Hamm zwingt Detmold, die Strafe für Flüchtlingshelfer zu erhöhen

Kreis Lippe. Es war nicht nur Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, sondern auch ein tätlicher Angriff. So zumindest beurteilt das Oberlandesgericht in Hamm das, was sich im Januar 2019 in der Bürgerberatung in Detmold zugetragen hat. Dafür wurde ein Mitarbeiter der Flüchtlingshilfe Lippe am Donnerstag vor der Berufungskammer des Landgerichtes erneut verurteilt: Er muss 120 Tagessätze à 25 Euro Strafe zahlen.

Der Mann hatte einem abgelehnten Asylbewerber aus Afrika geholfen , vor der Polizei zu fliehen und damit der Abschiebung zu entgehen. Er hatte die Beamten kommen sehen und sich mit ausgebreiteten Armen in den Weg gestellt, um sie an der Verfolgung zu hindern. Dabei hatte er sich um die eigene Achse gedreht und einen der Beamten an der Brust getroffen, ihn allerdings nicht verletzt.

Hamm: Angeklagter nahm eine Verletzung des Beamten billigend in Kauf Am Donnerstagmorgen fällte die kleine Strafkammer am Landgericht Detmold das vierte Urteil in dieser Sache. Ursprünglich hatte das Amtsgericht den Mann wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu 90 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt.

Sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft hatten Berufung eingelegt. Das Landgericht kassierte das Urteil und verhängte ein milderes: 90 Tagessätze à 15 Euro. Die Richterin sah hier keinen tätlichen Angriff nach Paragraph 114 des Strafgesetzbuches, sondern nur Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach 113.

Die Staatsanwaltschaft zog in die nächste Instanz, also vor das Oberlandesgericht – und bekam dort weitgehend Recht. Dem Hammer Senat ist das Detmolder Urteil zu milde. Es legte einen engen Rahmen fest: In Bezug auf den Tathergang an sich gebe es nichts zu deuteln. Aber die Strafe müsse höher ausfallen, weil der Angeklagte eine Verletzung des Beamten billigend in Kauf genommen, sich mit ausgestreckten Armen aktiv in Richtung des Polizeihauptkommissars gedreht habe. Das erfülle nach Paragraph 114 den Tatbestand eines tätlichen Angriffs, der üblicherweise mit mindestens drei Monaten Haft bestraft werden müsse.

Mit diesem Hinweis gab das Oberlandesgericht den Fall zurück an die zweite kleine Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Katharina Schikowski. Der blieb wenig Handlungsspielraum, sie konnte nur noch entscheiden, in welcher Höhe sie das Strafmaß abwandeln wollte. &bdquo;Die Kammer ist an das Urteil aus Hamm gebunden", sagte sie.

Verteidiger zeigt sich fassungslos Staatsanwältin Katja Erfurt hatte schon vor dem Landgericht sechs Monate gefordert, und sie blieb auch vor der Berufungskammer dabei. Es sei nur dem Zufall zu verdanken, dass der Polizist nicht verletzt worden sei, sagte sie. Verteidiger Sebastian Nickel zeigte sich fassungslos: &bdquo;Ich halte den Paragraphen 114 für verfassungswidrig", er beantragte, die Entscheidung direkt an das Bundesverfassungsgericht weiterzuleiten.

Das lehnte die Kammer ab. Darauf forderte Nickel, eine möglichst milde Strafe zu wählen, keineswegs eine Haftstrafe. Am Ende kam es so: Das Gericht erhöhte lediglich die Geldstrafe auf 3.000 Euro. Mit 120 Tagessätzen ist der Angeklagte allerdings vorbestraft, 90 ist die Grenze.

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