertin und Roland Linde vom Vorstand von bewegten Zeiten.

Roland Lindes Lieblingsbild zeigt beim Heimatfest im Jahr 1926 unter dem Motto &bdquo;Auszug der Germanen“ Frauen und Kinder auf einem Wagen, bei dem ein großes Fell ein Hingucker ist. &bdquo;1926 war Startschuss für die Heimatbewegung“, erinnert der Historiker. Die Horner Burg sollte abgerissen und die Hudewälder zum Hüten der Tiere abgeholzt werden. Der Erste Weltkrieg war vorbei, die Menschen hätten sich nach besseren Zeiten gesehnt. Zudem erkannten sie, dass Natur und Denkmäler in Gefahr waren. Das Heimatfest bildete den Auftakt für die Aktivitäten des Heimatvereins zur Rettung der Burg. &bdquo;Da hat halb Horn Kostüme geschneidert und Wagen gestellt“, schildert Linde.

Umzug für NSDAP-Garde Mit der Machtübertragung der Nationalsozialisten 1933 wurde auch in Horn das gesamte gesellschaftliche Leben im Sinne der Partei &bdquo;gleichgeschaltet“, berichtet Linde. Öffentliche Feiern gerieten zu minutiös durchorganisierten Propagandaveranstaltungen. &bdquo;Sie sollten die ,Volksgemeinschaft’ beschwören und dienten der unterschwelligen Vorbereitung des geplanten Weltkriegs.“

Mit der jährlichen &bdquo;Fahrt der Alten Garde“ sollten Parteigenossen geehrt werden, die der NSDAP bereits in deren Anfangszeit angehört hatten. Organisiert wurden die Fahrten durch die Organisation &bdquo;Kraft durch Freude“ (KdF), weiß der Historiker. Im Juni 1939, nur wenige Wochen vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, bereisten 700 Angehörige der Alten Garde den Gau Westfalen-Nord. Durchfahrt und Aufenthalte der Parteiveteranen wurden in allen Orten bis ins kleinste Detail vorbereitet. &bdquo;Die Beteiligung der Bevölkerung wurde dabei massiv eingefordert“, so Roland Linde. Auch in Horn hieß es: &bdquo;Kein Haus darf ohne Fahne sein“ – gemeint war die Hakenkreuzfahne. Dabei fand auch ein großer Umzug statt.

Vergangenes interessierte nicht Im Jahr 1948 wurden 700 Jahre Stadtrechte Horn gefeiert, organisiert von der Stadt. &bdquo;In dieser Situation direkt nach dem Krieg suchte man noch mal im Rückbezug auf scheinbar traditionelle Werte der Heimat Halt und Zuversicht“, resümiert das Vorstandsmitglied. Entsprechend wurde auch der Festumzug gestaltet. Bürgermeister August Hanning erinnerte zwar an die Gefallenen des Krieges, &bdquo;nicht aber an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, die es auch in Horn gegeben hatte“, so der Historiker. &bdquo;Das entsprach dem damals herrschenden Zeitgeist.“ Bei übrigens 35 Grad Celsius habe der Festumzug stattgefunden. Dabei sei auch eine &bdquo;schöne Hexe“ auf dem Scheiterhaufen inszeniert worden.

In den 1950er bis 1970er Jahren war auch in Horn das Interesse an der Vergangenheit gering, im Vordergrund standen nun der wirtschaftliche Aufschwung und die Modernisierung der Infrastruktur. Das Auto dominierte die Stadtplanung. Um den Stadtkern herum florierten Neubaugebiete, die Innenstadt galt nicht mehr als attraktives Wohnumfeld.

Umzug zur 750-Jahr-Feier Erst in den 1980er und 1990er Jahren setzte eine Gegenströmung und die Besinnung auf die Geschichte ein. Zur 750-Jahr-Feier fand 1998 ein großes Festwochenende mit einem Mittelaltermarkt auf dem Burghof und Live-Konzerten auf dem Rathausplatz statt. Ganz anders als früher präsentierten sich beim Umzug Ortsteile, Vereine, Kindergärten und Schulen aus der gesamten Stadt. Einige Gruppen griffen mit Kostümen und Wagen klassische heimatliche Motive auf, wie man sie auch schon früher inszeniert hatte. Ansonsten waren zwischen Alltagskleidung auch fantasievolle Outfits zu sehen. Internationale Fahnen thematisierten den inzwischen fest etablierten deutsch-französischen Schülertausch.

Anlass für die Ausstellung ist das hundertjährige Bestehen des Heimatvereins Horn. Die Idee dazu hatte Herbert Penke, der um das Jahr 1990 Bilder und Postkarten zu den Heimatfesten 1926 bis 1948 zusammengetragen und dokumentiert hatte. Meist dürfte Rudolf Schönlau der Fotograf gewesen sein, vermutet Linde.

Herbert Penke hat dem Heimatverein nun seine Sammlung in drei dicken Ordnern übergeben. Die Fotos von 1998 stammen vom verstorbenen Fotografen Werner Schlanstein. Die zeitgeschichtlichen Hintergründe lieferte Roland Linde, der mit Olaf Biere für die inhaltliche Konzeption verantwortlich zeichnet, Klaus Oppermann und Willi Einhaus für die Roll-ups und die Gestaltung.

Am Donnerstag, 28. August, wird die Ausstellung mit 60 Bildern im Rathaus um 17 Uhr geöffnet. Sie ist dann bis 8. November zu den Öffnungszeiten zu besichtigen. Weitere 40 Bilder mit historischen Hintergründen sind ab 1. September im Burgmuseum ausgestellt und zwar bis zum 10. November.

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