Heilen mit Homöopathie: Versetzt allein der Glaube Berge?

Lemgo. Das Thema polarisiert, niemanden lässt es völlig kalt. Welchen Wert hat alternative Medizin? Bloße Scharlatanerie oder gleichwertige Heilpraxis? Eine Podiumsdiskussion unter dem Titel &bdquo;Medizin vs. Homöopathie“ hat am Ende zu einer salomonischen Lösung geführt: Man sollte Naturheilverfahren und homöopathische Mittel ergänzend zu den Medikamenten der klassischen Schulmedizin einsetzen, um zum Beispiel Schmerzen zu bekämpfen und unerwünschte Nebenwirkungen einzuschränken.

Die Podiumsdiskussion fand aus Anlass der Sonderausstellung in Schloss Brake zum Thema &bdquo;Alchemie – Magie oder Naturwissenschaft?“ statt, die am Wochenende zu Ende ging. Es ging es um die Frage, ob alternative Medizin die Schulmedizin ersetzen kann. Bei schweren Krankheitsverläufen auf keinen Fall, darüber waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion weitestgehend einig. Wenn es etwa darum geht, Krebserkrankungen und Tumore zu bekämpfen, sehen Andreas Flöttmann als Vorstand der BKK Diakonie aus Bielefeld, Lungenchirurg Dr. Jan Groetzner und der Detmolder Apotheker Christian Schmidt die Grenzen der Homöopathie allerdings erreicht. Renate Schmidt-Krause brach als Fachärztin für Allgemeinmedizin und Homöopathie mit Privatpraxis in Leopoldstal (Horn-Bad Meinberg) dagegen eine Lanze für die alternative Medizin. Sie berichtete von einer homöopathisch ausgerichteten Klinik in der Schweiz, die sehr gute Ergebnisse in der Tumorbehandlung erziele und an die sie auch schon Krebspatienten verwiesen habe.

Wer heilt, hat recht Dr. Groetzner, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie am Klinikum Lippe, zeigte das größte Maß an Skepsis gegenüber der Wirksamkeit von Homöopathie. Er relativierte überlieferte Berichte von verblüffenden Heilungsverläufen mit dem Hinweis auf Plazebo-Effekte und psychische Faktoren: &bdquo;Der Glaube versetzt bekanntlich Berge.“ Es gebe leider durchaus Fälle, in denen der Verzicht auf &bdquo;ernste Medikamente“ zum Tod von Patienten geführt habe, sagte auch der Krankenkassenvertreter Flöttmann. Gegen die Pauschalierung wehrte sich Renate Schmidt-Krause: &bdquo;Auch unter der schulmedizinischen Behandlung sterben Patienten“,argumentierte sie und führte zahlreiche medizinische Studien an, die zum Schluss kämen, dass homöopathische und naturheilkundliche Verfahren erwiesenermaßen Heilungserfolge vorzuweisen haben. Und in der Medizin gelte: &bdquo;Wer heilt, hat recht.“

&bdquo;Ich setze durchaus auch Antibiotika ein, aber sehr selten“, erläuterte die Ärztin. Denn im Allgemeinen sei es empfehlenswert, damit vorsichtig und zurückhaltend umzugehen. In einer schmerzlindernden und Nebeneffekte abmildernden Therapie böten homöopathische Heilmittel große Chancen. Und wie wirkt Homöopathie denn nun eigentlich?, wollte Moderatorin Silke Buhrmester, stellvertretende Chefredakteurin der LZ, von Christian Schmidt wissen. Aber weder der Apotheker noch sonst jemand auf dem Podium konnte die Wirkweise erklären. Denn bis heute gibt es die nicht.

Ausnahmslos positive Erfahrungen Mehr als 60 Zuhörer waren ins Schloß Brake gekommen und verfolgten die Diskussion gespannt. Als Moderatorin Silke Buhrmester das Publikum zu Wort kommen ließ, war die Parteinahme eindeutig: Die Zuhörer berichteten ausnahmslos von positiven Erfahrungen mit alternativen Heilmitteln sogar in Fällen schwerer Krankheitsverläufe. Und die Moderatorin steuerte eine eigene Erfahrung bei: Die Mutter habe ihr und der Schwester stets &bdquo;Meditonsin“ verabreicht, wenn es im Hals gekratzt habe. Vermutlich habe sie in den 70er Jahren gar nicht gewusst, was Homöopathie ist, aber &bdquo;geschadet hat es uns offensichtlich nicht“, formulierte sie augenzwinkernd.

Krankenkassen-Vorstand Andreas Flöttmann beleuchtete den Disput aus finanzieller Sicht. Der Aufwand für homöopathische und naturheilkundliche Mittel mache nur etwa 10 Prozent der gesamten Arzneimittelkosten aus und werde zum Großteil privat finanziert. Deshalb sei er vehement dafür, diese Leistungen im Katalog der gesetzlichen Krankenkassen zu belassen und nicht, wie im Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach diskutiert wird, eventuell auszugliedern. Und Apotheker Schmidt bestätigte: Der Anteil homöopathischer Mittel am Apotheken-Umsatz sei, nicht zuletzt aufgrund der geringen Kosten, eher gering.

Kunsthistoriker Dr. Michael Bischoff, der die aktuelle Ausstellung im Weserrenaissance-Museum organisiert hat, wies auf eine historische Parallele hin. So gelte die Alchemie des Hochmittelalters und der frühen Neuzeit längst nicht mehr als &bdquo;Scharlatanerie“, sondern eher als frühe Wissenschaft. Der Arzt und Alchemist Parcelsus (1493 bis 1541) sei den in der &bdquo;Schulmedizin seiner Zeit“ verbreiteten falschen Annahmen mit alchemistischen Argumenten entgegengetreten. Zwar lag Paracelsus mit einigen konkreten Ansichten auch falsch, habe aber die wissenschaftliche Entwicklung in der Medizin nachhaltig befördert.

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