Wenn das Flimmern den Rhythmus stört

Kreis Lippe. "Mir geht es gut", sagt Friedrich-Wilhelm Althof, 61 Jahre, und lächelt. Doch das war nicht immer so. "Man merkt das Herz plötzlich ganz doll schlagen, ganz unregelmäßig. Überall im Körper spürt man den Pulsschlag." So beschreibt Althof sein Vorhofflimmern. Beim ersten Mal sei das schon beängstigend gewesen, sagt er. Doch er wusste, wohin.

Althof - schlank, groß gewachsen, sympathisches Lächeln - ist Patient von Dr. Johannes Brockmeier, Leitender Arzt der Abteilung Rhythmologie am Klinikum Lippe. Im Dezember 2020 traten die Beschwerden erstmals auf, dieses unregelmäßige, starke Herzschlagen, erzählt er. Und das war einfach da. Nicht dauernd, aber immer wieder. Beim ersten Auftreten fuhr er sofort in die Notaufnahme. "Doch vor der Tür angekommen waren die Rhythmusstörungen plötzlich weg", erinnert er sich. Beim zweiten Mal besuchte er umgehend seinen Hausarzt, doch wieder: Kaum angekommen waren die Beschwerden verflogen. "Erst beim vierten Mal hat es dann geklappt", so der 61-Jährige, und der Arzt konnte eine erste Diagnose stellen: Vorhofflimmern.

Bewusst für OP entschieden Anfangs seien die Symptome selten aufgetaucht, dann immer häufiger, so Althof. Etwa zehn bis zwanzig Prozent weniger Pumpkraft habe das Herz im akuten Fall, weiß Dr. Brockmeier. Althof nahm zur Behandlung anfangs Medikamente. Zum einen Betablocker, die laut des Arztes den Puls im Vorhof verlangsamen, damit das Flimmern nicht so schnell auf die Herzkammern übertragen wird, zum anderen Blutverdünner, um das Risiko für Blutgerinsel und damit auch einen Schlaganfall zu minimieren. Doch seine Leistungsfähigkeit war durch das Vorhofflimmern reduziert und auch ein Leben lang Medikamente nehmen, das kam für Althof, seit 39 Jahren passionierter Läufer, nicht in Frage. Deshalb entschied er sich Mitte dieses Jahres für eine Ablation. "Zwei Stunden nach der OP ging es mir schon wieder gut", erklärt er lächelnd.

Drei Tage war er im Krankenhaus, im Vorfeld wurden ein Schluckultraschall über die Speiseröhre sowie eine Computertomographie durchgeführt, die OP an sich habe etwas mehr als eine Stunde gedauert. Während der OP wurde ein Katheder von der Leistengegend aus Richtung Herz geführt und hier in die linke Herzkammer. Wo hier die Lungenvenen einmünden, wurden diese Einmündungen mittels Kälte verödet, um das Vorhofflimmern zu unterbinden. Doch wie jede Operation ist auch diese nicht risikofrei. "Mit dem Katheter können Gefäße verletzt werden, auch Strukturen am Herz", erklärt Dr. Brockmeier. Doch das trete selten auf. Und für Friedrich-Wilhelm Althof spielten diese Risiken auch kaum eine Rolle, wie er sagt. Schließlich habe er auch keine Risikofaktoren gehabt wie Übergewicht oder Diabetes. "Ich bin kein ängstlicher Typ, habe abgewogen und mich dann bewusst entschieden."

Risiko für Schlaganfall steigt Jährlich hat das Klinikum etwa 600 bis 700 Patienten mit der Diagnose Vorhofflimmern, insgesamt werden rund 250 Ablationen durchgeführt. Bei Friedrich-Wilhelm Althof wurde die Erkrankung noch rechtzeitig erkannt und behandelt, doch was, wenn nicht? "Das Risiko für einen Schlaganfall steigt, für eine Herzschwäche und Herzklappenundichtigkeit", erklärt Dr . Johannes Brockmeier . Im Endeffekt verkürze es unbehandelt das Leben. Patienten raten Arzt und Patient, nicht in Panik zu verfallen. Rhythmusstörungen sollten ernst genommen werden, eine rasche Diagnose sei wichtig. Aber auch Menschen , die sich nicht operieren lassen wollen oder können, müssen nicht verzweifeln. Werden Frequenz und Blutgerinnung kontrolliert, bekomme man das Risiko in den Griff, so Brockmeier .

Beim Vorhofflimmern schlägt das Herz bzw. die Vorhöfe unregelmäßig schnell, es wird weniger Blut in den Körper gepumpt. Risikofaktoren für Vorhofflimmern sind laut Brockmeier Bluthochdruck, eine Schilddrüsenüberfunktion, Herzerkrankungen jeder Art, Übergewicht. Das Dokumentieren solcher Rhythmusstörungen ist nicht immer einfach, doch die moderne Technik hilft , weiß Brockmeier : Moderne Smartwatches können ein EKG ableiten, "es gibt mehr und mehr Patienten, die es so dokumentieren." Aber auch ein Langzeit-EKG kann bei der Diagnose helfen.

Heute benötigt Friedrich-Wilhelm Althof keine Medikamente mehr, ist wieder voll belastbar. Auch Marathon-Laufen kann er wieder. Wenn auch nur einem im Jahr statt zwei bis vier, wie er sagt - ein Kompromiss mit den Ärzten. Und den suche er sich sehr bewusst aus, weltweit. Sein letzter? "Der war in Patagonien, im Nationalpark Torres del Paine in Chile. Wunderschön", schwärmt er. Und als nächstes steht wahrscheinlich Hawaii an.

Ein Tag rund ums Flimmern Vorhofflimmern ist die häufigste Rhythmusstörung in der Kardiologie: Im Alter ist etwa jeder Fünfte betroffen – in Deutschland insgesamt rund zwei Millionen Menschen. Im Rahmen der diesjährigen Herzwochen der Deutschen Herzstiftung wird über Herzrhythmusstörungen allgemein und Vorhofflimmern im Besonderen informiert. Erstmals seit zwei Jahren findet die Veranstaltung am 23. November von 18 bis 19.30 Uhr im Haus der Technik der Firma Jowat, Ernst-Hilker-Straße 10, wieder in Präsenz statt. Geplant sind Vorträge von Dr.Johannes Brockmeier, Leitender Arzt der Abteilung Rhythmologie, Robin Windhausen als Vertreter der Deutschen Herzstiftung sowie Oberärztin Dr. Vanessa Rubesch-Kütemeyer. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht notwendig, es gelten die üblichen Corona-Schutzmaßnahmen. Weitere Infos: www.klinikum-lippe.de/veranstaltung/turbulenzen-im-herz-vorhofflimmern/

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