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Wahl zwischen Gut und Böse

DAS INTERVIEW mit Lehrer Hubert Wortmann über Rechtsextremismus und Handlungsoptionen

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Und wie verbinden Sie dies mit dem Holocaust?
Wortmann: Es gab unter den Schützen der Polizeibataillone einige wenige, die sich weigerten, Juden zu erschießen. Die hat man dann einfach beiseite genommen. Passiert ist ihnen deswegen nichts. Außerdem kann man am Holocaust zeigen, was passiert, wenn Menschen die Würde genommen wird. Ich bin schon öfters zur Vertiefung des Unterrichts mit Schülergruppen in die Gedenkstätte Buchenwald gefahren. Wenn der Besuch im Unterricht entsprechend vorbereitet wird, ist dies ein Versuch, um den vielen Opfern nachträglich ihre Würde zurückzugeben.

Was wenn Schüler mit rechtsradikaler Orientierung dabei sind?
Wortmann: Die würde ich von vorneherein nicht mitnehmen. Das wäre keine Therapie. Ihre Anwesenheit hätte nur zur Folge, dass die Opfer noch einmal entwürdigt werden.

Buchenwald ist nur ein Ort der Erinnerung und des Gedenkens. Binden Sie auch Plätze in der näheren Umgebung ein?
Wortmann: Möglich wäre zum Beispiel auch die Dokumentationsstätte Stalag 326 in Stukenbrock. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager, das in den Vernichtungskrieg eingebunden war. Dort sind zehntausende russische Kriegsgefangene elendig gestorben. Andere mussten auch auf den Höfen im Umland arbeiten. Es soll durchaus Bauern gegeben haben, die Menschlichkeit gezeigt haben. Da müsste man mal genauer recherchieren. Auch dieses Beispiel zeigt, dass es Handlungsoptionen gibt. Es geht nicht darum, die Täter zu entlasten. Aber man muss nicht zwangsläufig beim Bösen mitmachen.

Wie lässt sich das auch auf den Alltag übertragen?
Wortmann: Auf jeden Fall. Ich will den Jugendlichen zeigen, dass sie nicht aus Gruppendruck überall mitmachen müssen. Das müsssen nicht unbedingt rechte Gruppen sein. Nehmen Sie beispielsweise eine Schlägerei auf dem Schulhof. Auch da sollen sie reflektieren und nicht einfach mitmachen, weil andere in der Situation zuschlagen.

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