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Kreis Lippe
Der Ursprung der Lippischen Rose liegt in der Ritterkultur
| von Yvonne Glandien

"Lippe bleibt rosig!" heißt es auf etlichen Plakaten, die im Detmolder Stadtgebiet hängen - wie hier an einer Litfaßsäule gegenüber der Tourist-Information. - © Yvonne Glandien
"Lippe bleibt rosig!" heißt es auf etlichen Plakaten, die im Detmolder Stadtgebiet hängen - wie hier an einer Litfaßsäule gegenüber der Tourist-Information. (© Yvonne Glandien)

Kreis Lippe. Fünf rote Blätter soll sie haben und ganz wichtig: die senkrechte Achse verläuft nach unten, wo sie zwei Blätter trennt.

Die Lippische Rose ist Wappensymbol und Wahrzeichen der Region. Aktuelle Diskussionen um ihre Abwesenheit im neuen Logo der Kreisverwaltung zeigen: Auch heute löst die Rose hochemotionale Reaktionen aus.

Der älteste Designer

Nein, die Lippische Rose ist nicht einfach so vom Himmel gefallen. Der Detmolder Historiker und Publizist Roland Linde erklärt: „Der Ursprung liegt in den Adelswappen der hochmittelalterlichen Ritterkultur." Im 12. Jahrhundert wurden Schilder verziert, um im Kampf und auf Turnieren eindeutig anzuzeigen, welcher Adelsherr sich hinter der Rüstung verbarg. Für diese Wappen, die durch den Herold mitgestaltet wurden, gab es ganz genaue Regeln, etwa für Farbgebung und die verwendeten Tinkturen. „Der Herold war damit eine frühe Form des Grafikdesigners", sagt Linde. Zur selben Zeit gingen die Adeligen dazu über, Familiennamen anzunehmen und diese an ihrem Stammsitz festzumachen. Wappen und Name wurden so vom Vater zum Sohn vererbt.

Ein historisches Wappen mit der lippischen Rose in der Mitte ist am "Apollo"-Gebäude in der Langen Straße 38 zu sehen. - © Yvonne Glandien
Ein historisches Wappen mit der lippischen Rose in der Mitte ist am "Apollo"-Gebäude in der Langen Straße 38 zu sehen. (© Yvonne Glandien)

Die Lippische Rose lasse sich seit dem frühen 13. Jahrhundert als Wappen der Edelherren zur Lippe nachweisen. In einem Siegel von 1208 ist sie zu finden, davor gibt es aber bereits kleine Prägungen auf Münzen aus Lemgo und Lippstadt aus der Zeit um 1190. Zu Beginn allerdings noch in einem etwas anderen Look. „Die fünf Blätter hatte sie immer", sagt Roland Linde. Jedoch: „In ersten Darstellungen waren die Blätter zunächst gelb und der Butzen, das Blütenzentrum, rot eingefärbt." Auch die Ausrichtung der Blätter habe variiert, so dass zunächst zwei Blätter oben und eines unten standen.

„So, wie wir sie heute kennen, mit den goldenen Kelchblättern zwischen den Blütenblättern, ist sie erst nach 1600 definiert." Und deutlich später gab es noch einmal einen Einschnitt: Im Wappen des Landes NRW stand die Lippische Rose knapp 60 Jahre auf dem Kopf. 2007 ist dieser „Fehler" behoben worden, die Rose ist nun allerdings stark stilisiert – mit grünem Butzen und grünen Kelchblättern.

Die Rose und die Jungfrau

Wo genau die Lippische Rose zum ersten Mal Verwendung fand, ist bis heute nicht geklärt. Naheliegend sei, dass Bernhard der II. das Symbol für sich wählte. „Die Rose gilt in der Heraldik als ein Mariensymbol, also ein Zeichen der Jungfrau Maria", sagt Roland Linde. Bernhard II., der Ende des 12. Jahrhunderts die Städte Lippstadt und Lemgo gründete, habe Maria sehr verehrt. So hat er etwa das Kloster Marienfeld im Kreis Gütersloh mitbegründet.

„Er beteiligte sich im hohen Alter als Angehöriger des Zisterzienserordens an Kreuzzügen im heutigen Estland. Die vermutlich von ihm gegründete Stadt Fellin, heute Viljandi, führt die Lippische Rose im Wappen, ebenso wie zur Gründungszeit bereits Lippstadt und Lemgo." Die religiöse Bedeutung der Rose sei schließlich verloren gegangen. „Sie wurde immer mehr zum Symbol für das Land Lippe", sagt Linde.

