Kreis Lippe. Neugier macht erfolgreich, betont Dr. Carl Naughton. Unternehmen könnten gezielt die Eigenschaft bei den Mitarbeitern fördern – ein Gewinn für alle Beteiligten.
Herr Dr. Naughton, Sie schreiben, dass die Menschheit ohne Neugierde nicht überlebt hätte...
Dr. Carl Naughton: In einer Zeit von 1,8 Mio bis 300.000 Jahren vor unserer Zeit gabs viele Innovationen. Menschen haben das Feuer beherrscht und Speere entwickelt, Essen haltbar gemacht. Sie haben Vorhandenes hinterfragt und Neues geschaffen – und legten damit den Grundstein für innovatives Denken.
Neugier gleich Innovation – gilt dieses Prinzip immer?
Dr. Naughton: Menschen beurteilen eine Situation nach zwei Kriterien, die Neuheit und die Bewältigung. Wenn etwas neu, komplex, neuartig oder irritierend ist, macht es neugierig. Und dann kommt es auf die Antwort auf die zweite Frage an: Kann ich das bewältigen oder ist mir das eine Nummer zu groß? – also die Einschätzung, ob wir einer Sache gewachsen sind.
Wie können Firmen ihre Mitarbeiter motivieren, Dingen auf den Grund zu gehen?
Dr. Naughton: Freilich hängt es vom Individuum ab, wie es eine Situation bewertet. Aber eine blaue Banane findet jeder interessant.
Eine blaue Banane?
Dr. Naughton: Ja. Das war eine Neugier-Intervention. Eine Firma hat Sticker mit einer blauen Banane im Büro auftauchen lassen. Einmal kam sie auf Papier aus dem Drucker, einmal tauchte sie auf der Toilettentür auf. Die Banane sagte freche Dinge und machte die Mitarbeiter neugierig. Fast alle Mitarbeiter kamen zu dem Meeting über die blaue Banane. Das Ziel dabei war, Neugierde in der Unternehmenskultur zu etablieren.
Warum sind neugierige Mitarbeiter wichtig?
Dr. Naughton: Dafür gibt es drei Gründe. Wir leben in einer Welt, in der das Lernen alltäglich und unumgänglich ist. Zweitens: Neugierige Mitarbeiter gehen besser mit Veränderungen um, sind belastbarer; denn sie sehen Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance. Drittens: Wer neugierig ist, verlässt angestammte Prozesse, sucht neue Lösungen. Das macht Unternehmen wettbewerbsfähiger.
Wenn ein Mitarbeiter ständig alles hinterfragt, kann das für den Chef ziemlich anstrengend sein...
Dr. Naughton: Da greift der Titel „Neugiermanagement“ Es ist auch eine Frage des Führungsstils. Führungskräfte müssen statt den Weg vorzugeben, Fragen stellen.
Hätten Sie ein Beispiel?
Dr. Naughton: Oft, nehmen Führungskräfte Lösungen hin und interessieren sich weniger für den Lösungsweg. In Befragungen zeigt sich, dass Führungskräfte, die nachfragen „Und wie seid ihr darauf gekommen?“ zuerst ungläubige Blicke ernten – so nach dem Motto: „Das interessiert?“ Dann aber berichten die Teams von ihren Qualen auf dem Lösungsweg. Sie fühlen durchs Interesse eine Wertschätzung. Und der Vorgesetzte lernt viel über die Team-Dynamik. Ein doppelter Gewinn.
In einem Beitrag schreiben Sie, dass Firmen von der Porno-Industrie viel lernen können...
Dr. Naughton: Das stimmt. Die Erotikbranche war die erste mit einem funktionierenden Onlinehandel. Sie haben sich zudem nicht im Wettbewerb zerfleischt: Sie verlinkten sich gegenseitig und alle profitierten – eine Mischung aus Kooperation und Kompetition – ich arbeite mit meinem Wettbewerber zusammen, und so wird der Kuchen für alle größer.
Ist das so...
Dr. Naughton: Ja. Und die Branche lernt aus dem Feedback der Kunden. Pornowebseiten waren die ersten, die auf Tablets konsumiert werden konnten. Neugierde heißt, sich vorzuwagen, auch wenn man etwas nicht kennt. Der betriebswirtschaftliche Erfolg gibt der Industrie recht. Deshalb: Schau was die Porno-Industrie macht, dann weißt du, wie der Laden läuft.
Worauf dürfen sich Zuschauer in Detmold freuen?
Dr. Naughton: Darauf, dass es nicht nur um die Perspektive des Unternehmens geht. Es steht auch die Entwicklung der persönlichen Neugier auf dem Programm: Wie kann ich mein Feuer erhalten? Meine Vorträge sind sehr interaktiv. Ich mache einige Versuche, die deutlich machen, wo die Schranken im Kopf sind und wie wir sie öffnen.
Persönlich:
Der 45-jährige Wissenschaftler ist in England geboren. Dr. Carl Naughton unterstützt seit 2010 mit dem Unternehmen „Braincheck“ Firmen bei Kommunikations- und Innovationsprozessen.Am 20. Oktober spricht er im Detmolder Hangar 21 bei der Weiterbildungsveranstaltung über „Neugier managen“. Den Denkflügel-Live-Act präsentiert Dr. Eberhard Niggemann von der Weidmüller Akademie. Tickets kosten 49,90 Euro; im Fünferpack 39,90 Euro je Ticket.
Infos und Buchungen: www.lz.de/zukunftsperspektiven