Kreis Lippe. Die Entscheidung der Landesregierung traf die Karnevalisten in NRW wie eine hart geworfene Kamelle am Kopf: Die Fünfte Jahreszeit muss dieses Mal wegen Corona weitestgehend ausfallen. Die bittere Wahrheit: Prunksitzungen, Umzüge und Partys sind in der gängigen Form nicht erlaubt. Ausnahmen soll es für kleinere Veranstaltungen mit entsprechenden Hygieneauflagen geben. Die LZ hat sich umgehört, wie die Narren im Kreis Lippe und der Umgebung auf diese neue Situation reagieren und ob sie etwas anderes planen.
In Berlebeck sind noch keine weiteren Entscheidungen getroffen worden – bislang ist der Karneval noch nicht offiziell abgesagt. „Wir schauen erst einmal, wie sich die anderen Vereine in der Umgebung verhalten", sagt der Vorsitzende des TuS Falke Berlebeck, Hajo Seehrich. Alles deute jedoch auf eine Absage der „Grün-Weißen Nacht" hin: „Wer möchte schon die Verantwortung übernehmen?" Und abspecken? „Die Stimmung bei einer halb leeren Halle wäre einfach nicht da", ist der Vereinschef überzeugt. Alternativ denkt der TuS Berlebeck noch über eine Verschiebung auf Sommer 2021 nach.
Vernunft sollte immer vorherrschen
In Lage haben die Karnevalisten von einer großen Veranstaltung zum 11.11. bereits Abstand genommen. Laut TG-Präsident Wolfgang Altekrüger ist allerdings eine interne Veranstaltung mit dem Elferrat angedacht. „Die Vernunft sollte aber immer vorherrschen, und niemand möchte einen zweiten Hotspot", will der TG-Chef die Lage weiter kritisch im Blick behalten.
Robin Oliveira Bernardo, Präsident der „Lagenser Narrenfreiheit" und des MGV Liederheim, klingt betrübt. Der Rosenmontagszug der „Narrenfreiheit" müsse wohl abgesagt werden. Die große Prunksitzung, die normalerweise 400 Narren zum MGV lockt, soll dagegen irgendwie möglich gemacht werden. „Sitzplatzzuteilung, nur die Hälfte der Teilnehmer, Alkoholverbot und Desinfektion sind Überlegungen für einen Hygieneplan", sagt Oliveira Bernardo. Wenn das Ganze dann auch online bei Instagram, Facebook und Youtube übertragen werde, könnten auch diejenigen Narren kontaktfrei teilnehmen, die keinen Platz bekämen.
Der Narren-Präsident begrüßt die Ankündigung aus Düsseldorf, finanziell für die Karnevalisten in die Bütt zu steigen. Oliveira Bernardo: „Wir werden alles versuchen, um auch einen wirtschaftlich tragfähigen Karneval mit minimiertem Risiko zu feiern." Die endgültige Entscheidung zur Prunksitzung soll bis Mitte Dezember fallen.
Flexibilität
Flexibel bleiben ist auch das Motto bei der Karnevalsabteilung „Sunnerbieke-Ellernhüchte" im TuS Müssen-Billinghausen. Ingo Sundermann: „Prinzipiell können wir auch ganz kurzfristig etwas auf die Beine stellen." Bis Anfang Januar will man sich in Müssen Zeit lassen. Eine Online- oder Mitmach-Aktionen seien geplant. „Die genauen Ideen werden nicht verraten, aber es wird etwas passieren."
Ruhiger wird es im Norden Lippes: Kalledonien will erst 2022 wieder richtig feiern. Das teilen die Verantwortlichen auf ihrer Facebook-Seite mit. Ausschlaggebend für die Absage: das finanzielle Risiko und die fehlende Planungssicherheit.
In die gleiche Richtung steuern auch die Verantwortlichen in Istrup, Voßheide und Lemgo ihren Festwagen. „Die Absage ist aus unserer Sicht alternativlos", sagt Andreas Kelbch, der als Vizepräsident des TuS Voßheide für den Katzenfutterkarneval verantwortlich ist. „Feiern hat sich als Brutstätte für die Ausbreitung des Virus erwiesen." Seinen Fokus legt der TuS nun auf den Sommer 2021, dann feiert er nämlich ohnehin 100-Jähriges – geplant sind ein Umzug durchs Dorf und ein Festkommers. „Wir hoffen, dass dies stattfinden kann und planen, es karnevalistisch zu begleiten", verrät Andreas Kelbch.
Christian Weege, Vorsitzender des Lemgoer Kernstadt-Karnevalclubs „Hansestädter", kann sich eine kleine Veranstaltung mit dem Stammtisch vorstellen, „uns ist auch alles zu risikoreich – ein Corona-Hotspot möchten wir nicht werden", sagt er.
In Istrup musste der Karneval erst zweimal in der Geschichte abgesagt werden – 1990/91 zum Golfkrieg und nun, 30 Jahre später, durch die Pandemie. Für Annette Alabas, Chefin des Spielmannszuges, die richtige Entscheidung: „Ohne Schunkeln und Nähe ist es kein richtiger Karneval."