Klinikum Lippe hat neuen Chef der Kinderneurologie

Kreis Lippe. Das Klinikum Lippe hat am Standort Detmold seine kinder- und jugendmedizinischen Angebote erweitert. In der Residenz gibt es neben der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und der Klinik für Kinderchirurgie jetzt neu die Klinik für Neuropädiatrie – mit Florian Daniel Kuhn als Chefarzt an der Spitze. Kuhn, Spezialist für Kinderneurologie und Epileptologie, ist zugleich ärztlicher Leiter des Interdisziplinären Frühförderungszentrums Lippe (IFF).

Klinik für Neuropädiatrie Die große Lust auf die neue Aufgabe in Lippe ist dem Rheinländer förmlich anzumerken. Sowohl die Zusammenarbeit der Ärzte verschiedener Fachrichtungen, als auch die Arbeit in interdisziplinären Teams hebt er als großen Pluspunkt der Klinik hervor. Neben dem Chefarzt arbeiten in der Klinik und der IFF ein Oberarzt, zwei Assistenzärzte und ein großer Stamm nicht-ärztlicher Mitarbeiter, wie Psychologen, Logopäden, Ergo- oder Physiotherapeuten und Ernährungsberater, Erzieher, Sonderpädagogen und Heilpädagogen.

Die Klinik ist Anlaufstelle für Patienten zwischen 0 und 18 Jahren, die an Erkrankungen des Gehirns, Rückenmarks, der Nerven oder Muskeln leiden, aber auch an psychosomatischen Erkrankungen oder Entwicklungsproblemen. Ursache können angeborene Störungen, akute Verletzungen zum Beispiel nach einem Unfall oder auch Infektionen sein. &bdquo;Im ersten Schritt geht es häufig erst einmal darum, Auffälligkeiten abzuklären", erläutert Chefarzt Kuhn. Zum Angebot gehört eine ambulante Sprechstunde. Neben der klassischen Kinderneurologie bestehen weitere Schwerpunkte.

Epileptologie Wenn ein anfallsverdächtiges Ereignis auftritt, ist fachliche Abklärung geboten. &bdquo;Epilepsie kann in jedem Alter auftreten, ist aber bei Kindern besonders häufig, da ihr Gehirn noch wächst und deshalb sehr empfindlich ist", erklärt der Kinderneurologe. Die gute Nachricht: &bdquo;Zwei Drittel der Patienten kann mit Medikamenten geholfen werden – sie haben keine Nebenwirkungen und keine Anfälle mehr."

Die selteneren, besonders schweren Fälle würden von Lippe aus in Zusammenarbeit mit dem Epilepsie-Zentrum Bethel behandelt. Aufgabe von Chefarzt Kuhn und seinem Team ist, zunächst einmal dem Verdacht auf eine Epilepsie bei den Patienten nachzugehen: &bdquo;Wenn Eltern bei ihrem Säugling Krämpfe beobachten, muss das nicht zwangsläufig ein epileptischer Anfall sein", sagt der Experte. Babys beispielsweise könnten auch ohne ernsteren Hintergrund im Schlaf gelegentlich zucken. Auch könnten bei Kindern zum Beispiel Schlaf- oder Tic-Störungen dahinter stecken, die wiederum eher psychische Ursachen haben.

Aber: Es gibt epileptische Anfallsformen die übersehen werden können, weil sie nicht mit auffälligen Zuckungen einhergehen. Kuhn berichtet von einem Kind, bei dem wegen Konzentrationsschwierigkeiten eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) diagnostiziert worden war. Im EEG (Hirnstromableitung) ließ sich dann aber nachweisen, dass der Patient stattdessen lauter Abscencen hatte – eine Anfallsform mit vielen ganz kurzen Aussetzern.

Psychosomatik Patienten mit Beschwerden, die nicht allein mit körperlichen Erkrankungen zu erklären sind – zum Beispiel Ess- oder Angststörungen oder chronische Kopfschmerzen – werden auf der Psychosomatik Station behandelt – ebenso Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, die eine zusätzliche psychische Störung entwickeln. Deren Therapie wird interdisziplinär von einem Team aus Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten und vielen anderen Berufsgruppen durchgeführt.

Bei Bedarf finde ein enger fachlicher Austausch mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bad Salzuflen statt, betont Kuhn. &bdquo;Oft müssen zur Klärung eines Problems Neurologie und Psyche betrachtet werden."

Entwicklungs-Neurologie &bdquo;Die Zahl der Patienten, die sich in der Klinik wegen Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen vorstellen, nimmt zu", sagt Kuhn. Dabei geht es um die Frage, ob Motorik und Sprache, aber auch die geistige oder sozial-emotionale Entwicklung altersgerecht sind. Teilweise beruhen diese Probleme auf neurologischen Erkrankungen. Kuhn betont, dass aber nicht jede Verhaltensauffälligkeit organische Ursachen habe. Der Diagnostiker müsse daher auch das Umfeld des Kindes im Blick haben. Besondere Ereignisse in der Familie wie Scheidung, schwere Erkrankung oder Tod eines nahen Angehörigen könnten Gründe sein: &bdquo;Die Kinder sind es, die zum Beispiel bei familiären Problemen meist als erste die Fahne hoch halten – indem sie ein Symptom zeigen", erläutert der Mediziner.

Interdisziplinäres Frühförderzentrum Eng mit der Klinik verbunden, aber eigenständig ist das IFF in der Röntgenstraße, dessen Ärztlicher Leiter Florian Kuhn ist. Von der Geburt bis zum Schuleintritt werden entwicklungsverzögerte Kinder dort ambulant abgeklärt und therapiert, darunter auch behinderte und mehrfach behinderte Kinder, Patienten mit Seh- oder Hörschädigungen oder ehemalige Frühgeborene. Manche Kinder benötigen neben heilpädagogischen Maßnahmen zusätzlich medizinisch-therapeutische Behandlung, diese interdisziplinäre Betreuung leistet die von Klinikum und DRK gegründete Tochtergesellschaft in einem großen Team.

Sozialpädiatrisches Zentrum Von den neu geschaffenen Strukturen in Lippe und dem Austausch zwischen den Disziplinen ist Chefarzt Kuhn angetan. Nur ein Sozialpädiatrisches Zentrum fehle in ganz Lippe, dabei sei eine wohnortnahe Versorgung für diese Patienten wichtig. Gerade für die Eltern von behinderten oder entwicklungsgestörten Kindern und Jugendlichen und Familien mit einem sozial schwachen Hintergrund seien die weiten Wege eine große Belastung. Und der Bedarf wachse.

Ein Kölner in Lippe Seit dem 1. März ist Florian Daniel Kuhn Chefarzt für Neuropädiatrie am Standort Detmold. Der 48-jährige gebürtige Kölner ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit den Schwerpunktbezeichnungen Neuropädiatrie und Neonatologie. Studienaufenthalte verbrachte er unter anderem an der Harvard Medical School und dem Kinderspital der Universitätsklinik Zürich.

Seine Aus- und Weiterbildung an den Universitätskliniken Hannover, Köln und Gießen schloss der Mediziner auch mit den Zertifikaten EEG und Epilepsie ab. Er ist langjähriger Weiterbilder in Kinderneurologie, Epileptologie und EEG.

Kuhn war als Oberarzt im Sozialpädiatrischen Zentrum in Bonn tätig und verantwortete seit 2015 Fachabteilungen für Neuropädiatrie und Sozialpädiatrie, zuletzt in Darmstadt und Leverkusen. Kuhn wohnt mit seiner Partnerin in Lippe und hat selbst einen Sohn im Erwachsenenalter.

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