Verurteilt: Flüchtlingshelfer verhindert Abschiebung

Kreis Lippe. Er hat eine Abschiebung verhindert. Wegen &bdquo;Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" hat das Amtsgericht am Donnerstag einen Mitarbeiter der Flüchtlingshilfe Lippe verurteilt. Allerdings sieht Richter Weber nicht wie Staatsanwalt Kristoffer Mergelmeyer einen tätlichen Angriff, und so bleibt es bei einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen á 40 Euro.

Der Angeklagte, der sich vor Gericht selbst nicht zur Sache äußerte, soll Mitte Januar im Detmolder Bürgerbüro die Polizei daran gehindert haben, einen abgelehnten Asylbewerber aus Ghana in Abschiebehaft zu nehmen. Er hatte gemeinsam mit seinem Schützling das Detmolder Bürgerbüro betreten, als von hinten die Polizei kam.

Die Beamten waren von einem Mitarbeiter der Ausländerbehörde der Stadt Detmold gerufen worden, um den Haftbefehl gegen den Ghanaer zu vollstrecken und betraten just das Bürgerbüro, als der Angeklagte mit dem Afrikaner auf den Ausgang zusteuerte. &bdquo;Die hatten den Braten gerochen", sagte einer der beiden Polizeibeamten vor Gericht. &bdquo;Kaum hat der Angeklagte uns gesehen, hat er dem Flüchtling einen Schubs gegeben und gesagt: Lauf." Was dieser auch getan habe: Er rannte durch die erste von zwei automatisch öffnenden Glasschiebetüren. &bdquo;Aber weil er so schnell war, hatte sich die zweite Tür noch nicht geöffnet, und er ist voll gegen die Scheibe geprallt", berichtet der Polizist.

Während sein Schützling zu Boden ging, habe der Angeklagte sich mit dem Rücken zu den Verfolgern und ausgestreckten Armen vor die Türöffnung in den Weg gestellt. &bdquo;Als ich an ihm vorbeiwollte, hat er sich mit ausgestreckten Armen umgedreht." Das sei aus seiner Sicht eine aktive Handlung gewesen: Der Angeklagte habe sich &bdquo;so positioniert, dass er einen Treffer bei mit landen konnte. Da öffnete sich die zweite Schiebetür, und die Zielperson war weg." Der Angeklagte habe gerufen: &bdquo;Sie beteiligen sich hier an einer menschenunwürdigen Aktion."

"Das war kein gezielter Griff" Ein Ausspruch, den auch der zweite Polizeibeamte bestätigte, der etwas später am Tatort angekommen war. Allerdings habe er nur die Drehbewegung des Angeklagten mit ausgestreckten Armen gesehen, bei der dieser auch den Kollegen berührt habe: &bdquo;Das war kein gezielter Griff."

Dennoch sieht Staatsanwalt Kristoffer Mergelmeyer hier einen tätlichen Angriff: &bdquo;Das war eine aktive Drehbewegung in Richtung des Polizisten", betonte er, ein tätlicher Angriff, der mit einer fünfmonatigen Haftstrafe und einer 1500 Euro an die Staatskasse als Bewährungsauflage geahndet werden müsse. Der Angeklagte habe den Flüchtigen &bdquo;in die Illegalität getrieben. Flüchtlingshilfe hört auf, wo Recht verletzt wird."

Verteidiger Sebastian Nickel beantragte dagegen einen Freispruch. &bdquo;Es handelt sich um ein kurzes, sehr dynamisches Geschehen." Als der Ghanaer am Boden gelegen habe, habe sich der Angeklagte schützend davor gestellt. Die Drehbewegung sei auf keinen Fall aktive Gewalt gewesen, sondern eine &bdquo;rein menschliche Regung".

So sieht es Richter Weber nicht: &bdquo;Es besteht kein Zweifel, dass Sie Gewalt durch Widerstand ausgeübt haben. Wenn man sich in den Weg stellt, ist das eine aktive Handlung." Allerdings erkenne er anders als der Staatsanwalt keine zielgerichtete, feindselige Absicht. &bdquo;Es ist wichtig, dass es Personen wie Sie gibt", würdigte er das Engagement des Flüchtlingshelfers. &bdquo;anderseits sind strafrechtliche Regeln einzuhalten."

Er könne die demokratisch beschlossene Abschiebepraxis &bdquo;menschenunwürdig" finden und zivilen Ungehorsam leisten. &bdquo;Aber Sie sind über das Ziel hinausgeschossen, und Sie haben dafür gesorgt, dass ein rechtswidriger Zustand aufrecht erhalten wird", sagte er mit Blick auf den Afrikaner, der anscheinend untergetaucht ist.

Ob eine der Parteien das Urteil anfechten wird, ist derzeit noch unklar.

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