Klinikum Lippe: 20 Millionen sollen Notlage abwenden

Kreis Lippe . Die Krankenhauslandschaft in OWL und im Umland steckt in gewaltigen Turbulenzen. D as St.-Vincenz-Krankenhaus (Paderborn und Salzkotten) ist insolvent, die Mühlenkreiskliniken Minden rechnen mit 26,1 Millionen Euro Defizit, i m Klinikum Mitte in Bielefeld und in Herford gibt es unruhig vollzogene personelle Wechsel an führenden Stellen, das Krankenhaus in Holzminden ist dicht... Der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums Lippe, Landrat Dr. Axel Lehmann, und Geschäftsführer Dr. Johannes Hütte nutzen den Blick über die Grenzen für ein klares &bdquo;Ja“ zu allen drei Standorten des Klinikums – &bdquo;trotz unklarer Planungen von Bund und Land sowie bei der Re-Finanzierung.“

&bdquo;Viele Träger schießen seit Jahren Geld zu. Hier war dies Dank guten Wirtschaftens bislang nicht erforderlich“, sagt Lehmann. Die Klinikum Lippe GmbH (KLG) stehe auch jetzt keinesfalls kurz vor der Insolvenz. Gleichwohl schlägt er der Politik eine Finanzspritze zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit vor: &bdquo;Wenn wir es alles so so laufen ließen, würde es mit der Liquidität im Laufe des kommenden Jahres sehr, sehr eng.“

Patientenzahlen rückläufig

Das sehe aus drei Gründen nun anders aus: Die Belegungszahlen hätten sich im November zwar erholt, aber zu sagen, ob das ein langanhaltender Trend sei, käme einem Blick in die Glaskugel gleich. Hintergrund: Die Zahl der Behandlungstage ist stark gesunken, im Bundesschnitt um minus 13,4 Prozent und in Lippe um minus 18 Prozent im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten.

Zweitens: Die Refinanzierung durch die Krankenkassen liege deutlich unter der Inflationsrate. Dritte Ursache seien steigende Preise insgesamt (Energie, Personalkosten). Und da der Kreis die KLG weder in die Insolvenz rutschen lassen noch defizitäre Kliniken schließen wolle, stünden 20 Millionen Liquiditätshilfe im Haushaltsentwurf. Darüber muss nun die Politik entscheiden.

Keine weiteren Veränderungen in Lemgo

Es gebe keine Pläne, aus Lemgo weitere Abteilungen abzuziehen, sagt Hütte: &bdquo;Es ist gemeinsame Haltung mit dem Gesellschafter, also dem Kreis, diese Struktur so weiterzuführen.“ Der Kreis trage dann auch die Verantwortung, sollte sich dies &bdquo;nicht wirtschaftlich darstellen lassen“, nimmt er die Politik in die Pflicht. Denn: &bdquo;Die Rahmenbedingungen des Herrn Lauterbach sind komplett andere.“ Die Vergütung pro Behandlung sei Bundessache und fange die Kostensteigerungen (vor allem für Energie und Gehälter) nicht auf.

&bdquo;Ich glaube aber, qualifiziertes Fachpersonal zu bekommen, wird das größere Problem“, sagt Hütte. Es sei eine &bdquo;völlig überregulierte“ Vorgabe des Gesundheitsministeriums, mit welchen Personal an welchem Standort man was machen dürfe. &bdquo;Jeder Standort - Detmold, Lemgo, Bad Salzuflen - wird da für sich gesehen. Mir hat es gereicht, dass wir notwendigerweise die Orthopädie und Unfallchirurgie in Lemgo zumachen mussten. Das war nicht meine Idee.“

Lehmann ist überzeugt: &bdquo;Wir sind mit unserem Haus gut aufgestellt, haben bis 2022 nur positive Jahresergebnisse gemacht, was uns von anderen unterscheidet.“ Und: &bdquo;Wir sind Uniklinikum geworden. Nicht weil Johannes Hütte oder Axel Lehmann sich ein Denkmal hatten setzen wollen, sondern weil wir jetzt richtig gute Ärzte bekommen, die sonst nie hier her kommen würden.“ Jeder Lehrstuhl bringe Oberärzte mit, &bdquo;die uns medizinisch weiterhelfen“.

Bei allen Problemen, die das Haus habe, und auch der Fehler, die sicherlich - wie anderswo auch - gemacht worden seien und an denen gearbeitet werde: &bdquo;Es gibt viele Patienten, die zufrieden sind, die werden nur nicht gehört“, sagt Lehmann. Wenn jemand etwas Schlechtes höre, nehme man das stärker wahr, wenn der nächste ebenfalls etwas berichte. So verstärke sich diese Welle, und auch von außen werde das Klinikum durch Störfeuer schlechter gemacht, als es ist. &bdquo;Davon bin ich überzeugt.“ Werde weiter gute Arbeit geleistet, bekämen die Lipperinnen und Lipper ihr Vertrauen ins Klinikum zurück.

