New Ulm. Lederhose, Hut mit Gamsbart und rot-weißes Trachtenhemd – Georg Glotzbach (85) erwartet gerade eine Besuchergruppe, der er eines der besonderen Monumente in den USA zeigen und erklären wird: Das Hermannsdenkmal. Es steht in New Ulm im Bundesstaat Minnesota, 7.053 Kilometer von Detmold und der Grotenburg entfernt.
Der US-Hermann, mit rund 30 Metern Gesamthöhe kleiner als sein lippischer Bruder (53 Meter), wurde 1897 eingeweiht. Statt Richtung Rhein, über den die Römer nach Germanien kamen, blickt „Hermann the German", wie ihn die New Ulmer nennen, über das langgestreckte Tal des Minnesota River, in dem die Stadt liegt. Von dort über die Silos der Schell-Brauerei – einer der letzten großen US-Privatbrauereien – und dann auf die fast tischebene Prärie.
„Wir haben hier auf dem Denkmal jährlich etwa 12.000 Besucher, 40.000 Menschen kommen in den umliegenden Park", erklärt Gästeführer Glotzbach auf Deutsch. Der 85-Jährige gehört zur Hermann Monument Society. Der Verein kümmert sich um den Erhalt des Denkmals. Der Aufstieg kostet 2,50 Dollar.
Der New Ulmer Hermann
Die Idee für das Hermann-Monument in New Ulm geht auf das lippische Hermannsdenkmal zurück. Die „Sons of Herman", eine inzwischen nicht mehr existente Gruppe deutscher Einwanderer, finanzierte den Bau. Er wurde 1897 abgeschlossen. Das Monument verweist nicht nur auf die deutsche Geschichte, auf die die Immigranten stolz waren, es sollte auch auf den Beitrag verweisen, den die Bürger mit deutschen Wurzeln bei der Erschließung der USA spielten. Den Standort des Denkmals in New Ulm wählten die „Sons of Hermann" offensichtlich wegen der hohen Zahl deutschstämmiger Einwohner. Noch heute sind es mehr als 60 Prozent der rund 13.000 Bewohner. Mehr unter: www.hermannmonument.com.„2009 war ich zur 2000 Jahr-Feier der Varusschlacht in Detmold", berichtet der Pensionär und zeigt auf den Detmolder Hermann-Sticker. Im Untergeschoss des Hermanns gibt es eine Ausstellung, die über die Geschichte – die Varusschlacht, den Detmolder Hermann aber auch über den Bau des Monuments in Minnesota – informiert.
New Ulm, 1854 von deutschen Auswanderern gegründet, gilt als eine der deutschesten Städte der USA. Ein Erbe, das an vielen Stellen im Stadtbild aber auch im Veranstaltungskalender zu spüren ist: Von der Post im Renaissance-Stil über das Glockenspiel, die historische Turnhalle von 1856 bis hin zu den Fachwerk-Applikationen am Best-Western-Hotel am Ortseingang. Dort findet auch das Oktoberfest statt, das als das „fünftbeste in den USA" gilt. Fasching im Frühjahr, ein Bockbier-Fest sowie das Hermann-Fest und schließlich der Weihnachtsmarkt gehören zu den Ereignissen, mit denen die Einwohner von New Ulm Bezug auf Deutschland nehmen.
Im „Guten Tag Haus" gibt es Geschenke. Und Domeier ist seit 1934 ein Geschäft mit deutschen Waren, in dem vom bömischen Glas über Grußkarten, Musik oder Süßigkeiten Artikel aus Deutschland und Europa angeboten werden. "Herman the German" übernimmt dabei mittlerweile die Funktion eines Werbebotschafters. Etwa im Internet unter dem Slogan „Germans have more fun" (Deutsche haben mehr Spaß).
Trump ist der Hoffnungsträger
Minnesota ist an Hillary Clinton gegangen. Sie hat sich hier knapp gegen Donald Trump im Rennen um die Wahlmännerstimmen durchsetzen können. Aber das ländliche Minnesota außerhalb von Metropolen wie Minneapolis ist republikanisch. Und so hat Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in New Ulm klar vorn gelegen.
Der Wahlkampf hat im öffentlichen Straßenbild jedoch keine große Rolle gespielt. Nur sporadisch haben entlang des Highways Richtung New Ulm Einwohner gezeigt, für wen sie votieren. In der Stadt selbst waren Wahlplakte ebenfalls eine absolute Seltenheit.
Bob Schlumberger und sein Nachbar waren die Einzigen an der Hauptstraße, die – wie in den USA üblich – die Namen ihrer Kandidaten im Vorgarten aufgestellt haben. Ein großes Schild für Jim Hagedorn von den Republikanern, der für den Kongress kandidiert hat und ein weiteres für Donald Trump und seinen Vize Mike Pence. Schlumberger hält von Hillary Clinton rein gar nichts.
New Ulm ist in gewisserweise repräsentativ für das ländliche Amerika. Tatsächlich, das wird nicht nur in diesem Gespräch klar, fühlen sich viele Wähler im Mittleren Westen nicht von den US-Demokraten vertreten. Sie setzen eher auf Unabhängigkeit und erwarten, dass sich Washington so weit wie möglich aus ihren Belangen heraushält und sie nicht gängelt. Das beginnt für sie bei Themen wie dem Waffenrecht und endet bei der von Obama eingeführten Krankenversicherung, die viele – auch aufgrund der Erfahrungen im Nachbarland Kanada – für „nicht bezahlbar" halten.