Roland Linde, Historiker und Publizist. - © Archivfoto: Alina Hetland
Roland Linde, Historiker und Publizist. (© Archivfoto: Alina Hetland)

Vom Adel zum Bürgertum

Nach 1600 setzte sich die Lippische Rose auch in der breiten Bevölkerung durch. „Sie wurde im ganzen Land verwendet und auch in den Wappen der lippischen Städte aufgenommen", sagt Linde. Etwa der Name Blomberg sei zurückzuführen auf Blomenberg, die Blumenburg, „was sich höchstwahrscheinlich auf die Rose bezieht." Aber nicht nur auf den Wappen, auch im privaten Umfeld der Bürger hielt das Wahrzeichen mehr und mehr Einzug.

Häuser, Torbögen, „die Menschen wollten zeigen, ,Wir sind Einwohner des Fürstentums‘ und sich damit auch von den umliegenden Regionen abgrenzen", sagt der Historiker. Im zweiten Schritt brachte sie den Bürgern auch ein Selbstbewusstsein. „Die Rose wurde zum Identifikationszeichen und stand für Anteilnahme an der Herrschaft, dafür, dass die Bürger die Geschicke des Landes mitbestimmen konnten."

Das offizielle Wappen des Fürstenhauses Lippe wurde derweil immer komplexer, was nicht zuletzt daran liegt, dass weitere Territorien wie Schwalenberg und Sternberg dazukamen, repräsentiert durch Schwalbe und Stern. „Nach der Novemberrevolution 1918 und der Abdankung des letzten Fürsten Leopold IV. beauftragte das Landespräsidium des nun mehr geschaffenen Freistaates Lippe den Berliner Heraldiker Oskar Roick mit der Neugestaltung des Landeswappens", sagt Roland Linde.

Doch von Roicks Vorschlägen wurde keiner umgesetzt – weshalb man sich dagegen entschied, ist nicht überliefert. Mit dem Erlass vom 30. Juli 1921 gilt die „mit Gold besamte und bespitzte lippische Rose ohne weitere Zusätze" als offizielles Landeswappen. Seit 1948 fand sie Einzug in das Wappen des Landes NRW. Als Wappen des neugebildeten Kreises Lippe ist die lippische Rose am 17. Juli 1973 auf Antrag des Kreistages vom Regierungspräsidenten genehmigt worden.

Ein Zeichen für die breite Masse

„Wenn ich die heutigen Diskussionen lese, habe ich ein Déjà-vu", sagt Dr. Thomas Wolf. Der promovierte Jurist ist Erster Stadtrat in Barsinghausen, bis vor einigen Jahren hat er aber noch in Lippe gelebt – und hier als Pressesprecher beim Kreis 2001 das erste eigenständige Logo der Verwaltung mitverantwortet. Ein Logo, das in Öffentlichkeit und Politik damals gerne als „Klatschmohn" betitelt wurde. „Ich habe die Aufregung nie verstehen können", sagt Wolf.

Seiner Ansicht nach gebe es „die eine Rose" sowieso nicht. „Die alte, die neue, die vom Landesverband, die im NRW-Wappen – sie sind doch alle etwas unterschiedlich", sagt Wolf. Die sich wiederholenden Diskussionen zeigten allerdings, was für ein hochemotionales Identifikationsmerkmal das Wappen in Lippe darstelle. „Welche Region hat das schon?" Ähnlich sieht das auch Roland Linde: „Es ist doch spannend zu sehen, was für ein regionales Selbstbewusstsein hier herrscht."

Uneins sind sich die beiden jedoch in einem Punkt: Während Dr. Wolf das neue Logo der Kreisverwaltung durchaus für gelungen hält – „es hat mit der Rose nichts zu tun, es geht um die Kommunen und den Kreis" -, ist der Historiker überzeugt, man sei besser beraten, dass „prägnante und vorhandene Logo mit seiner langen Geschichte in Form der lippischen Rose beizubehalten."„Man sieht, dass sich diese modernen Designs offenbar überholen. Will man alle 20 Jahre etwas Neues einführen?", fragt Linde.

Und auch Historikerin Dr. Imke Tappe-Pollmann vom Lippischen Landesmuseum pflichtet bei: „Die Lipper identifizieren sich schon stark mit der Rose." Wo man auch hinschaue, überall sei sie zu sehen, „auch auf etlichen Exponaten bei uns im Museum." Sie sei eben ein Wahrzeichen. „Auch heute werben ganz viele mit ihr, wieso nicht auch der Kreis?" So könne eine Verbindung hergestellt, ein Bogen von der Geschichte der Region zur Gegenwart gespannt werden. Am Ende sei es dann aber wohl schlicht eine Frage des Geschmacks. Schließlich wird die Rose „niemandem weggenommen", sagt Dr. Wolf.

Rose als Leuchtfeuer

Sechsmal ist sie auf Plakaten, an Fassaden und Fenstern alleine im oberen Teil der Langen Straße in Detmold zu sehen. Die Lippische Rose ist offenkundig nach wie vor ein beliebtes Motiv. Und das nicht nur im Werbedesign, sie landet als Körperkunst auch unter der Haut.