&bdquo;Stellen uns zukunftsfähig auf“ Er sei sich bewusst, dass auch seine Leistung als Landrat am Erfolg des Klinikums gemessen werde, sei aber sicher: Das Haus komme nicht drum herum, den Veränderungsprozess weiter fortzuführen, sagte er mit Blick auf die Schließung der Unfallchirurgie in Lemgo oder den Umzug des Brustzentrums nach Detmold : &bdquo;Manche Kritiker haben offensichtlich nicht verstanden, dass die Dinge nicht so bleiben werden, wie sie sind.“

Wenn das Klinikum sich nicht verändere &bdquo;sind wir ganz weg vom Fenster. Und das will ich nicht.“ Das Klinikum habe die riesige Chance - &bdquo;im Gegensatz zu anderen Häusern“, - sich zukunftsfähig aufzustellen. &bdquo;Und bis in drei/vier Jahren die Lauterbach-Reform wirkt und sich alles eingependelt hat, müssen wir uns einmal häuten. Sonst erwischt es uns wie das Vincenz oder Holzminden.“

Hütte sieht es ebenso: &bdquo;Das gemütliche Kreiskrankenhaus gibt es nicht mehr, und das können wir auch nicht mehr sein.“ Der Kreis als Gesellschafter habe nicht umsonst gewollt, Uni-Klinik zu werden. Was dies bedeute, hätten viele nicht verstanden, ebenso nicht, wie schwer dieser Weg ist. &bdquo;Aber eines ist klar: Das Krankenhaus wird jenseits der 2030er Jahre die medizinische Versorgung für Lippe absichern.“ Eine flächige und umfassende hausärztliche Versorgung in der Peripherie Lippes werde es &bdquo;nie wieder geben“.

Der Geschäftsführer bilanziert: &bdquo;Wir haben uns vor fünf/sechs Jahren für viele Teilbereiche überlegt, wo wir hinwollen. Und bei der Transformation zur Uni-Klinik werden alle Schwächen des Kreiskrankenhauses hervorgehoben. Vieles, was wir tun müssen, um Uni-Klink zu werden, hätten wir ohnehin längst machen müssen.“ Unter anderem sei 2017 das Ziel verabschiedet worden, auf Diagnostik zu setzen, um diese auch für Dritte anbieten zu können. &bdquo;Das funktioniert ja. Wir sind genau im Plan. Und wir bekommen die Chefarztpositionen wirklich top besetzt, wissen, welche Leistungen wir in Zukunft anbieten wollen und sehen die ersten Schritte, bekommen Nachfragen.“

Die medizinische Kernleistung sei gut, es sei keinesfalls - wie es in der Öffentlichkeit den Anschein habe - das Chaos ausgebrochen. &bdquo;Mit allem Respekt für die anderen Krankenhäuser: Ein Großversorger wie wir hat schon Vorteile.“ Hütte weiß aber auch: &bdquo;An den Schnittstellen müssen wir besser werden.“

Neubau-Pläne liegen zunächst auf Eis Für den Neubau der Notfallambulanz und der Bilddiagnostik in Detmold stellt der Kreis dem Klinikum in den kommenden drei Jahren schon lange vom Kreistag beschlossene 20 Millionen Euro zur Verfügung. &bdquo;Die Mittel sind seit längerem eingeplant und werden nun Zug um Zug abgerufen und ausgezahlt.“ Die Zentrale Notaufnahme wird an der Stelle des Verwaltungsgebäudes gebaut, diese Arbeiten sollen im Januar losgehen. &bdquo;Wie es mit den weiteren Plänen wie dem neuen Haupteingang aussieht, müssen wir angesichts der Finanzprobleme sehen“, sagt Klinik-Chef Johannes Hütte.

Klinikum Lippe: 20 Millionen sollen Notlage abwenden

Zukunft des Klinikums Lippe: Wozu die beiden früheren Geschäftsführer raten

Minister-Klatsche, Hütte-Rausschmiss, Prozesse: So turbulent war 2024 fürs Klinikum Lippe

Meinung: Warum das Klinikum Lippe auf einem guten Weg ist

Neue Professorin verstärkt radiologisches Institut: Wie es um die Uni-Klinik Lippe steht

Klinikum Lippe setzt auf Top-Managerin aus der Medizin

Nach zehn Jahren im Amt: Was Axel Lehmann über seine Zeit als Landrat in Lippe denkt

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus