Detmold. Bei der Föderalismusfrage waren sie sich alle einig: Deutschland hat dadurch viele Vorteile, nur der Rahmen muss stimmen. Ansonsten waren die lippischen Direktkandidaten bei der Wahlarena der Wirtschaftsjunioren selten einer Meinung. Zwei Stunden lang stellten sich Kerstin Vieregge (CDU), Christian Sauter (FDP), Robin Wagener (Grüne) und Walter Brinkmann (Dei Linke) den Fragen von Moderator Thorsten Wagner-Conert und den anwesenden Wirtschaftsexperten. Für Jürgen Berghahn (SPD), der aufgrund einer Düsseldorfer Plenumssitzung verhindert war, sprang kurzerhand Dr. Ulrich Kros aus dem Wahlkreis Lippe II bei der Veranstaltung ein. AfD-Mann Udo Hemmelgarn sagte aus Krankheitsgründen ab. Es ging unter anderem um Entbürokratisierung, den Nahverkehr, Coronaregeln - und natürlich die deutsche Wirtschaft. Zum Einstieg wollte Wagner-Conert von den Diskutanten wissen, wie sie beabsichtigen, die vielen Hürden der Bürokratie für Unternehmen aus dem Weg zu räumen. "In unserem Programm steht, dass - wenn wir ein Gesetz einführen - zwei alte raus müssen", teilte Kerstin Vieregge mit. Zudem sei die Unternehmensnummer eingeführt worden, damit Firmen beim Datenaustausch mit Partnern oder öffentlichen Stellen nicht jede Information zu ihrem Geschäft doppelt und dreifach übermitteln müssen. "Wir brauchen den Handwerksmeister auf der Baustelle und nicht am Schreibtisch", sagte Vieregge. Für Walter Brinkmann gehe es vor allem darum, die Rahmenbedingungen zu verbessern. "Was wir machen wollen, ist eine Vermögenssteuer-Abgabe. Und wir wollen an die Erbschaftssteuer von riesigen Vermögen, auch zum Abfedern der Corona-Verluste." Bürokratie-Abbau am grünen Tisch zu entscheiden, sei Unfug. Bürokratie minimieren Unfug sei es auch, angesichts der Pandemie die Globalisierung an sich in Frage zu stellen, sagt Dr. Ulrich Kros. Allein bei Medizinprodukten und Impfstoffen könne die Lehre aus der Krise nur die sein, dass Deutschland vor Ort wieder vorbauen muss. "Wir müssen Vorsorgen treffen, wieder mehr einlagern und unbürokratischer werden." Für Brinkmann braucht es internationale Regeln, die von allen Ländern gleichermaßen berücksichtigt werden. "Grundsätzlich bin ich auch dafür, dass Patente aufgegeben werden, damit Produkte in Notlagen auch in anderen Ländern hergestellt werden dürfen. Ob die Grünen die Wirtschaft überhaupt schneller machen wollen, fragte der Moderator daraufhin Robin Wagener. "Der Plan ist nicht, dass alles mit Bollerwagen transportiert wird. Wir müssen mehr auf's Wasser und auf die Schiene bringen." Nicht zufrieden sei er damit gewesen, wie die Politik während der Coronakrise mit Kindern und Jugendlichen umgegangen ist: "Diese Zielgruppe steht nicht im Fokus unserer Landesregierung. Nach jeden Ferien sollte an den Schulen alles immer wieder super sein. Es war ein bisschen Realitätsverweigerung." Armin Laschet habe mal gesagt, er regiere NRW so, wie er auch den Bund regieren würde. "Das halte ich für sehr problematisch", sagte Wagener. Der Grund dafür, dass viele Coronaregeln nach kurzer Zeit schon wieder überholt seien, liegt für Vieregge auf der Hand. Nach wie vor wisse niemand, in welche Richtung sich das Virus und die Pandemie entwickelt. "Wir können nicht sagen: 'Jawoll, das Oktoberfest ist eröffnet.' Es ist noch nicht vorbei." Vieregge kenne kein anderes Land, das so viele wirtschaftliche Hilfen an den Markt gebracht hat, wie Deutschland. Versäumnisse räumte sie hinsichtlich der finanziellen Förderung für Unternehmer ein: "Wenn wir es Novemberhilfen nennen, kann es nicht erst im Februar zur Auszahlung kommen. Da sind wir dann wieder bei der Bürokratie." Wie auch CDU/CSU hält Christian Sauter derzeit nichts von Steuererhöhungen. "Das bremst die Entwicklung in der Wirtschaft, anstatt sie zu fördern." Ein Mix an Mobilität In Sachen Nahverkehr sieht Sauter das Auto in Lippe nach wie vor ganz vorn. Doch: "E-Mobilität allein ist nicht das Mittel. Auch einen Diesel mit regenerativen Kraftstoffen kann ich CO2-neutral betreiben. Angehen wolle die FDP auch die Vernetzung vom öffentlichen Personennahverkehr. "Grundvoraussetzung für die Mobilitätswende wird sein, dass Scheuer nicht mehr Verkehrsminister ist, sagte derweil Dr. Ulrich Kros. Es brauche einen Mix an Verkehrsmöglichkeiten im ländlichen Raum. "Sobald Olaf Scholz Kanzler wird, werden wir einen Mobilitätsplan 2030 stehen haben. Sonst wird auch die Energiewende nicht gelingen. Wir müssen die Autoindustrie dahinbringen, dass sie uns ein e-Auto für den Preis eines Verbrenners anbietet." Für Vieregge sei indes die geplante ICE-Trasse dringend notwendig, "wenn wir mehr Leute auf der Schiene haben wollen. Wir müssen das im breiten Bürgerdialog durchgehen. Wagener hielt dagegen: "Ein offenes Planungsverfahren wird nicht gehen, wenn man 31 Minuten für die Strecke Hamm-Bielefeld ansetzt." Die Bahn dürfe nicht offen planen, weil das CSU-geführte Verkehrsministerium ebendiese Vorgaben macht. "Was es braucht, sind verkürzte Umsteigezeigen, nicht eine sieben Meter hohe Trasse, die durch Schötmar führt."