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Transplantation

Eine zweite Chance: Horn-Bad Meinbergerin Rita Schlink lebt mit einer fremden Leber weiter

Horn-Bad Meinberg/Fissenknick. Als Rita Schlink zu einer Entfernung des Dickdarms im Jahr 2018 ins Uniklinikum Münster kommt, kann sie nicht ahnen, zu welcher lebensbedrohlichen Situation es kommen wird. Das ist inzwischen sechseinhalb Jahre her, doch es hat ihr Leben auf den Kopf gestellt. Vieles ist nicht mehr, wie es mal war, doch die 61-Jährige hat dank einer fremden Leber überlebt.

Die gebürtige Bielefelderin arbeitete damals noch bei der Deutschen Bank, war als Betriebsrätin freigestellt und Mitglied im Aufsichtsrat. Sie war engagiert und viel unterwegs: „Ich habe meinen Job geliebt und hatte ein tolles Team“, sagt sie. Zuhause in Fissenknick war zusammen mit ihrem Mann das Reiten ihre liebste Freizeitbeschäftigung. Bis zum September 2018.

„Ohne sie hätte ich es nicht geschafft“

Nach der Operation kommt es zu Komplikationen, Rita Schlink wird künstlich ernährt und bekommt starke Medikamente. Das ist Stress für ihre Leber, die ihren lebenswichtigen Funktionen im Stoffwechsel (wie Entgiftung, Blutgerinnung und die Aufnahme von Nährstoffen) nicht mehr nachkommen kann und zu versagen droht. Von September bis April 2019 verbringt sie fast die ganze Zeit im Klinikum in Münster, weitab von Angehörigen und Freunden. Die Familie wechselt sich mit Besuchen ab. „Ohne sie hätte ich es nicht geschafft“, glaubt Rita Schlink.

Dann geht es der um 20 Kilogramm abgemagerten Kranken so schlecht, dass sie von jetzt auf gleich auf Platz 1 der bundesweiten Warteliste für Lebertransplantationen gesetzt wird. Ein Notfall wird ausgerufen und die nächste Spende angefordert. Doch die Ärzte entscheiden, dass diese nicht geeignet ist. Ein Schlag für die sportliche Frau. Doch eineinhalb Tage später ist eine neue Leber verfügbar.

Alles geht gut, doch sie muss außergewöhnlich lange noch auf der Intensivstation bleiben, dann folgen sechs Wochen Reha in Bad Driburg. Der einzigen Klinik in OWL, die Lebertransplantierte behandelt. Erst Anfang 2020 kann sie langsam wieder anfangen zu arbeiten - und dann kommt die Corona-Pandemie. Die Bank ermöglicht der Mitarbeiterin, im Homeoffice zu arbeiten.

Medikamente und Einschränkungen bleiben

Heute geht es Rita Schlink wieder gut. Sie muss für den Rest ihres Lebens Medikamente nehmen, damit ihr Körper die neue Leber nicht abstößt. Ihr Immunsystem ist schwach, weswegen sie sich vor jeder Erkältung hüten muss. Auch sei sie nicht mehr so leistungsfähig, gibt die 61-Jährige zu. Dennoch arbeitet sie wieder im Rahmen eines Minijobs.

Auf Alkohol verzichtet sie ganz, um ihre Leber zu schonen, und aus Sicherheitsgründen auch auf Nahrungsmittel wie rohes Fleisch und Eier, um sich nicht mit Keimen und Bakterien infizieren zu können. „Das ist für mich aber keine große Einschränkung“, sagt sie. Allerdings verzichtet sie sicherheitshalber auf das Reiten und fährt mit ihrem Mann stattdessen Kutsche.

„Jeden Tag mehr genießen“

Ihre Prioritäten haben sich geändert. Was genau? „Jeden Tag mehr miteinander zu genießen“, erklärt Rita Schlink. „Und Dinge, die ich nicht ändern kann, regen mich nicht mehr auf.“ Dankbar ist sie für ihr zweites Leben, das sie jedes Jahr neben dem Geburtstag am 25. April feiert. „Ich habe eine zweite Chance bekommen, weil ein Mensch oder seine Angehörigen Ja zu einer Organspende gesagt haben.“ Sie möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben und engagiert sich deshalb beim Verein Lebertransplantierte Deutschland, der bundesweit Kontaktgruppen hat.

Das Thema Organspenderausweis ist ihr wichtig. „Ich finde, jeder Mensch sollte eine Entscheidung treffen, diese dokumentieren und mit seinen Angehörigen sprechen“, sagt sie. Schön wäre es natürlich, wenn mehr Menschen mit ihren Organen anderen das Leben retten könnten.

Zusammen mit Christina Hülsmann organisiert sie Treffen für die Kontaktgruppe OWL und besucht Gruppen, um über Organspende zu informieren. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 890 Lebern transplantiert, davon 56 nach Lebendspende. Gleichzeitig stieg aber die Zahl der Anmeldungen für eine Lebertransplantation auf 1529 Personen an.

Selbsthilfegruppe

Die im Januar gegründete Kontaktgruppe OWL des Vereins Lebertransplantierte Deutschland trifft sich am Samstag, 14. Juni, um 15 Uhr im Haus des Paritätischen, Bismarkstraße 8 in Detmold. Mitglieder und weitere Interessierte sind dazu sehr willkommen. Durch das Engagement von Rita Schlink sollen die Treffen neben Paderborn und Herford künftig regelmäßig in Detmold stattfinden und so allen eine kurze Anreise ermöglichen. Es ist dann ein lockerer Austausch geplant, bei dem es beispielsweise um Medikamente oder Behandlungen geht. Auch will Rita Schlink Fachreferenten zu verschiedenen Themen einladen.

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