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Trendbeobachter Mathias Haas über neue Manager, Lady Gaga und Legosteine

"Der Angsthase ist ein Killer"

Erol Kamisli

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Hat die künftige Entwicklungen fest im Visier: Mathias Haas ist der erste Referent der diesjährigen Erlebnis-Weiterbildung in Detmold. - © Privat
Hat die künftige Entwicklungen fest im Visier: Mathias Haas ist der erste Referent der diesjährigen Erlebnis-Weiterbildung in Detmold. (© Privat)

Kreis Lippe. Wie stellt man sich jemanden vor, dessen Beruf Trends sind? Klar: Mit dunkler Hornbrille, modischer Kleidung. Mit Sicherheit hantiert er selbstbewusst mit einem Smartphone. Genau so einer ist Mathias Haas, der für sich in Anspruch nimmt, Deutschlands einziger Trendbeobachter zu sein.

Klingt nach einem Traumberuf: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Tendenzen aufspüren, ihnen nachgehen und viel und oft darüber reden. Gewagtes äußern. Doch provozieren möchte Haas nicht. Lieber kommunizieren - am liebsten über Megatrends.

Herr Haas, was genau macht ein Trendbeobachter?

Haas: Mein Team und ich untersuchen alles, was da draußen behauptet wird. Wir fertigen keine Studien an, sondern prüfen Studie gegen Studie, Marktforschung gegen Trendforschung. Vieles widerspricht sich. Mein Job ist es zu sagen: Was verdichtet sich jetzt, was nicht? Wie lang die Röcke im nächsten Sommer werden oder ob rosa die neue Trendfarbe ist, ist uns egal - mir geht es um die großen Themen.

Die da wären?
Haas: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demografischer Wandel oder die Industrie 4.0 - diese Themen oder Megatrends werden uns noch eine einige Zeit beschäftigen und treffen jede Organisation, jede Person.

Können Sie mal einen Megatrend nennen?

Haas: Der 3D-Drucker ist einer. Damit lässt sich alles reproduzieren, wenn man die Dateien hat. Ein langfristiger Trend könnte sein, dass jeder seinen Drucker im Keller stehen hat und sich alles selbst baut. Schon jetzt werden mit 3D-Druckern Gitarren gebaut, irgendwann vielleicht ein Klavier.

Beschäftigen sich Unternehmen ausreichend mit Trends?

Haas: Sie machen es ohne System oder dann, wenn der Baum brennt. Führungskräfte dürfen sich nicht nur mit ihren 800 Mails beschäftigen, sondern auch mit neuen Verhaltensweisen und Möglichkeiten. Und „normale“ Mitarbeiter sollten bei diesem Prozess mitmachen.

Haben Sie ein Beispiel?
Haas: Ein Stahlhändler aus dem Ruhrgebiet spielt mit Start-Up-Unternehmen die Zerstörung des eigenen Geschäftsmodells durch, da inzwischen die Online-Versandhändler „Amazon“ und „Alibaba“ Stahl verkaufen. Dieses Management möchte der Zeit voraus sein und alle denkbaren Lösungen selbst anwenden. Großartig.

Sie gelten als Deutschlands frechster Trendbeobachter, als Lady Gaga der Branche....
Haas: Fast jeder ist heute Teil der Social Media Community, xingt, twittert oder liked dies und das. Deshalb gibt es einen kommunikativen Wettbewerb um die schrillsten Botschaften. Deswegen ist der Vergleich mit Lady Gaga völlig richtig. Die wäre doch ohne ihre Verrücktheiten nur halb so erfolgreich.

Auch von Tieren lassen Sie sich begleiten. Was hat es damit auf sich?
Haas: Meine Leitfigur ist der Hase. Es gibt zwei Arten - den Angsthasen und den Heldenhasen. Der Angsthase hat die Ohren angelegt, der Heldenhase nicht. Der Heldenhase nimmt sich Zeit zum Nachdenken und ist entspannt. Er sieht die Entwicklung kommen, hat den Vorsprung und konzentriert die Energie im richtigen Moment.

