Salzufler zu mehreren Jahren Haft verurteilt: Opfer stirbt halbes Jahr nach Raubüberfall

Bad Salzuflen/ Detmold. &bdquo;Es ist eine sinnlose Tat, die nur Leid gebracht hat“. Mit diesem Satz beschreibt der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer das Unfassbare, was sich am 15. Oktober 2023 mitten auf der Osterstraße in Bad Salzuflen abgespielt hat und jetzt vor der Großen Strafkammer des Landgerichts verhandelt wird. Nur wenige Minuten sind es, die der angeklagte Raubüberfall aus Sicht des Gerichts dauert, und die das Leben einer ganzen Familie für immer verändern.

Völlig unvorhersehbar schlägt der geständige 44-Jährige aus Bad Salzuflen an dem besagten Sonntagmorgen gegen 7 Uhr im alkoholisierten und kokainberauschten Zustand mehrfach auf die ganz zufällig seinen Weg kreuzende 56-jährige Frau ein, die gerade zur Arbeit gehen will. Er würgt sein Opfer, drängt ihr einen Zungenkuss auf, richtet die Frau derart zu, dass sie danach zum Pflegefall mit Stufe 3 wird. Dann flüchtet er mit ihrer Handtasche, erbeutet 25 Euro und ein Handy. Seine Blutspur führt die Polizei letztendlich bis zur Wohnung des Täters, denn die Frau hatte ihm bei seinem sexuellen Übergriff in ihrer Not auf die Zunge gebissen.

Angeklagter lässt Tat über Verteidiger gestehen Das alles lässt der Angeklagte in der Hauptverhandlung über eine Erklärung seines Verteidigers Johannes Salmen einräumen. Mit eigenen Worten wagt der Angeklagte dann noch den Versuch, sich zu entschuldigen. Eine Erklärung für die Tat hat er nicht. Seine Ehefrau habe ihn vor Jahren betrogen, seitdem sei sein Leben bergab gegangen. Ganz überwunden habe er das Ende nie, sagt er. Selbst sein Verteidiger ist von dem Tatvorwurf erschüttert: &bdquo;In 35 Berufsjahren habe ich etwas Vergleichbares nicht erlebt“, sagt der Rechtsanwalt aus Lage. Damit scheint Salmen nicht nur die Brutalität der Tat zu meinen, sondern vor allem auch ihre tragischen Folgen.

Denn die Geschädigte, um deren Schicksal es an diesem Dienstagmittag geht, kann ihre Geschichte nicht mehr selbst im Sitzungssaal erzählen. Sie war wenige Wochen vor dem Prozessauftakt an den Folgen eines geplatzten Aneurysmas gestorben, das hatten die ärztlichen Untersuchungen ergeben. Dafür nimmt ihr vom Schmerz gezeichneter Ehemann (57) als Nebenkläger im Saal Platz.

&bdquo;Sie war so eine lebensfrohe Frau“, sagt der Familienvater mit ruhiger Stimme. Nach der Tat sei alles anders gewesen. &bdquo;Sie hat große Ängste und Panik entwickelt, sich nicht mehr alleine aus dem Haus getraut.“ Tochter und Ehemann hätten ihr kaum von der Seite weichen können. Neben der psychischen Folgen seien die körperlichen genauso schlimm gewesen: Die einstige Köchin habe nur noch am Rollator laufen und nicht mehr vernünftig essen können. Ihr gebrochener Kiefer hatte operiert werden müssen. Der Überfall habe die Salzuflerin nahezu zerstört.

Opfer leidet nach Überfall an Angst- und Panikattacken Kurz nach der Tat soll ihr Gesicht so blau angeschwollen gewesen sein, dass selbst ein erfahrener Polizeibeamter seinen Augen im Krankenhaus nicht habe trauen können, sagt der Beamte selbst im Zeugenstand. &bdquo;Sie sah aus, als hätte sie zwölf Runden im Boxring hinter sich.“ Es sei erschreckend gewesen.

Das Gericht kann letztendlich keinen sicheren Zusammenhang mit der Tat und dem ein halbes Jahr später erfolgten Tod der Frau feststellen, darum verurteilt die Kammer den Angeklagten am Ende wegen schweren Raubs in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff zu sieben Jahren Haft. Der Überfall habe nur wenige Minuten angedauert, sagt der Richter, und dennoch habe er dazu geführt, dass eine &bdquo;zuvor im Leben stehende Frau danach nicht mehr alleine leben konnte“.

Strafmildernd wirkt sich - neben dem Geständnis des Angeklagten bei dieser äußerst brutalen Tat mit schwersten Misshandlungen - nur noch der nachgerechnete Alkoholgehalt von rund 2,5 Promille im Blut aus. Der psychiatrische Gutachter Gerhard Dankwarth aus Gütersloh geht in seiner Analyse davon aus, dass der 44-Jährige wegen seines akuten Alkohol- und Kokainrausches zur Tatzeit vermindert schuldfähig war. In der Hauptverhandlung liefert der Psychiater auch noch eine nicht belegbare Theorie zur Todesursache der Geschädigten.

Demnach könnte die Blutdruckkrise der Frau eine Folge ihrer durch den Überfall entwickelten Angst- und Panikstörung gewesen sein und diese damit letztendlich dazu geführt haben, dass das bereits vorhandene Aneurysma habe platzen können. Selbst wenn die Theorie richtig sei, könne damit aber kein Tötungsdelikt belegt werden. Für Nebenklagevertreter Bahattin Koyun aus Bielefeld, der nach dem Tod seiner Mandantin den Ehemann vertritt, bleibt dennoch &bdquo;ein Geschmäckle“. Er fordert daher im Plädoyer eine Haftstrafe von neun Jahren und geht damit noch ein Jahr höher als Staatsanwalt Lukas Schackow, der selbst acht Jahre für tat- und schuldangemessen hält.

Aus Sicht des Detmolder Staatsanwaltes lässt das vom Verteidiger vorgetragene Geständnis die aufrichtige Reue vermissen. Verteidiger Johannes Salmen sieht das anders: Die Tat sei eh unentschuldbar, findet Salmen. Er fordert im Plädoyer für seinen Mandanten daher eine Haftstrafe, die sechseinhalb Jahre nicht überschreitet. Das Gericht kommt dem mit dem Urteil nicht ganz nach. Es ist allerdings noch nichts rechtskräftig.

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