„Als Einzelmotiv oder auch in einem anderen Motiv eingearbeitet kommt sie ziemlich häufig vor", sagt Sascha Sandrock vom Tattoostudio Sonic Soul in Detmold. Etwa im Zusammenspiel mit Externsteinen und Hermann. Aber auch eher untypische Motive würden häufiger angefragt. „Ein Leuchtturm mit Lippischer Rose oben als Leuchtfeuer", sei etwa ein solcher Wunsch.


An der Südfassade des Detmolder Rathauses ist die lippische Rose in einer Fensterfront eingelassen. - © Yvonne Glandien
An der Südfassade des Detmolder Rathauses ist die lippische Rose in einer Fensterfront eingelassen. (© Yvonne Glandien)

"Kein Grund zur Panik"

Ein Kommentar von Yvonne Glandien

Kann ein modernes Design gegen 800 Jahre Geschichte gewinnen? Nein, mit Sicherheit nicht. Aber das muss es auch gar nicht. Das neue „Strahlen"-Logo der Kreisverwaltung ist genau das, was es sein soll: Ein Corporate Design. Zugegeben, die Geschichte des Wahrzeichens zeigt, weshalb das Thema offenbar so emotional ist. Die Sache hat nur einen Haken: Vor einem knappen halben Jahrtausend war die Rose ein Zeichen der politischen Partizipation, das Bürgern das Gefühl von Mündigkeit gegeben hat. Das ist heute nicht mehr nötig. Ehrenamtliche Arbeit, Denkmalpflege, Engagement in der Lokalpolitik – so kann man sich als wahrer Lipper beweisen und die Reaktionen zeigen ja, Lokalpatriotismus ist hier vorhanden.

Wie viele Berührungspunkte hat denn Otto Normalverbraucher mit dem Logo? Ich zumindest lege wenig Wert darauf, ob mich bei einem Schreiben der Verwaltung eine Rose oder gelborange Strahlen anlächeln. Und da, wo sie zählt, bleibt sie ja. Die Lippische Rose ist omnipräsent, daran wird sich nichts ändern. Ob Torbogen oder Tattoo, das alles bleibt. Kein Grund zur Panik also: Lippe bleibt rosig.


Das neue Logo der Kreisverwaltung (rechts) sorgt für reichlich Diskussionsstoff. Es löst damit das Logo ab, das 2001 unter dem damaligen Landrat Friedel Heuwinkel (CDU) eingeführt wurde (Mitte). Die abgewandelte lippische Rose sollte damals zu einer einheitlichen Außendarstellung des Kreises durch Einrichtungen und Unternehmen beitragen. - © Kreis Lippe/Montage: LZ
Das neue Logo der Kreisverwaltung (rechts) sorgt für reichlich Diskussionsstoff. Es löst damit das Logo ab, das 2001 unter dem damaligen Landrat Friedel Heuwinkel (CDU) eingeführt wurde (Mitte). Die abgewandelte lippische Rose sollte damals zu einer einheitlichen Außendarstellung des Kreises durch Einrichtungen und Unternehmen beitragen. (© Kreis Lippe/Montage: LZ)

Glosse: "Der Journalistenpreis bleibt ein Traum"

Von Martin Hostert

Die LZ geht nach Plagiats-Vermutungen auf Spurensuche. Küchenexperten und Fernsehsender bleiben (leider) entspannt.

Ein neues Logo – dem einen gefällt es, dem anderen nicht. Aber was, wenn das Logo sooo neu gar nicht ist? Gleich zwei Leser haben sich an die LZ gewandt: Aha, Lippe wirbt jetzt für „sonnenklar.TV", argwöhnte der eine. Nein, für die weltberühmte Gemeinschaft der Küchenspezialisten – ausgerechnet mit dem Namen „Der Kreis" – der andere. Fernsehsender wie Küchenexperten nutzten doch dieses Logo schon, schreiben sie. Plagiatsvorwürfe? Immer ein spannendes Thema, denkt sich die LZ. Und siehe da, und zumindest das Logo des Senders „sonnenklar.TV" ist in der Tat ziemlich ähnlich. Skandal! Story!

Aber dann: „Offenbar finden sich unter Ihren Lesern viele Fans und Zuschauer von ,sonnenklar.TV‘. Probleme sehen wir in der Ähnlichkeit nicht", heißt es aus München. Und die Küchenleute? Sorgen die wenigstens für einen Skandal? Pustekuchen: „Vielleicht haben sich die Verantwortlichen ja von unserem Logo inspirieren lassen. Wir halten die Ähnlichkeiten für minimal", schreiben sie. Und futsch ist die Geschichte, von dannen der Grimme-Preis.

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