Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Interaktion mit dem Publikum misslingt

Premiere des Figurentheaters Ernestina hinterlässt viele Fragen

Darstellerische Fähigkeiten: Dennoch hinterlässt René Tillmann vom Figurentheater Ernestina einen eher zwiespältigen Eindruck. Selbst für erwachsene Zuschauer ist es zeitweise schwierig, der verworrenen Sinnsuche der Hauptfigur zu folgen. - © Foto: Beckschäfer
Darstellerische Fähigkeiten: Dennoch hinterlässt René Tillmann vom Figurentheater Ernestina einen eher zwiespältigen Eindruck. Selbst für erwachsene Zuschauer ist es zeitweise schwierig, der verworrenen Sinnsuche der Hauptfigur zu folgen. (© Foto: Beckschäfer)

Wunderschöne Figuren, ein überzeugender Rollenspieler - und doch hat die Premiere des Stückes "Der alte Prinz" - aufgeführt von René Tillmann - einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen.

Horn-Bad Meinberg. "Ich, ich bin dieser Prinz!" René Tillmann spricht diese Worte zu Beginn der Aufführung mit dem naiv-trotzigen Ausdruck eines Kindes, das seine Überzeugung gegen die überlegenen Erwachsenen verteidigt.

Doch er verkörpert keinen kleinen Jungen, sondern den erwachsenen Menschen Paul. Für seine Mutter jedoch war er immer dieser kleine Prinz, und als diese plötzlich stirbt, beschließt Paul, in die große weite Welt aufzubrechen.

Sein Traum, ein umjubelter Held im Zirkus zu werden, endet nach Umwegen damit, dass er in einem Theater als Schauspieler verpflichtet wird. Als er dort zum 72. Mal eine Nebenfigur spielt, fällt er völlig aus der Rolle und greift einen Schauspielerkollegen an. Er verliert seinen Job, zieht weiter durch die Welt - und wird am Ende als Puppenspieler sesshaft.

So endete die Geschichte - und hinterließ viele Fragen. Denn die Aneinanderreihung der Geschehnisse blieb meist unverknüpft. Es gab keine Erklärungen für die Motivation des Prinzen zu seinen seltsamen Taten. Das Stück, verfasst von Rainer Hertwig, blieb zudem Spannungsmomente und eine verständliche inhaltliche Aussage schuldig.

Auch die Interaktion mit dem Publikum misslang: Es war wenig verwunderlich, dass ein achtjähriges Mädchen etwa die vom Darsteller an sie gerichtete Frage "Wusstest du, dass ein Elefant ein sensibles Tier ist?", nicht beantworten konnte. Denn eine Antwort hätte vorausgesetzt, dass sie das Wort "sensibel" hätte interpretieren können - von einem Kind dieser Altersgruppe darf dies wohl nicht erwartet werden.

Die Einstufung der Eignung des Stückes für Kinder ab 8 Jahren scheint - wie Tillmann im Gespräch nach der Aufführung selbst eingestand - ohnehin unangemessen, da die Geschichte "nebenbei" von mehreren Todesfällen erzählte und es selbst für erwachsene Zuschauer schwierig war, der verworrenen Sinnsuche der zeitweise depressiv anmutenden Hauptfigur zu folgen. Schade, denn die Figuren (Hand- und Fingerpuppen, Marionetten, Stabpuppen) wirkten optisch liebevoll gestaltet - und auch die darstellerischen Fähigkeiten des René Tillmann sind zweifellos groß.

Bleibt zu hoffen, dass die weiteren Stücke des Figurentheaters Ernestina geeigneter sind, das fraglos vorhandene Potenzial auszuschöpfen und tatsächlich zauberhafte - und nicht nur rätselhafte - Geschichten zu erzählen.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.