Ärzte operieren im Detmolder Klinikum per Roboter und Joystick

Kreis Lippe. Als Joachim Schlingmann den OP-Saal im Klinikum Detmold betritt, macht er große Augen. &bdquo;Hier lag ich vor ein paar Wochen und wurde vom Roboter operiert", sagt der Rentner zu seinem sechsjährigen Enkel Leonard, der ihn an diesem Nachmittag zum Pressetermin begleitet und zeigt in die Ecke des Saals. Dort steht der heimliche Star des Klinikums – &bdquo;Da Vinci ", ein Operationsroboter mit vier Armen, der seit April im Einsatz ist.

&bdquo;Meine Operation war im Juli, und ich bin sehr froh, dass ich jetzt mal alles bei vollem Bewusstsein sehen kann", sagt der 75-Jährige. Nur sechs Tage nach dem Eingriff konnte der Lemgoer die Klinik verlassen und ist bis heute beschwerdefrei. &bdquo;Eine tolle Sache", sagt Schlingmann und setzt sich an den OP-Roboter, der wie ein Apparat für Zocker anmutet. Zwei Fußpedale, zwei Joysticks, auf Kopfhöhe ein Bildschirm, durch den die Mediziner gestochen scharfe 3D-Bilder sehen – in Echtzeit.

&bdquo;In den vergangenen sechs Monaten haben wir mehr als 70 Patienten mit ,Da Vinci operiert", sagt Dr. Alfons Gunnemann, Chefarzt der Klinik für Urologie. Er und viele seiner Kollegen seien über Monate hinweg am Roboter ausgebildet worden und saßen viele Stunden an der Konsole, um sich auf die Arbeit vorzubereiten. Über sehr kleine Hautschnitte verschwinden die Arme des Roboters im Körper. &bdquo;Das Geschehen dort wird an der Steuerkonsole mit einer bis zu zehnfachen Vergrößerung verfolgt. Und das alles in einer entspannten Sitzposition, aber konzentriert", betont Gunnemann.

Alle Mediziner mussten einen OP-Roboter-Führerschein machen, fügt sein Kollege Prof. Wolfgang Hiller, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszera- und Thoraxchirurgie, hinzu. Während bisher bei einer klassischen Bauchspiegelung zwei Operateure im Einsatz sein mussten, um die medizinischen Geräte zu halten, könne das jetzt einer alleine.

Die Werkzeuge, die ihm dafür zur Verfügung stehen, seien kleine Wunderwerke: 360 Grad drehbar, 180 Grad winkelbar – alles ohne das geringste Zittern. &bdquo;Diese Art des Operierens ist die Zukunft", betont Prof. Karl Dietrich Sievert, Oberarzt der Klinik für Urologie. Schon jetzt sei die Schlüsselloch-Chirurgie aus dem Klinik-Alltag nicht mehr wegzudenken. Der Einsatz von Robotern erhöhe die Qualität der Eingriffe. Das &bdquo;Da Vinci"-System könne bei Operationen an der Prostata, Harnblase oder Niere genutzt werden. &bdquo;Und auch im gynäkologischen Bereich und in der Kinderchirurgie soll es künftig zum Einsatz kommen. Der Roboter ist ein Quantensprung im OP-Saal", sagt Dr. Helmut Middeke, Medizinischer Geschäftsführer des Klinikums.

Die Vorteile der Methode, die nur wenige Kliniken in der Region anbieten, für die Patienten lägen dabei auf der Hand: niedrige Wundinfektionsraten, geringe Belastung und damit raschere Erholung sowie eine deutlich reduzierte Narbenbildung. Dabei betont er, dass es noch immer der Operateur ist, der den Patienten behandelt. &bdquo;Er ist es auch, der die Qualität der Operationen bestimmt", erklärt Klinik-Geschäftsführer Dr. Johannes Hütte. Ein weiterer Arzt sitze immer am OP-Tisch, um bei Bedarf etwa Pinzette, Nadel oder Schere auszutauschen: &bdquo;Nicht die Maschine gibt den Ton an, sondern der Arzt, der den Roboter bedient", fügt Hütte hinzu. Schon wenn der Mediziner den Kopf aus der Konsole zurücknehme, funktioniere der Roboter nicht mehr – aus Sicherheitsgründen.

Joachim Schlingmann nickt und lächelt: &bdquo;Es war die richtige Entscheidung. Jetzt bin ich wieder fit und kann mit meinen Enkel spielen", sagt er und streicht Leonard über den Kopf.

Idee aus den USA Die Anfänge der Medizinrobotik liegen beim US-Militär. Das Pentagon wollte verwundete Soldaten im Irak mit Robotern operieren, stellte das Vorhaben aber wieder ein. Eine US-Firma griff die Idee für Kliniken auf und verkauft die Technologie rund um den Globus.

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