Gewerkschaft wehrt sich gegen ISRI-Kündigungswelle

Detmold. Die Solidarität ist groß. Mit wehenden Fahnen hat die IG Metall am Freitag vor dem Arbeitsgericht in Detmold zur Kundgebung aufgerufen, um den rund 200 Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge der KfZ-Zulieferer ISRI (Isringhausen) nicht verlängern oder kündigen will, Unterstützung zuzusichern. Als Grund für das Sparprogramm nannte das Lemgoer Unternehmen tägliche Umsatzverluste von 1,5 Millionen Euro innerhalb der Coronavirus-Krise. Weder Gewerkschaft noch Betriebsrat wollen die Kündigungen so einfach hinnehmen.

Während am Freitagvormittag die erste von bisher rund 70 eingereichten Klagen gegen ISRI vor dem Detmolder Arbeitsgericht läuft, formiert sich draußen an der Treppe eine etwa 50-köpfige Solidaritätsgruppe - darunter Betroffene, feste Mitarbeiter, Gewerkschaft und Unterstützer der Partei Die Linke.

"Wir werden uns nichts gefallen lassen" "Man kann die uns drohende Wirtschaftskrise nicht einfach auf die Mitarbeiter abwälzen", sagt Frank Redelberger von der Linksjugend Lippe. Es sei zu befürchten, dass auch andere große Unternehmen in Lippe mit einer Welle der Entlassungen nachziehen, sollte Isringhausen mit seinen drastischen Sparmaßnahmen auf Mitarbeiterebene durchkommen.

Dies will die Gewerkschaft unter allen Umständen verhindern. "Wir fangen klein an, aber wir werden uns nichts gefallen lassen", ruft IG-Metall-Bevollmächtigter Erich Koch ins Megafon. Besonders schwer liege ihm im Magen, wie unzuverlässig sich ISRI als Gesprächspartner verhalte. "Bis heute hat das Unternehmen nicht auf unserer Gesprächsanfrage reagiert", sagt Koch.

Laut Torsten Scholder, ISRI-Geschäftführer am Standort Lemgo, sei das Unternehmen durchaus zu Gesprächen mit der IG Metall bereit. ISRI habe sogar mehrfach Anfang des Jahres darum gebeten, Verhandlungen über die tariflichen Arbeitsbedingungen im Unternehmen aufzunehmen. Die Gewerkschaft hätte sich in diesen verweigert, was dann unter anderem auch die Kündigung des Anerkennungstarifvertrags ausgelöst habe, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Momentan stünden noch Zweifel im Raum, ob die IG Metall Detmold überhaupt für Isringhausen zuständig sei. Dies soll Anfang der Woche über Düsseldorf geklärt werden. "Anschließend sollte einer Aufnahme von Gesprächen nichts im Wege stehen", schreibt Scholder.

Über die Spar - und Informationspolitik des Unternehmens ist vor allem Betriebsratsvorsitzende Ilona Witt sauer: "Wir werden nur überrumpelt, es findet überhaupt keine vernünftige Kommunikation statt." Witt habe für die Kundgebung allerdings auf ein wenig mehr Teilnehmer gehofft. "Es wäre schön, wenn zumindest alle 70 Klagenden hier wären. Aber einige müssen natürlich auch noch arbeiten, bis der Vertrag ausläuft", sagt Witt.

Verträge einzelner Mitarbeiter würden nun doch verlängert Für Ex-Mitarbeiter Torsten Weber sind diese Zeiten schon vorbei. Sein Zeitvertrag sei zum ersten Mai ausgelaufen, erst zwei Wochen vorher habe ISRI mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis nicht wie angestrebt zu entfristen. "Wir haben uns dreieinhalb Jahre den Arsch aufgerissen und einige bittere Pillen geschluckt - darunter die drei Stunden kostenlose Mehrarbeit pro Woche. Das was hier momentan passiert, macht mich sprachlos", sagt Weber.

Auch der 49-Jährige habe vor dem Arbeitsgericht Klage eingereicht. Sein Termin sei, wie für viele andere auch, erst im Juni. Weber ist froh, in dieser Situation nicht allein dazustehen und Unterstützung durch Kollegen sowie die Gewerkschaft zu erhalten. Und dennoch halte sich sein Optimismus in Grenzen. "Reden hilft natürlich. Aber ob es was bringt, ist eine andere Sache."

Der Druck auf den Arbeitgeger wächst währenddessen weiter. Nach Aussagen der IG Metall habe ISRI inzwischen angefangen, einzelne Mitarbeiter rauszupicken und ihre Verträge nun doch zu verlängern. Das sorge innerhalb der Belegschaft natürlich für weitere Spannungen. "Hier werden Mitarbeiter in gute und schlechte eingeteilt, das geht gar nicht", sagt Koch. Zu diesem Punkt gab es bisher keine Stellungnahme vom Unternehmen.

ISRI-Geschäftführer Torsten Scholder weist dagegen in seiner Stellungnahme noch einmal explizit darauf hin, dass keinesfalls von einer "Kündigungswelle" die Rede sein könne. Das Unternehmen habe lediglich den im Jahre 2017 abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrags gekündigt. Dies ändere zunächst einmal nichts an den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, insbesondere käme es laut Stellungnahme zu keinen Lohn- oder Gehaltskürzungen. Die Kündigung führe aber dazu, dass etwaige künftige Tariflohnerhöhungen für Mitarbeiter nicht gelten würden.

Solidarität mit der Belegschaft Auch der lippische SPD-Landtagsabgerodnete Jürgen Berghan will sich für die Mitarbeiter einsetzen. Er habe bisher nach eigenen Angaben keinen Erfolg gehabt, sich mit der Isringhausen-Geschäftsführung an einen Tisch zu setzen. Berghan kündigte in einem offiziellen Schreiben jedoch Solidarität mit der Belegschaft an. "Für die Mitarbeiter kommt ein Hammer nach dem anderen", sagt Berghan im Gespräch mit der LZ.

Es sei äußerst bedenklich, die Mitarbeiter einfach per Aushang über coronabedingte Kurzarbeit und im selben Atemzug über die Aufhebung der Anerkennungs- sowie Ergänzungstarifverträge zu informieren. "Den Mitarbeitern wurde Sicherheit vorgeaukelt, die es offenbar nie gab." Er hofft, dass zudem allen Klagenden vor dem Arbeitsgericht Recht zugesprochen wird. Die aktuellen Sparmaßnahmen seien ein verheerendes Zeichen für den Standort Lemgo.

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