Steinmetzbetriebe beobachten den schleichenden Tod des Grabsteins

Kalletal-Westorf. Dass sich unsere Bestattungskultur wandelt, sieht jeder, der über Friedhöfe spaziert. Weniger Gräber, die Urnenbestattungen nehmen zu. Das hat gravierende Folgen für die Steinmetzbetriebe. Marco Ebert (47) hat sich 2001 in Westorf selbstständig gemacht. Heute sagt er: &bdquo;Wir machen nur noch 30 Prozent unseres Umsatzes mit Grabmalen." Eine ganze Branche steht vor dem Umbruch, wenn sich die Entwicklungen fortsetzen. Bestattungen im Friedwald oder als Kolumbarium (Urnen wie in einem Regal angeordnet) nehmen zu, Erdbestattungen mit großen Grabsteinen dagegen ab.

In Deutschland gibt es noch rund 6.000 Steinmetzbetriebe, alle haben zudem Probleme, Nachwuchs zu finden. Ebert kennt die Gründe: &bdquo;Die jungen Leute möchten schwere körperliche Arbeit vermeiden. Einen guten Auszubildenden zu finden ist ein Kunststück, bei Gesellen wird es nicht einfacher."

Eberts Steckenpferd sind zwar die Natursteine, aber er musste bereits vor Jahren Überlegungen treffen, wie die nachlassende Nachfrage nach Grabsteinen aufzufangen wäre. &bdquo;Wir fertigen insbesondere im Winter Küchenarbeitsplatten aus Granit, bauen Außentreppen oder Balkone", kommentiert er den Wandel in seinem Handwerk. &bdquo;Als ich selbst in die Lehre ging, war das Doppelgrab quasi der Standard. Mittlerweile liegen die Urnenbegräbnisse bei 80 Prozent." Ebert definiert seinen &bdquo;Wirtschaftsraum" auf ein Gebiet zwischen Rinteln, Vlotho, Bad Salzuflen und Lemgo.

Den Grund für die Trendwende sieht er weniger bei den Preisen, sondern eher beim Thema Grabpflege. &bdquo;Die Kinder wohnen oft gar nicht in der Nähe, die Pflege der Gräber wird somit zum Problem, bei Kolumbarien müssen die Angehörigen sich um nichts mehr kümmern, weder den Blumenschmuck noch Unkraut zupfen." Angesprochen auf den Werkstoff Stein berichtet der Steinmetzmeister, dass in Zeiten der Globalisierung längst die wenigsten Steine aus hiesigen Steinbrüchen kommen. Ebert: &bdquo;Früher wurden Sandsteine aus Obernkirchen oder rote Wesersteine aus Bodenwerder verarbeitet, mittlerweile kommen mehr als 50 Prozent aller Steine aus Indien. Die werden in Asien gebrochen und nach Italien, Rotterdam oder Hamburg verschifft."

Allenfalls eine Nische seien übrigens Tierbestattungen. In den Medien sei das Thema präsenter als in der Realität. &bdquo;Ich hatte hier in Westorf allenfalls zehn Fälle in zehn Jahren. Alles Hunde", so Ebert. Der nächste Tierfriedhof liege in Herford, auf den Granitplatten sei in der Regel nur der Name (&bdquo;Hier ruht Hasso") zu lesen.

Einmal im Jahr finden bekanntlich Standfestigkeitsprüfungen auf Friedhöfen statt. Wegen der Frostschäden oft vor Ostern, aber, so der Kalletaler Unternehmer, allenfalls zwei Prozent der Grabsteine müssten gerichtet werden. Ein &bdquo;Umsatzbringer" sei es also nicht. Trotz der veränderten Begräbniskultur, der Probleme der Institution Kirche, den Friedwäldern und dem Umstand, dass der Werkstoff Naturstein im Vergleich zu Holz oder Metall kaum eine Lobby habe, sieht Ebert für die Zukunft keine gravierenden Probleme. &bdquo;Die Handwerksbetriebe nehmen grundsätzlich aufgrund des Fachkräftemangels weiter in der Menge ab, wer sich am Markt halten kann, wird auch Aufträge haben", so der Geschäftsführer.

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus