Kreis Lippe. Auf seiner ersten Fahrt ins neue Büro hoch in die fünfte Etage des Kreishauses war Friedel Heuwinkel ein einsamer Mann. "Niemand traute sich, zu dem neuen Chef in den Lift zu steigen", erinnert er sich und lacht. "Ich fuhr alleine hoch, fünf, sechs andere warteten lieber." Das ist 16 Jahre her.
Ein einsamer Mann im Kreishaus war Heuwinkel allerdings nicht lange. "Wer von mir etwas wollte, brauchte nur zu klopfen. Und das wurde reichlich genutzt." So habe es sich schnell ergeben, dass die Mitarbeiter sich zum Chef in den Fahrstuhl trauten. Ein Schild an die Tür zu hängen "Bitte nicht stören", wie es einer seiner Vorgänger gemacht hatte, ist ihm jedenfalls nie in den Sinn gekommen.
Kurzer Rückblick: Heuwinkel war gerade seit zwei Jahren hauptamtlicher Bürgermeister in Schlangen, als er ins Kreishaus wechseln durfte - als Sieger der Stichwahl um den Posten des ersten hauptamtlichen lippischen Landrates. SPD-Mann Dr. Helmut Kauther, bis dahin Oberkreisdirektor, hatte gegen ihn verloren. Anders als vor drei Wochen, hatte Heuwinkel damals seinen Erfolg des ersten Wahlganges wiederholen können.
Heute, 22 Uhr, gibt der CDU-Mann die Schlüssel zum Landratsbüro ab. Morgen zieht Dr. Axel Lehmann ein, der Sozialdemokrat wird das bereits ziemlich leer geräumte Büro mit der Zeit zu seinem machen. Dabei hatte Friedel Heuwinkel nach dem nun anstehenden Urlaub eigentlich noch einmal "in die Vollen" gehen wollen. Der Schlänger verhehlt nicht, dass er gern erneut gewählt worden wäre, dass er nicht mit seiner Abwahl gerechnet hatte. Doch seine 8000 Stimmen Vorsprung auf Lehmann in der Stichwahl hatten nicht gereicht. Durchaus frustriert erinnert er an die geringe Wahlbeteiligung, die Gleichgültigkeit der Leute sei auf seine Kosten gegangen. "Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, es nicht schaffen zu können." Ja klar, er sei traurig, aber so sei Demokratie.
Friedel Heuwinkel steckt sofort voll in den Themen dieser 16 Jahre. Er weiß auf jedes Stichwort ausführlich zu antworten. Die Schließung des Krankenhauses Schötmar ("Die Diskussion ging schon an die Nerven, der Schritt war aber absolut richtig"), die Nationalpark-Debatte ("Den hätte ich gern in Lippe ausgewiesen"), die Neuordnung der Abfallwirtschaft ("Erste gelungene Partnerschaft des Kreises mit einem Privatbetrieb"), die Eröffnung der Familienklinik ("Eine junge Mutter nach der ersten Geburt dort besuchen zu dürfen, war einer der schönsten Termine") - Heuwinkel hat alles parat.
"Ich habe jeden Tag bewusst gelebt"
Er schaut auch nach vorn, spricht übers Entwicklungskonzept 2025 oder die Flüchtlingsfrage - und in jedem Satz wird deutlich, dass er gerne weitergemacht hätte. Hände und Arme arbeiten, die Augen leuchten. Und: Der 65-Jährige wirkt absolut fit. "Ich habe ohnehin nie das Gefühl gehabt, ausgepowert zu sein." Ein wenig Skifahren, ab und zu etwas Ausdauersport, gelegentliche Aushilfe auf dem Hof des Bruders - das hat ihm gereicht, um gesund und munter zu bleiben, die oft mehr als zwölf Stunden umfassenden Arbeitstage zu schaffen. "Dazu gehörte, dass ich mich jeden Abend in mein kleines Büro zu Hause gesetzt und mit den Akten des kommenden Tages vertraut gemacht habe. Ich habe jeden Tag bewusst gelebt." Nun sei er sicher, "ein geordnetes Haus" zu übergeben.
Wie es für ihn weitergeht? Das werde sich zeigen. Überlegungen gebe es, auch Angebote zur Mitarbeit. "Das prüfe ich." Die Arbeit im Garten, mehr Besuche auf dem Sportplatz - schöne Termine, aber keine wahren Alternativen für Heuwinkel. "Wir beiden werden uns wieder über den Weg laufen", verspricht er der LZ - dieselben Worte hatte er vor 18 Jahren gegenüber Landrat Hans Pohl benutzt, als dieser ihn nach der Wahl zum Bürgermeister aus dem Kreistag Richtung Schlangen verabschiedet hatte. Zwei Jahre später war er tatsächlich wieder da, für 16 Jahre.