Eine Kultserie kehrt zurück: "Community" trotzt Corona auf Netflix

Netflix hätte sich wohl kaum einen besseren Zeitpunkt aussuchen können, eine schon längst abgedrehte Sitcom ins Programm zu holen und somit das geübte Serienfanherz höher schlagen zu lassen. Während draußen das Coronavirus unser aller Leben einschränkt, warten vom heimischen Sofa aus sechs Staffeln "Community" - überwiegend aus der - rein humoristisch - schlagfertigen Hand von "Rick and Morty"-Schöpfer Dan Harmon. Im Mittelpunkt der US-amerikanischen Sitcom steht eine heterogen gemischte Lerngruppe am fiktiven Greendale Community College.

Berüchtigt ist die Sitcom für ihre wahnwitzigen Ideen, teils abgefahrenen Handlungsstränge und unzähligen popkulturellen Anspielungen. "Community" spielt mit starken Charakteren, nimmt Vorurteile und Klischees auseinander und besticht durch einen unverwechselbaren Charme. Wer sich als Zuschauer darauf einlässt, bleibt gebannt und kontinuierlich kopfschüttelnd vor dem Abspielgerät hängen. Dieses College ist so ziemlich alles - außer normal. Und das passt doch derzeit gar nicht so schlecht in unsere verrückte Welt.

Ausgangspunkt der Geschichte ist der smarte und leicht egozentrische Anwalt Jeff Winger (Joel McHale, moderiert auch die neue Folge "Tiger King" ). Der Mittdreißiger hat zum Start der Handlung gerade seine wohlgemerkt gefälschte Zulassung verloren und muss daher am gemeinen Communitycollege seinen Abschluss nachholen. Durch eher mäßige Flirtversuche bei der linksangehauchten Weltverbesserin Britta Perry (Gilian Jakobs) formiert sich eher zufällig die aus sieben spleenigen Charakteren bestehende Lerngruppe (im englischen Orginal einfach: study group). Hier ist auch Comedy-Altmeister Chevy Chase mit von der Partie, der viele Staffeln den unangenehm gealterten Großindustriellen Pierce Hawthorne mimt, für den das Studium eher Beschäftigungstherapie und Mittel gegen das Alleinsein ist.

Keiner liefert durch seine unangemessenen und (un-)freiwillig rassistischen Kommentare mehr Fremdschämmomente als der Seniorstudent. Dem Zuschauer mag es manchmal schon fast weh tun, weggucken will man trotzdem nicht. Herausragend ist auch die Figur Abed Nadir (Danny Pudi) - ein Filmnerd sondergleichen, der "Cougar Town" (Comedyserie mit Friendsdarstellerin Courtney Cox) verehrt und das Leben eher als eigenes Serienprojekt begreift, als dass er tatsächlich als Protagonist dran teilnimmt.

Zwischenmenschliche Beziehungen sind ihm fremd, dafür läuft Abeds Welt eher auf der Metaebene durch die Augen einer Filmkamera ab. Unterstützung bekommt er im Verlauf der Serie von Ex-Quarterback Troy Barnes (Donald Glower), durch dessen ebenfalls unbändige Liebe zur Film- und Serienwelt eine echte Männerfreundschaft entsteht. Und auch darum geht es ein wenig in "Community". Die unterschiedlichsten Welten prallen hier aufeinander, reiben sich an ihrer Andersartigkeit, stoßen sich ab und finden dann wieder zusammen. In welcher Welt sollten sonst die alleinerziehende Mittvierzigerin und gläubige Christin Shirley Bennett (Yvonne Nicole Brown) und das ehrgeizige 19-jährige Nesthäkchen Annie Addison (Allsion Brie, Glow) zusammenfinden, wenn nicht auf diesem durchgeknallten Communitycollege?

In sechs Staffeln dreht sich der Serienkosmos allein um die Abenteuer der "glorreichen Sieben" und deren schrittweiser Charakterentwicklung. Dabei verwischen die Grenzen der Erzählebenen. Der Campus ist wandelbar - vom Kriegsfilm-Setting über Mafiaelemente bis hin zum Highschoolmusical scheint alles möglich zu sein. "Community" lebt davon, aus der eigenen Welt auszubrechen - und neue zu erschaffen. Ob Episoden im Knet-Stop-Motion-Stil, die sich mit Abeds Kindheitstrauma auseinandersetzen, erbitterte Paintball-Schlachten um eine priorisierte Kurseinschreibung, 90er Jahre Konsolenspiel-Animationen oder eine gesamte Folge im Erzählstil des Kultfilms Pulp Fiction - die Autoren schöpfen aus einem unendlichen Kosmos. Wer also mal von der trüben Realität abschalten möchte, dem sei diese Kultserie absolut ans Herz gelegt.

Apropos Kult Kult ist übrigens auch ein wenig die Geschichte rund um den Überlebenskampf der Sitcom, die von 2009 bis 2012 ausgestrahlt wurde. Obwohl von Kritikern hochgelobt, hatte "Community" bei Erstausstrahlung auf dem US-Sender NBC mit eher mäßigen Einschaltquoten zu kämpfen. Nach der vierten Staffel wurde dann ausgerechnet Showrunner und Erfinder Dan Harmon entlassen - laut diversen Medienberichten soll es große Probleme am Set und Streit mit Darsteller Chevy Chase gegeben haben, der aus der Serie ausstieg.

Die fünfte Staffel ohne Dan Harmon kam dann in der Rezeption eher mäßig an. Fans machten den verbliebenen Autoren den Vorwurf, Harmons Stil nur äußerst gezwungen kopiert zu haben. Nach fünf Staffeln sollte dann bei NBC endgültig Schluss sein, doch Yahoo, das damals eine eigene Streaming-Plattform betrieb, übernahm für eine letzte Staffel. Eingefleischte Fans glauben daher immer noch an das Mantra der Serienfigur Abed "Six Seasons and A Movie" - sechs Staffeln und ein Film.

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