Kabarettist Jürgen Becker unternimmt im Kurtheater Horn-Bad Meinberg eine Zeitreise

Horn-Bad Meinberg (ax). Ob er ein Patent darauf hat? Ein MacBook mit schwarzem Lautstärke-Hebel, als gelte es einen Unimog zu bedienen - Jürgen Becker im rosa T-Shirt mit rosa Schuhen und allein auf der Bühne, unterwegs in Sachen Musik und deutscher Identität. Mit seinem Programm &bdquo;Deine Disco“ begibt sich der Kölner auf einen Seitenarm des Kabaretts. Im Grunde ist es mehr eine musikalische Reise durch die Jahrzehnte, in der DDR und in Deutschland. Und Becker bietet einen Abend zum Mitsingen. Und Bad Meinberg singt. Vieles. Auch &bdquo;Hoch auf dem gelben Wagen“

Dass jedes Jahrzehnt womöglich mit seiner Musik die Gesellschaft, sogar die Politik prägt, davon ist der Rheinländer überzeugt. Ohne Vorwarnung stimmt Becker ein bekanntes Kinderlied an: &bdquo;Wer will guten Kuchen backen, der muss haben sieben Sachen“. Das Kurtheater singt das Stück und ist damit voll drin - &bdquo;Eier und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl, Safran macht den Kuchen gel.“

Es wird ein Abend voller Rückblicke, es geht diesmal nicht um Politiker-Schelte oder den Irrsinn von Trump bis Grönland. Kölsche Klassiker werden eingespielt, die Nationalhymne, die Hymne der DDR, Peter Maffay und seine sieben Brücken - und finstere Momente aus deutschen Hitparaden. Erinnern Sie sich, liebe LZ-Leserinnen und Leser, noch an Klaus & Klaus? Der 3:38 Minuten lange &bdquo;Eiermann“ erschien im Herbst 1988. Die Single avancierte in Deutschland zum Hit, landete in den Top 10. Warum Deutschland? Wollte nicht nur Becker wissen

The Dark Side of the Moon

Immerhin, Becker erinnert sich auch an neuere Musik, die einer ganzen Generation mal die Augen geöffnet hat: &bdquo;The Dark Side of the Moon“ war das achte Studioalbum der britischen Band Pink Floyd. Das Konzeptalbum erschien 1973, zählt mit über 50 Millionen verkauften Einheiten zu den weltweiten Rennern. Becker spielte ein paar Minuten im Kurtheater. Es war deutlich ruhiger bei Pink Floyd als später bei David Hasselhoff und seinem Geniestreich &bdquo;Looking for Freedom“, ein Lied so charmant wie Fußpilz, aber erfolgreich. Was wohl in Bad Meinberg keiner wusste, waren die Beckerschen Anekdoten rund um das eine oder andere Musikstück. &bdquo;Was glauben Sie, was wurde bei einem Besuch Adenauers mal in Chicago gespielt, als Deutschland noch keine Hymne hatte?“, fragte der Rheinländer. Richtig: &bdquo;Heidewitzka, Herr Kapitän“, dereinst von Willy Millowitsch ins Rennen geschickt.

Und sonst? Ging es Becker bei &bdquo;Deine Disco“ um Heino, der sich bekanntlich in jedes deutsche Mittelgebirge geschleimt hat; 1968 mit &bdquo;Heute wollen wir marschier’n, einen neuen Marsch probier’n. In den schönen Westerwald, ja da pfeift der Wind so kalt.“

Links-politisch

Becker ging es links-politisch aber auch um die Internationale. Die Bad Meinberg ebenfalls drauf hatte. Und um James Last. Der 2015 in West Palm Beach, Florida, verstorbene deutsche Bandleader war bekannt geworden, weil er weniger dirigierte, sondern stärker schwankte. Becker ließ Rex Gildo hochleben (&bdquo;Fiesta, Fiesta Mexicana. Heut geb ich zum Abschied für alle ein Fest“) und stellte also eines in jedem Fall nicht in Frage: Ist Musik Trumpf? Klar.

Becker mal zum Hintergrund, warum er sich für &bdquo;Deine Disco“ entschieden habe: &bdquo;Ich schrieb das Programm, um es wie ein Discjockey zu präsentieren. Es geht darum, Emotionen mit der Musik zu verstärken, so wie ich früher Radiosendungen gehört habe. Diesen Spirit wollte ich ins Kabarett holen. Wir müssen uns von der Attitüde verabschieden, gegen die Gesellschaft zu arbeiten. Wir müssen sie viel mehr verteidigen.“ Hossa.

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