Ohne Familie geht im Bentorfer Krug gar nichts

Kalletal-Bentorf. Der Flipper ist vom Aussterben bedroht. Nicht der Delfin, das Gerät. In deutschen Kneipen suchen Besucher das nostalgische Spielzeug oft vergebens. War der Pionier unter den Automaten in den 70er Jahren in fast jedem Lokal zu finden, ist sein Bestand mittlerweile dramatisch geschrumpft. Etwas besser geht es dem Geldspielautomaten. Was beide eint, ist ihre Heimat: die Kneipe, die Gaststätte, der Gasthof. Gern neben dem Tresen. In Bentorf hat Friedrich Dammler immerhin noch einen Geldspielautomaten an der Wand hängen. Sogar recht neu und beliebt zudem. Die Familie sei alle paar Jahre damit beschäftigt, den Bentorfer Krug &bdquo;neu zu erfinden“. Ans Aufgeben denkt derzeit keiner.

&bdquo;Klar, wenn ich zurückblicke, hat sich viel verändert“, meint der 65-jährige Wirt, der wegen seines Alters langsam aber sicher mal an die Rente denkt. Dammler entspringt der Ursprungsfamilie, die die Gastronomie in dem Kalletaler Ortsteil vor rund 150 Jahren ins Leben gerufen hat. &bdquo;Es war mein Ur-Großvater. Danach haben alle Generationen in ihrer Zeit immer mal wieder angebaut.“ Den Anbau zum Park hin, fünf Zimmer im Obergeschoss, in den 80er Jahren den großen Saal, damals verschwand auch die Backstube, die eine Zeit lang zum Inventar gehörte - bis Dammlers Vater Fritz eine Hand in einer Teigmaschine einbüßte.

Das Schwimmbad ist dicht In den 80er Jahren kamen kurioserweise auch viele Gäste aus Aachen, Düren oder Jülich. Friedrich Dammler erklärt: &bdquo;Das nannte man Altenverschickung. Ein Konzept, das die Kirche auf den Weg gebracht hatte. Daher kam oft ein Pastor mit. Und dann wurden in Lippe Ausflüge unternommen. Oder Kutschfahrten im benachbarten Kalldorf.“

Alles lange her und längst Geschichte. Die Zimmer hat Dammler natürlich weiterhin. Modernisierungswille und Brandschutzvorgaben haben das Gebäude mit seinen vielen Winkeln und Gängen allerdings immer mal wieder verändert. Sogar einen Fahrstuhl hat der Bentorfer Krug vorzuweisen. Das Schwimmbad, im Nachbargebäude am Park mal gebaut, ist allerdings &bdquo;dicht“. Zu teuer und nicht rentabel zu betreiben, sagt Dammler. In der ersten Etage wohnt seit Langem Tante Renate. Die Familie rückt zusammen und sorgt zudem dafür, dass der Bentorfer Krug täglich die Türen öffnet. Denn einen Koch hat Friedrich Dammler nicht mehr: &bdquo;Erstens findet man kaum einen und zweitens lässt sich so eine Stelle in der Woche gar nicht auslasten.“

Treff für Vereine Aber womit lässt sich in der Landgastronomie dann Geld verdienen? &bdquo;Weniger mit Silvesterfeiern oder Hochzeiten. Das ist nicht mehr unser Ding. Bei größeren Feiern allenfalls Kaffee und Kuchen nach einer Beerdigung. Es ist alles eine Frage der Küche und des Personals. Und die Suche ist in der Gastronomie nach der Corona-Pandemie nicht einfacher geworden“, stellt der 65-Jährige fest. Die Familie hilft, klar, aber letztendlich brauchen sie Gäste.

Was weiterhin läuft, sind kleine Vereine oder Stammtische, die regelmäßig vorbeikommen. Dammler: &bdquo;Ob Sie es glauben oder nicht, aber montags wird hier Skat gespielt, mittwochs geknobelt, mal kommen die Jäger, mal CDU oder SPD, mal ein paar Fußballer nach dem Training oder sonntags nach dem Spiel.“ Der Wirt öffnet den Krug mittags für ein paar Stunden, am Wochenende auch durchgehend. Was abgenommen habe, seien die klassischen Versammlungen großer Vereine. Der Gesangsverein in Bentorf sei nicht mehr, die Feuerwehr habe ihr eigenes Gebäude, der Zieglerverein im Ort sei ebenfalls längst Geschichte - immerhin gebe es 500 Meter weiter in Harkemissen noch eine.

Zimmer für Monteure Letztendlich funktioniert so ein Gasthof auf dem Land nur, wenn es regelmäßige Einkünfte gibt. Vor Jahren hatte Friedrich Dammler daher auch Flüchtlinge aufgenommen und so einen Teil seiner Zimmer ausgelastet. Das ist schon wieder Vergangenheit, aber jetzt kommt er ganz gut mit Monteuren über die Runden. &bdquo;Neulich war einer da, der in Augustdorf Panzer repariert. Das nächste Mal hat einer im Gewerbegebiet Echternhagen zu tun. Gut ist immer, wenn die Monteure gleich eine ganze Woche bleiben“, kommentiert der Bayern-München-Fan, der den roten Aufkleber direkt an der Wand hinter dem Zapfhahn kleben hat; daneben hängt natürlich ein blau-gelber Schal der Bentorfer Husaren.

Letztendlich, so der Wirt, müsse er immer einen Blick auf die Kosten werfen. Ein Grund, warum er neulich eine Photovoltaikanlage auf das Dach hat bauen lassen. Nach zehn Jahren will er die Investition wieder drin haben. Was die Zukunft bringt, könne natürlich auch er nicht sagen. Der Ort habe sich verändert, früher gingen die Menschen öfter mal in die Kneipe. Das sei der große Unterschied. Dammler will aber nicht jammern. Einen Grund hätte er ja: die Talfahrt &bdquo;seines“ FC Bayern München. So ungewohnt und neu wie der digitale Geldspielautomat an der Wand.

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