Stellenabbau in Blomberg: Weshalb Phoenix Contact Prozesse ins Ausland verlagert

Blomberg. Es ist nicht mehr wirtschaftlich, Produkte aus Deutschland in die globalen Kernmärkte wie China, Indien und USA zu exportieren. Deshalb sieht sich Phoenix Contact gezwungen, sich neu auszurichten und seine Standorte im Ausland auszubauen. Dafür sollen ganze Produktionsprozesse in die besagten Länder umziehen. Am Standort Blomberg geht das nicht spurlos vorbei: 600 Arbeitsplätze sind vom geplanten Stellenabbau betroffen.

Das hatte die Geschäftsführung vergangene Woche in einer Betriebsversammlung bekannt geben (die LZ berichtete). Am Montag äußerte sich Phoenix Contact erstmals öffentlich zu den Hintergründen. Demnach plant das Unternehmen, die neuen Strukturen und den damit verbundenen Stellenabbau in den nächsten zwei Jahren abzuschließen, sagte Ulrich Leidecker, Mitglied und Sprecher der Geschäftsführung, auf Anfrage.

Angebote sollen Kündigungen vermeiden Ziel sei es, den Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich umzusetzen und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Dafür hätten Arbeitgebervertreter und Betriebsrat ein entsprechendes Maßnahmenpaket entwickelt, das einen internen Arbeitsmarkt, ein Freiwilligenprogramm mit Bausteinen wie Altersteilzeit, früherer Renteneintritt und individuell abgesenkte Arbeitszeit als Teilzeit-Angebot vorsieht.

Uta Reinhard, Vorsitzende des Betriebsrates am Standort Blomberg, appelliert in der offiziellen Pressemitteilung von Phoenix Contact an die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: &bdquo;Jetzt ist es wichtig, dass alle, die das Angebot bekommen, das auch wirklich für sich prüfen.“

Ab April will Phoenix Contact das Angebot für drei Monaten öffnen und anschließend auswerten, ob die Akzeptanz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da ist. &bdquo;Wir sind optimistisch, dass die Angebote gut sind und wir damit unser Ziel erreichen können“, sagte Ulrich Leidecker.

Der demografische Wandel spiele dem Blomberger Unternehmen hierbei in die Karten. &bdquo;Wir rechnen mit vielen Renteneintritten.“ Sollten nicht genügend die Maßnahmenpakete annehmen, müsste doch betriebsbedingt gekündigt werden. Dieses Szenario hält die Geschäftsführung allerdings für unwahrscheinlich.

Wäre ein weitaus größerer Stellenabbau geplant gewesen? Die erst vor Weihnachten mit der Gewerkschaft als stellensichernde Maßnahme ausgehandelte Vier-Tage-Woche wirke sich finanziell nicht negativ auf die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, wenn diese nun beispielsweise einen früheren Renteneintritt erwägen würden.

Laut Daniel Salewski, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Detmold, hat die Vier-Tage-Woche dem Unternehmen genügend Zeit verschafft, um weitere Instrumente zu entwickeln, und damit letztendlich einen Stellenabbau im vierstelligen Bereich abgewendet. Die verkürzten Arbeitszeiten hätten den Weg geebnet, die betroffenen Stellen nun ohne Kündigungen abbauen zu können.

Konkrete Zahlen, wie groß der Stellenabbau möglicherweise ohne das zum Jahresende eingeführte Konstrukt der Vier-Tage-Woche gewesen wäre, nennt die Geschäftsführung nicht. &bdquo;Sagen wir so: Es wäre wahrscheinlich schwieriger gewesen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden“, sagte Leidecker.

Die IG Metall ist mit dem ausgehandelten Maßnahmenkatalog zufrieden. &bdquo;Das Perspektivprogramm bei Phoenix ist schon weit mehr als die sonstigen Freiwilligenprogramme, die man in Lippe kennt“, sagte Daniel Salewski. Weitere Details dazu sollen aber zunächst nicht öffentlich erörtert werden.

Weltmarkt ist nicht mehr offen Der Schritt, Produktionsprozesse nach China, Indien und in die USA zu verlagern, bedeute keine Abkehr vom Standort in Blomberg, erklärte der Sprecher der Geschäftsführung. Phoenix-Geschäftsführer Dirk Görlitzer habe nicht umsonst auf der Betriebsversammlung betont, dass seine Enkel auch noch in Blomberg einen Arbeitsplatz haben werden. &bdquo;Das Bekenntnis zu Blomberg ist unumstritten“, sagte Ulrich Leidecker. Schließlich gebe es auch noch einen europäischen Markt, der bedient werden müsse.

Die weltpolitische Lage zwinge den Spezialisten für Automatisierungstechnik nun aber dazu, sich strategisch neu auszurichten. Drei Jahrzehnte habe die deutsche Wirtschaft boomende Märkte erlebt, das sei nun vorbei. &bdquo;Wir erleben das Ende der Globalisierung“, sagte Leidecker. Zölle von 25 Prozent machten es unmöglich, manche Produkte und Dienstleistungen verkaufsfähig für die großen Märkte außerhalb Europas anzubieten.

Die größte vom Stellenabbau betroffene Abteilung mit mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stelle den in Blomberg ansässigen Bereich &bdquo;Device Connectivity“ mit Absatzmarkt in China und Asien dar. Deshalb sei vorrangig Blomberg betroffen.

Die angestrengten Sparmaßnahmen sollen sich nicht auf aktuelle Investitionen auszuwirken, sagte Leidecker. Weiterhin sei es geplant, das neue Logistikzentrum in Blomberg bis Mitte 2028 fertigzustellen. Mit diesem würden dann zwangsläufig die bisher in Schieder genutzten Hallen nicht mehr gebraucht. Hier laufe der Ausbildungsbetrieb weiter. Die Ausbildungsquoten bleiben nach Angaben des Unternehmens auf dem bisherigen Niveau.

Trotz des durch die weltpolitische Lage aufkommenden Wettbewerbsdrucks und der &bdquo;aktuellen Herausforderung“ sieht sich Phoenix Contact für die Zukunft gut aufgestellt. Die Sorgen der Belegschaft könne die Geschäftsführung aber natürlich nachvollziehen.

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