Margeriten, Klee & Co.: Warum ein Kalletaler Landwirt Unkraut anbaut und sich das lohnt

Kalletal. Wenn die Natur durch Eingriffe, beispielsweise Bauprojekte, beeinträchtig wurde, muss der Verursacher für Ausgleich sorgen. Oft werden dann neue Bäume gepflanzt oder Wildblumenwiesen gesät. Die Samen für Letztere müssen aus der Region stammen. Und genau diese baut Werner Klemme seit Neustem an. Der Kalletaler ist laut eigenen Angaben der einzige in Lippe der Wildkräuter vermehrt. Für ihn sei es ein spannendes Projekt, bei dem er noch viel lerne, denn früher habe er genau diese Gräser und Blumen als Unkraut gesehen und vernichtet.

&bdquo;Es sieht ganz schön wild aus. Ich muss mich immer wieder an den Anblick gewöhnen“, sagt der Landwirt an einem seiner Felder. &bdquo;Wir wurden immer darauf getrimmt, solche Kräuter nicht zu haben, und jetzt vermehre ich sie. Meine Kollegen schütteln schon den Kopf, wenn sie das sehen.“ Neben ihm wachsen unter anderem Hopfenklee, Wiesenklee, Platterbse, Kamille, Margerite, Pimpinelle und das gemeine Ferkelkraut. Die Blüten der Kuckuckslichtnelke leuchten derzeit in sattem Lila. Circa 20 verschiedene Arten Wildkräuter habe Klemme auf 25 Hektar angebaut. Darunter auch Gräser wie das Rispen- und Straußengras oder Regenbogen-Schwingel.

Spezielle Maschinen &bdquo;Von zehn Kulturen geht eine schief, aber das ist nun mal so. Totalausfälle gibt es immer“, sagt der Kalletaler ruhig. Immerhin handele es sich um Vertragsanbau, die Ausfälle seien eingepreist. Klemme geht es nur um teils winzig kleine Samen. Diese sortenrein zu ernten sei eine &bdquo;extreme Sisyphusarbeit“ und benötige spezielle Maschinen. &bdquo;Ich habe mir extra einen 30 Jahre alten Mähdrescher gekauft und musste ihn komplett umbauen. Ich habe den ganzen Winter daran gesessen“, berichtet der Landwirt. Eine weitere Maschine, die in China im Reisanbau eingesetzt werde, wolle er noch besorgen. Auch für das Säen habe er eine spezielle Maschine, die besonders flach aussät.

Aber nicht nur Maschinen seien gefragt. &bdquo;Die Ernte ist sehr aufwendig, es steckt auch viel Handarbeit drin.“ Er will das Feld auch mit einem Sauger abgehen, um alle Samen zu bekommen. &bdquo;Das lohnt sich tatsächlich“, sagt Klemme und zeigt auf seinem Handy den Kilopreis für ein bestimmtes Hornkraut, das offenbar zufällig auf seinem Feld gewachsen ist. &bdquo;Das muss bei den Samen dabei gewesen sein. Es wäre eine Überraschungsernte. Das muss ich im Labor überprüfen lassen“, sagt der Kalletaler.

Untersuchung im Labor Denn nicht jedes Kraut ist ein Wildkraut, gezüchtete Formen sind nicht erwünscht und bringen kein Geld. So seien die Samen für Klemme extra in Naturschutzgebieten in Lippe und Schaumburg gesammelt worden - von Biologen mit Genehmigung, die die Pflanzen mit ihrer Expertise genau bestimmen können. &bdquo;Die Samen werden dann gärtnerisch großgezogen, kommen dann in ein Gewächshaus und schließlich landen die neuen Samen bei mir“, erklärt der Landwirt das Prozedere. Viele der kleinen Kugeln könnten darüber hinaus erst im zweiten Jahr geerntet werden. Bis zu der fertigen Wildsaatmischung ist es also ein weiter Weg.

Und in diesen ist der Kalletaler eher zufällig reingerutscht, wie er erzählt: &bdquo;Ich bin durch den Blaumohn-Anbau darauf gekommen. Wir hatten Klatschmohn mit dabei und ich habe die Samen einem Kollegen zum Reinigen und für den Weiterverkauf gegeben. Ich dachte, das sei kaum etwas wert, aber am Ende bekamen wir beide noch Geld raus.“ So war die Idee geboren: &bdquo;Ich dachte, Unkraut vermehren, das kann ich“, sagt Klemme und lacht. Etwa von Mitte Juni bis September wird die Ernte dauern. Immer den richtigen Zeitpunkt für jede Pflanze zu erwischen werde nicht einfach. Bis dahin können sich die zahlreichen Hummeln und Bienen noch an den Blüten erfreuen.

Dem Backsaaten-Anbau wie Mohn und Chia sowie dem Arzneifenchel für Babynahrung will der Landwirt aber auch treu bleiben. Er habe sich seine Nische gesucht und gefunden.

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