Aber Hasenfüße leben länger, heißt es doch...
Haas: Angsthasen in Chefetagen - mit ihrem Hofstaat aus Untergebenen - haben ausgedient. Wer im System der Angsthasen Fehler macht, wird abgestraft. Durch kleinere Dienstwagen oder Abmahnungsterror sendet der Angsthase Angst nach unten. Ein Killer!

Also fordern Sie: Mehr Heldenhasen ins Büro!
Haas: Wer Regeln hinterfragt, sich selbst als Teil und nicht als Leittier eines Prozesses verstanden wissen will, schenkt sich und anderen Freiheit. Angsthasen werden nicht zu den Helden, die in einer modernen und selbstbestimmten Veränderungskultur den Wandel voranbringen. Heldenhasen agieren als Spielleiter und Wandlungshelfer, die partnerschaftlich führen und ihre Mitarbeiter in ihrer Kompetenz abholen. Meine Beratungserfahrung: Gerade bei Führungskräften steigt seit Jahren die Akzeptanz und der Mut, spielend mit Regeln zu brechen. Wir gehen soweit, dass wir mit Führungskräften Lego spielen. Das nennt sich „Lego Serious Play“, da werden spielerisch Teamprozesse angestoßen.

Aber läuft man so nicht Gefahr, in jedes Fettnäpfchen zu tappen?

Haas: Kein Problem. Wie erfrischend es sein kann, statt am Pranger zu stehen, Fehler zu diskutieren, erlebe ich häufig. Ein offensiver und ehrlicher Umgang mit Fehlern ermöglicht es anderen, davon zu lernen und potenzielle Risiken zu erkennen. Also wie wäre es, wenn der Chef beim Teamgespräch einen Fehler öffentlich lobt? Weil die vermeintliche Fehlleistung meist nicht nur die Schwachstelle einer Person, sondern oft den Knackpunkt im System, in der Kommunikation oder in den Strukturen offenbart.

Auf was dürfen sich die Besucher am 5. Mai in Detmold freuen?

Haas: Ich gebe den Besuchern ein Megatrend-Update. Es wird ein provokanter, interessanter und humorvoller Abend, der zu neuen Gedanken und Ideen anregt. Ganz ehrlich: Mein Ziel ist es, dass Ihre Gäste nachts nicht schlafen – denn die Zukunft ist viel zu spannend dafür!

Matthias Haas
Mathias Haas (42) ist Bankkaufmann und Betriebswirt und beschäftigt sich seit acht Jahren als Trendbeobachter, Redner und Moderator mit den Veränderungsprozessen in Wirtschaft und Gesellschaft. Inzwischen besteht sein Team aus vier Personen. "Wir haben uns im Markt der Zukunftsforscher als Pragmatiker etabliert", sagt Haas, der am Dienstag, 5. Mai, im Detmolder Hangar 21 auftritt. Der Stuttgarter spricht über "Trendbeobachtung - erfahren, was wichtig ist." Nach seinem Vortrag dürfen sich Besucher auf einen Denkflügel-Live-Act mit Axel Plöger und Volkwin Müller freuen. Tickets kosten 49,90 Euro; im Fünferpack 39,90 Euro je Ticket.

Zukunftsperspektiven
Trendforscher Mathias Haas eröffnet die Vortragsreihe "Zukunftsperspektiven 2015" am Dienstag, 5. Mai. Weitere Referenten werden zu Gast sein.

Professor Dr. Lothar Seiwert macht am 2. Juni Zeitmanagement und Lebensgestaltung zum Thema. Wie mit simplen Ideen Erfolg zu erzielen ist, verrät Jiri Scherer am 15. September. Bereits um 16.30 Uhr bietet er unter dem Motto "Neu denken" eine Veranstaltung für Schüler, Azubis und Studenten an. Dr. Carl Naughton macht am 20. Oktober Lust auf Veränderungen, Isabel Garcia spricht am 10. November über "Kommunikation im Wandel". Einlass ist dienstags um 18.30 Uhr, die Vorträge beginnen um 19 Uhr. Im Anschluss gibt es Live-Acts der Akademie Denkflügel: Monika Glienke-Rißmann (2. Juni), Dr. Wolfgang Gerent (15. September), Dr. Eberhard Niggemann (20. Oktober) und Tanja Bastian (10. November).

Alle Informationen und ein Bestellformular gibt es unter www.lz.de/zukunftsperspektiven

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