Stemmen unter Schock: Täter nach Axtmord weiter auf der Flucht

Kalletal-Stemmen. Plötzlich ist alles anders. Kein Kindergeschrei schallt mehr über den Hof, nur ein kleines Grüppchen aus Nachbarn sitzt noch auf einer Bank in der Sonne und reflektiert den Schock des Wochenendes: Ermittler, Spurensicherung, ständiger Presseandrang. &bdquo;Normalerweise herrscht hier auf dem Hof das quirlige Leben", sagt ein Rentner. Doch seit Samstag bleibt nichts als bedrückende Stille.

Dass es in ihrem beschaulichen Örtchen Stemmen einmal zu einem blutrünstigen Verbrechen kommen könnte, hätte sich niemand vorstellen können. &bdquo;Er hat doch immer so nett gegrüßt", sagt eine Nachbarin. Doch Elchin A. (36) steht unter dringendem Verdacht, seinen Nebenbuhler (39) mit einer Axt in der Wohnung seiner Ex-Freundin erschlagen zu haben (wir berichteten). Er ist noch immer auf der Flucht – die Ermittler gehen aktuell davon aus, dass er weiter zu Fuß unterwegs ist.

Die Familie sei so unauffällig gewesen, das mache die Geschichte dahinter aus Sicht der Nachbarschaft besonders tragisch. Erst seit Mai hatte die aus der Ukraine geflüchtete Familie im ersten Stock eines alten Landgasthofes an der Weserstraße gewohnt. &bdquo;Vor einigen Wochen hat sie ihn rausgeschmissen, er hat dann oft in seinem Bulli in den Wäldern übernachtet – ohne Strom und ohne Wasser", sagt ein ältere Nachbar.

Zwei kleine Kinder habe die Frau (24) mitgebracht, zusammen mit den anderen beiden ebenfalls aus der Ukraine geflüchteten Familien im Haus wären zuletzt knapp 15 Kinder über den Hof getollt. &bdquo;Die Stimmung war ausgelassen, die Kids haben gerne mit Hunden gespielt", sagt eine direkte Nachbarin. Jeder habe mal mit aufgepasst. Wo die Familien jetzt sind, weiß vor Ort niemand. Im Mehrfamilienhaus herrscht Totenstille, der Flur wirkt kahl und unscheinbar.

Ein tödlicher Schlag mit der Axt Einzig das Polizeisiegel an der hölzernen Haustür im Obergeschoss weist auf das blutrünstige Verbrechen hin. Hier soll Elchin A. seinen Nebenbuhler (39), der sich mit seiner Frau in der Flüchtlingshilfe engagierte, mit einem Schlag auf den Kopf getötet haben. &bdquo;Er war mit großer Wahrscheinlichkeit sofort tot", sagt Oberstaatsanwalt Christopher Imig. Die tödliche Waffe, eine Axt, stellten die Ermittler noch am Tatort sicher.

Inzwischen bestätigt die Detmolder Staatsanwaltschaft auch die Hintergründe zum Motiv, die bereits am Wochenende in den Medien kursierten. Die Ermittler gehen laut Oberstaatsanwalt Christopher Imig davon aus, dass Eifersucht zur Tat geführt haben soll. Der getötete Kalletaler, der nur knapp 1,5 Kilometer weiter mit seiner Frau in Möllenbeck (Rinteln) gewohnt haben soll, hätte mit der Ex-Freundin des Tatverdächtigen vor einiger Zeit ein Verhältnis begonnen. &bdquo;Das konnten wir inzwischen soweit herausarbeiten", sagt der Oberstaatsanwalt. Die Frau sei als wichtigste Zeugin bereits vernommen worden.

Ihr Ex hatte sie und die Kinder nach der Tat gegen ihren Willen ins Auto gesetzt und war geflüchtet. Nur durch eine zufällige Polizeikontrolle sei der Mann aufgeflogen – und dann einfach zu Fuß abgehauen (wir berichteten). Besonders bitter: Das Opfer soll den Tatverdächtigen, seine damalige Freundin (24) und deren zwei Kinder sogar selbst im März aus der Ukraine geholt haben, beschreiben Nachbarn, danach hätte die Familie die ersten zwei Monate sogar in einer Wohnung des 39-Jährigen und seiner Frau gewohnt.

Das Opfer schaute oft vorbei Die geschockte Hinterbliebene hatte den &bdquo;Schaumburger Nachrichten" von ständigem Psychoterror durch den mutmaßlichen Täter berichtet, nachdem erst vor etwa vier Wochen herausgekommen sei, dass sich ihr Mann und die Ex-Freundin des Tatverdächtigen Nachrichten schickten. Ob der Gesuchte, wie es die Hinterbliebene der Zeitung schilderte, wirklich bereits acht Jahre wegen Mordes im Gefängnis gesessen habe, konnte Oberstaatsanwalt Christopher Imig auf Nachfrage nicht bestätigen. &bdquo;Wir gehen dem nach, wissen davon aber nichts", sagt Imig.

Auch den Nachbarn fiel auf, dass der frühere Kfz-Mechaniker (39) aus dem Nachbarörtchen gelegentlich die Stemmer Wohnung aufsuchte. Nicht nur um die Frau zu besuchen, sondern vor allem, um mit anzupacken. &bdquo;Er hat immer seine Hilfe angeboten – gerade als Übersetzer", sagt ein Nachbar. Eigentlich habe er bald den Aufsitzrasenmäher wieder in Gang bringen wollen, sagt der Senior. &bdquo;Daraus wird wohl nichts mehr."

Der Stemmer glaubt dennoch fest daran, dass das Dorf den Schock bald abstreifen wird. &bdquo;Die Betroffenheit ist zwar da, aber es wäre sicher noch was anderes, wären die Beteiligten hier im Ort verwurzelt." Angst davor, dass der Täter zurückkommen könnte, habe hier niemand. Doch genauso wenig scheint die Nachbarschaft an einen schnellen Fahndungserfolg zu glauben.

Schließlich gebe es Tausend Versteckmöglichkeiten in den Kalletaler Weiten, egal, ob leer stehende Scheunen, grenzenlose Felder oder verwachsende Wälder – &bdquo;er könnte überall sein." Derweil läuft die Fahndung nach dem Gesuchten weiter auf Hochtouren. Laut Detmolder Staatsanwaltschaft und Bielefelder Polizei sind schon zahlreiche Hinweise eingegangen, die Ermittler sind jedoch weiterhin auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen.

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