Kreis Lippe. Alexandra Steeger kennt Lippe und die Menschen, die die Region (noch) nicht als ihre Heimat sehen. Die Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums (KI), die seit 33 Jahren beim Kreis Lippe angestellt ist, trägt ab sofort auch den Titel Integrationsbeauftragte. Für sie ist Integration etwas, das immer mitgedacht werden muss.
Ein Weg durch den Behördendschungel
2012 wurde das KI gegründet. Die Hauptaufgabe: Die Akteure der Integrationsarbeit zu unterstützen. „Das können Lehrkräfte, Erzieher, Verwaltungsmitarbeiter, die Wirtschaft oder Vereine sein", zählt Steeger auf. Eben alle, die mit dem Thema Zuwanderung zu tun haben. Als Unterstützung werden beispielsweise Seminare oder Projekte angeboten. Die Integrationsbeauftragte und ihre Kollegen koordinieren die Angebote, führen Gespräche mit Zugezogenen und stehen beratend zur Seite.„Schon für uns ist es schwierig, sich im Behördendschungel zurechtzufinden", sagt sie. „Wie soll das jemand schaffen, der neu in diesem Land ist?" Aufgabe sei es, die Zugezogenen an die Hand zu nehmen, bei der Wohnungs- und Jobsuche zu begleiten. Auch der Zugang zu Lernangeboten wie Sprachkursen werde vermittelt. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob jemand auf dem Land in Kalletal oder in der Stadt in Detmold ankommt – jeder müsse die gleiche Chance bekommen.
In Lage, Horn und Detmold seien zuletzt afghanische Ortskräfte angekommen – wohl schon vor der Evakuierung. Das KI bereite sich wegen des Abzugs der US-amerikanischen Truppen auf mehr Einwanderungen vor, doch „die aktuellen Zahlen deuten nicht darauf hin, dass uns jetzt eine Flüchtlingswelle erreicht", sagt Alexandra Steeger. Ein Blick auf das weltpolitische Geschehen müsse man als Integrationsbeauftragte jedenfalls haben. Und dafür sorgen, dass die Mitarbeiter über Land und Leute bescheid wissen, die da kommen. So habe sie kurzerhand den Vorsitzenden des Afghanischen Kulturvereins in Lippe gebeten, einen Vortrag für die Mitarbeiter zu halten. Über Kultur, Landschaft, Religion und Glaubensgemeinschaften in dem Land. „Afghanistan hat so viel mehr zu bieten als Terror", stellt die Integrationsbeauftragte fest.
Integration beginnt in der Schule
Sie erinnert sich an eine Familie aus Afghanistan, die erst vergangene Woche bei ihr im Büro saß. „Die Kinder haben mehrere Sprachen gesprochen. Man glaubt kaum, wie aufgeweckt und lernwillig die sind. Das ist faszinierend", sagt Steeger. Apropos Lernen: Im KI in Detmold gibt es eine eigens für Lehrkräfte eingerichtete Bücherei. In den großen Regalen sind zweisprachige Bücher für Kinder mit Migrationsgeschichte zu finden, die von den Lehrern ausgeliehen werden können. Schließlich ist nicht jede Schule mit zweisprachigem Lernmaterial (neben gängigen Sprachfächern wie Englisch oder Französisch) ausgestattet. Einige der Kinder müssen von Grund auf das Alphabet neu lernen, weil es in ihrem Heimatland beispielsweise nur arabische Buchstaben gibt, erklärt die Integrationsbeauftragte. Wird Übersetzungshilfe bei Elterngesprächen benötigt, stellt das KI auch kostenlos einen Sprachmittler zur Seite. „Wir haben einen Pool von 100 Übersetzern", sagt Steeger.
Während der Pandemie seien die auch vom Gesundheitsamt angefragt worden, um ausländische Familien über das Coronavirus aufzuklären. „Den mobilen Teams haben wir Päckchen mit Lesematerial und Spielen für die Kinder mitgegeben", erinnert sie sich. Denn viele der Zugewanderten seien ohne Tablet, Laptop & Co. noch mehr vom gesellschaftlichen und schulischen Leben abgehängt gewesen. Jetzt, wo die Normalität zurückkehre, sei einiges aufzuholen. Natürlich stünde die Digitalisierung an Schulen aktuell im Vordergrund. Doch auch das Thema Integration dürfe nicht vernachlässigt werden. Eine Botschaft ist der neuen Integrationsbeauftragten ganz wichtig: „Bei allen Herausforderungen ist die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland eine Bereicherung für unsere Region."
Wer Geflüchtete unterstützen möchte, meldet sich beim Ehrenamtsbüro des Kreises unter (05231) 62-5000 oder in der eigenen Kommune. Beim KI werden zudem Sprachmittler – besonders Bulgaren – gesucht.
Zufluchtsorte
Insgesamt leben aktuell 8290 geflüchtete Menschen im Kreis Lippe. Die meisten davon (2057) in Detmold, dicht gefolgt von Bad Salzuflen (2057), die wenigsten Flüchtlinge (6) in Schlangen. Das zeigen die aktuellen Zahlen aus der Bevölkerungsstatistik des Kreises Lippe.