Labor Krone in Salzuflen begibt sich auf die Spur des mutierten Virus

Bad Salzuflen. Die Hoffnung ist der Impfstoff, denn die Verbreitung des Coronavirus lässt sich allenfalls verlangsamen. Mittlerweile weiß die Wissenschaft mehr über das Virus – und nicht alles macht Mut. So ist eine Variante nachgewiesen worden, die noch ansteckender sein soll. Professor Carsten Tiemann, Leiter des Labors Krone in Bad Salzuflen, koordiniert eine Studie und lässt Proben auswerten. Ziel ist nachzuweisen, ob die britische Variante des Virus, B.1.1.7 genannt, hier angekommen und wie verbreitet sie ist.

Täglich werden im Labor Krone 8000 Abstriche in Bezug auf das Coronavirus ausgewertet, dazu kommen noch alle anderen Tests, die von Ärzten und Kliniken in Auftrag gegeben werden. Die Pandemie ist mit Wachstum verbunden, mit steigender Probenzahl sei das Labor in Bad Salzuflen vor allem personell, aber auch technisch erweitert worden, sagt Tiemann. Die Arbeitszeiten seien auf das Wochenende und Feiertage ausgeweitet und bis in die späten Nachtstunden, das gelte für alle Bereiche, &bdquo;angefangen vom Fahrdienst, über das Callcenter, die Datenerfassung bis hin zu den Laborbereichen."

Die Testauswertung auf B.1.1.7 übernimmt Tiemann auf eigene Kosten. Hintergrund ist die Gütersloh-Studie, die vom Land NRW nach dem Massen-Ausbruch im Tönnies-Schlachthof im Juni 2020 in Auftrag gegeben wurde. Tiemann leitet das Forschungskonsortium, beteiligt sind Wissenschaftler und Experten der Universitätskliniken Bonn und Düsseldorf. 2000 Positiv-Proben, die das Labor Krone archiviert hat, sollten genauer untersucht werden. Nach sechs Monaten ist das abgeschlossen. Das Robert-Koch-Institut lässt sich sich derzeit jede Woche von bundesweit zehn Laboren, darunter auch Krone, Corona-Viren von jeweils fünf Personen schicken, um sie selbst zu typisieren und auf Auffälligkeiten zu untersuchen. &bdquo;Aber 50 Proben bei 1,2 Millionen Tests pro Woche sind nicht viel", sagt Professor Tiemann.

Notwendigkeit zeichnet sich ab Dass er jetzt auf eigene Rechnung mehr macht, hunderte Proben auswerten will, hat mit der Entwicklung zu tun. &bdquo;Im Rahmen der Gütersloh-Studie, die durch das Land finanziert wurde, haben wir die technischen Voraussetzungen geschaffen, um einen ersten regionalen Eindruck zu erhalten. Wir beginnen mit regionalen Proben, um schnell reagieren zu können." Die Notwendigkeit zeichne sich heute schon ab, denn die Ergebnisse britischer Forscher deuten darauf hin, dass B.1.1.7 sich wesentlich schneller ausbreiten könnte. Die Virenmenge der positiv auf B.1.1.7 Getesteten soll größer sein, was die Wahrscheinlichkeit von Massenausbrüchen erhöht. Die Krankheitsverläufe sollen nicht schwerer sein, derzeit laufen Versuche, ob der Impfstoff von Biontech/Pfizer auch gegen die Variante wirksam ist.

Und B.1.1.7 könnte längst grassieren. &bdquo;Wie jedes andere Labor ermitteln wir nur, ob die Proben positiv oder negativ sind", sagt Tiemann. Das Verfahren sei zwar darauf ausgelegt, sämtliche Varianten des Corona-Virus nachzuweisen. &bdquo;Jemand mit der britischen Mutation bekommt aber auch nur einen positiven Befund – ohne dass wir wissen, welche Variante vorliegt." Weil das aber großen Einfluss auf die Maßnahmen hat, sei es sinnvoll, in Deutschland umfangreicher zu typisieren. Letztlich müssten solche Daten zusammengeführt werden. &bdquo;Daraus gewinnt man neue Erkenntnisse – man muss eben genauer hinsehen." Für die Forschung sei es sinnvoll, solche Daten ausgewählter Referenzlabore zu sammeln. Das werde gerade vorbereitet. &bdquo;Unser Gütersloh-Projekt ist eine gute Blaupause für solch eine Vorgehensweise", sagt Tiemann.

Die zusätzliche Auswertung kostet auch mehr. Es hänge von der Probenzahl ab, je mehr, desto günstiger werde es. Anfangs lägen die Kosten grob geschätzt zwischen 100 und 150 Euro pro Untersuchung, das Ergebnis sei auch nicht so schnell verfügbar. Eine Woche, im beschleunigten Verfahren drei Tage brauche es, bis die Typisierung abgeschlossen ist. Für die Masse der jetzt anfallenden Abstriche sei das nicht praktikabel. &bdquo;Es fehlt an Geld und Zeit, die einfachen Testergebnisse sind in der Regel innerhalb von 24 Stunden abrufbar."

Es müssten nicht alle, aber mehr untersucht werden, um überhaupt Auffälligkeiten und Hinweise auf Varianten zu finden, ist der Molekularbiologe überzeugt. Eine Einzelprobe, zum Beispiel eines Reiserückkehrers aus einem Risikogebiet, könne genau so wichtig sein wie eine Untersuchung einer größeren Personenzahl bei einem Ausbruchsgeschehen. Für die Gesundheitsämter seien die Informationen wichtig, denn sie könnten so erkennen, wer unter Umständen ansteckender ist. Auf die Krankenhäuser kämen größere Belastungen zu. &bdquo;In Pflegeheimen etwa müssten drastischere Maßnahmen ergriffen werden, wenn die britische Variante nachgewiesen wird. Die Gesundheitsämter müssen deshalb in so ein Projekt eingebunden werden, das tun wir auch schon aktiv."

Labor mit breitem Spektrum Das Medizinische Versorgungszentrum Labor Krone besteht seit 1947. Seit 1955 fungiert es als Medizinal-Untersuchungsamt für den Regierungsbezirk Detmold. Krone ist spezialisiert auf Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Transfusions-, Reise- und Verkehrsmedizin sowie Zytologie. Arztpraxen, Kliniken und Gesundheitsämter im weiten Umkreis nehmen die Dienstleistungen des Labors in Anspruch.

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