Lippes Schlachter sehen ihre Felle schwimmen

Kreis Lippe. Fleisch auf lippischen Tellern stammt selten aus Großschlachtereien. Denn noch arbeiten im Kreisgebiet 18 zugelassene handwerklich strukturierte Schlachtbetriebe ganz unterschiedlicher Größe.

Allerdings: Jetzt will der Kreis Lippe erstmals seit 2011 die Gebühren erhöhen. Ohne diese Erhöhung müsste Kämmerer Rainer Grabbe allein auf diesem Posten ein Defizit von mehr als 150.000 Euro pro Jahr einplanen, rechnet er vor. Das liege an den stark gestiegenen tariflichen Personal- und Sachkosten.

Die geplante Erhöhung träfe die Betriebe unterschiedlich stark. Aber für alle ist der Sprung erst mal gewaltig, wenn es so kommt, wie zunächst vorgeschlagen: Beispielsweise würde die Fleischbeschau bei der Rinderschlachtung pro Tier nicht mehr 18,21 Euro kosten, sondern 35,44 Euro, sich also fast verdoppeln. Die Gebühren hängen von der Menge der Tiere ab, je mehr getötet werden, desto billiger wird es.

Der Kreis Gütersloh, Zentrum der Großschlachterei, erhebt ganz andere Summen: Er will jetzt beispielsweise in der kleinsten Stückzahl statt 33,87 künftig 50,76 Euro kassieren. Die Gebühr liegt bei Schweinen jeweils niedriger, in Lippe stünde aber auch hier fast eine Verdoppelung auf 19,06 Euro in der kleinsten Mengenstaffel an.

Die Menge machts Der einzige Schlachtbetrieb für Landschafe und Ziegen soll demnächst bei kleinen Schlachtmengen statt knapp 8 Euro 12,33 Euro zahlen. Die Veterinäre bekommen bei der Beschau nie große Mengen zu sehen, wie Kreisveterinärin Ricarda Rottmann berichtet: &bdquo;Der Betrieb schlachtet 7000 Tiere im Jahr, aber täglich immer nur kleine Mengen.“

Das führt Schäfer Sascha Wagner auch in seiner Einwendung an den Kreis an: &bdquo;Mein Betrieb ist einer der letzten Schlachtereien, die überregional Landschaf-Rassen einkauft und vermarktet. Dieses hat eine immense Bedeutung für die Naturschutzarbeit im gesamten Nord- und mitteldeutschen Bereich. Bei der geplanten Gebührenerhöhung werde ich dieser Funktion nicht mehr nachkommen können, da sich der Gewinn des Betriebes nicht durch die geschlachteten Stückzahlen ermittelt, sondern durch den erzielten Gewinn je Kilogramm Fleisch.“

Denn der würde pro Kilo um 80 Cent schrumpfen, rechnet der Bundesverband Berufsschäfer in seiner Einwendung vor. &bdquo;Für einen kleinen bis mittelständigen Betrieb entstehen so Mehrkosten von über 25000 Euro“, schreibt er - ein Unding bei einer besonders nachhaltigen Fleischproduktion und gleichzeitig eine Förderung der Monopolisierung in Deutschland auf wenige Großschlachtereien, die andererseits auch gar keine Landschaf-Rassen mehr annähmen.

Innung protestiert Einwände haben auch die Fleischerinnung Paderborn und ein größerer lippischer Fleischereibetrieb geäußert: &bdquo;Es kann politisch nicht gewollt sein, dass ansässige Betriebe solche Nachteile erleiden und die Tiere möglicherweise in &bdquo;günstigere“ Landkreise gefahren werden, die kleineren Fleischereien seien in Gefahr, und regionale Vielfalt gehe verloren.

Das sieht auch der Fleischereibetrieb so: &bdquo;Wir stehen täglich im harten Wettbewerb mit großen Anbietern aus der Lebensmittelbranche. Beientsprechenden Schlachtzahlen und Zeitabrechnung fallen für uns nach der neuen Satzung Gebühren ab 2 Euro pro Schwein an. Wir könnendiese Erhöhung nicht an unsere Großabnehmer (Edeka, Rewe, Kaufland, Krankenhäuser, Altenheime und Kantinen) weiterleiten, da diese eine hartePreispolitik fahren. Dazu gehören auch Einrichtungen des Kreises“, schreibt der Schlachter. Statt zu erhöhen, sollten die Gebühren nach bayerischem Vorbild lieber gesenkt werden - zur Stärkung der regionalen Vermarktung.

Politik sieht es ein Die meisten Einwände fielen bei der Politik durchaus auf fruchtbaren Boden: In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus waren sich Vertreter aller Fraktionen einig, dass die Verwaltung ihren Vorschlag überarbeiten und ein gewisses Defizit bei der Kostendeckung in Kauf nehmen soll, um die regionale Vermarktung durch die Schlachtbetriebe zu stützen. Vor allem die ungerechte Staffelung für die Schafschlachtung müsse geändert werden, um diese nicht wieder in die Illegalität zu treiben.

Die letzte Entscheidung soll nun der Kreistag treffen, nachdem die Verwaltung einen neuen Entwurf vorgelegt hat. Um eine Erhöhung kommen die Schlachter allerdings wohl kaum herum. Und zur Wahrheit gehört auch, was der Kämmerer sagt: &bdquo;Was wir an Kosten nicht decken können, das erhöht die Kreisumlage. Und dann müssen die Bürgermeister in den Kommunen sich klar zur Förderung der Regionalwirtschaft bekennen.“

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