Kreis Lippe/Brüssel. "Das hat Brüssel so entschieden" - diesen Satz gibt es immer wieder zu lesen, wenn eine neue Regelung der EU in Kraft tritt. Aber wer sitzt eigentlich in Brüssel? Und wer entscheidet was? Die LZ war vor zwei Jahren zu Besuch im Europäischen Viertel und hat sich die Zusammenhänge vor Ort erklären lassen. Vor der Europawahl gibt es hier eine Übersicht der wichtigsten Institutionen.
Europäischer Rat
Im Europäischen Rat versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der (noch) 28 Mitgliedsstaaten. Sie wählen alle zweieinhalb Jahre ihren Präsidenten. Seit zwei Legislaturperioden hat der ehemalige polnische Ministerpräsident Donald Tusk das Amt inne. Der Europäische Rat tagt in Brüssel und entscheidet über die Ziele und Schwerpunktthemen in der EU.
Ministerrat (Rat der Europäischen Union)
Der Ministerrat kommt zu spezifischen Themen zusammen. Darin tagen etwa die Innenminister der Mitgliedsstaaten, oder alle Minister, die für Landwirtschaft zuständig sind. Der Ministerrat entscheidet gemeinsam mit dem Parlament über neue Richtlinien und Verordnungen innerhalb der EU sowie deren Haushalt.
Europäische Kommission
Die Europäische Kommission wird auch die "Hüterin der Verträge" genannt. Sie ist der Verwaltungsapparat, der Motor der EU und trägt dafür Sorge, dass sich die Mitgliedstaaten an die beschlossenen Regeln der EU halten. Dazu stellt jeder Mitgliedstaat einen der Kommissare, die für unterschiedliche Aufgabenbereiche eingesetzt werden und in Arbeitsgruppen Vorschläge für neue Gesetze erarbeiten. Der Präsident der Europäischen Kommission, das Amt wird seit 2014 durch den Luxemburger Jean-Claude Jucker bekleidet, wird vom Europäischen Rat nominiert und durch das Parlament gewählt. Nach der Europawahl wird ein neuer Kommissions-Präsident gewählt werden.
Europäisches Parlament
Das Parlament vertritt die Bevölkerung in der EU. Es besteht aus mehr als 700 Abgeordneten, die bei den Europawahlen alle fünf Jahre neu von der Bevölkerung gewählt werden. Wie viele Sitze ein Land im Parlament hat, entscheidet sich nach der Größe des Landes. Deutschland hat mit 96 Abgeordneten die meisten Vertreter im Parlament. In den Gründerzeiten hießen die Treffen der Landesvertreter schlicht "Gemeinsame Versammlung". Seit 1979 haben die Bürger der Mitgliedsstaaten Einflussmöglichkeiten auf ihre Repräsentanten durch die Wahl zum Parlament. Das Parlament tagt in Brüssel (Belgien) und in Straßburg (Frankreich).
Das Europäische Parlament entscheidet gemeinsam mit dem Ministerrat über Gesetze innerhalb der EU. Außerdem muss es seine Zustimmung geben, wenn neue Verträge mit anderen Staaten geschlossen werden sollen - etwa bei dem lange diskutierten Freihandelsabkommen TTIP. Das Parlament entscheidet mit über den Haushalt der EU und kontrolliert die Arbeit der Europäischen Kommission. Der Parlamentspräsident wird immer für zweieinhalb Jahre gewählt. Seit dem 17. Januar 2017 ist Antonio Tajani (Italien) im Amt. Zuvor hatte Martin Schulz (SPD) das Amt seit 2012 - mit kurzer Unterbrechung - inne. Der Amtssitz des Präsidenten ist in Straßburg.
Die Parteien im Europäischen Parlament
Das Europäische Parlament setzt sich derzeit aus acht Fraktionen und einem parteilosen Block (mit 21 Abgeordneten) zusammen. Nach der Europawahl soll eine neue Fraktion dazu kommen: Die europäischen Rechten, unter anderem AfD, FPÖ und die italienische Lega, wollen dort als "Europäische Allianz der Menschen und Nationen" (EAPN) Fuß fassen. Bislang sind die Abgeordneten aus den jeweiligen Nationalparteien auf drei Fraktionen im europäischen Parlament aufgespalten.
Die größte Fraktion bilden derzeit die Christdemokraten, die EVP, mit 217 Sitzen. Darin sind 34 Abgeordnete der CDU/CSU vertreten. Die Sozialdemokraten S&D folgen mit 187 Sitzen (27 von der SPD). Die konservative EKR ist mit 76 Abgeordneten im Parlament vertreten, sechs davon kommen aus aus den deutschen Parteien Liberal-Konserative Reformer, Bündnis C, oder sind parteilos.
Die liberale ALDE hat 68 Plätze im Parlament. Vier davon kommen von der deutschen FDP und den Freien Wählern. Die Grüne (EFA) hat 52 Sitze, 13 kommen von den Grünen, der ÖDP oder sind parteilose Abgeordnete aus Deutschland. Die Linke GUE/NGL hat ebenfalls 52 Plätze, acht von ihnen sind mit deutschen Abgeordneten besetzt. 41 Sitze gehen derzeit an die rechspopulistisch EFDD (einer davon von der deutschen AfD) und weitere 37 an die ebenfalls rechtsausgerichtete ENF (einer von der Partei "Die blaue Partei").