Millionenbetrug aufgedeckt? Weshalb sich Aktenberge im Detmolder Landgericht stapeln

Kreis Lippe. Ein Meer aus Aktenordnern und Dokumenten steht am Montagmittag griffbereit auf einem Rollwagen hinter Staatsanwalt Björn Heidberg . Anders könnte man die etlichen Fallakten von mehr als 3000 Geschädigten wohl auch nicht &bdquo;mal eben“ in den Sitzungssaal 165 schaffen. Der Papierberg lässt erahnen, womit sich die Wirtschaftskammer des Landgerichts Detmold seit einigen Sitzungstagen minuziös beschäftigen muss. Es geht schließlich um einen mutmaßlichen Millionenbetrug – und das angeklagte Trio hat sein Schweigen bisher nicht gebrochen.

Deshalb muss die Kammer unter der Vorsitzenden Richterin Katharina Schikowski die Beweisaufnahme in allen Details durchführen, um herauszufinden, ob den drei angeklagten Männern der gewerbsmäßige Betrug überhaupt nachgewiesen werden kann. Es scheint noch ein langer Weg zu sein. Auf dem am Sitzungssaal hängenden Zettel sind bis Oktober zumindest noch weitere 15 Fortsetzungstermine aufgelistet.

Machte ein Trio Millionen mit gefälschten Rechnungen ?

Staatsanwaltschaft Björn Heidberg , der das Ermittlungsverfahren mit einigen aus Lippe kommenden Geschädigten vorangetrieben hatte, wirft dem Trio, 35, 46 und 65 Jahre alt, vor, gefälschte Rechnungen für Eintragungen ins Handelsregister an Unternehmen verschickt und auf diese Weise knapp 2,6 Millionen Euro kassiert zu haben. Die richtigen Adressen sollen die Männer mittels einer Software herausgefiltert haben. Die betroffenen Firmen waren also tatsächlich gerade dabei, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen – und zahlten daher teils bereitwillig die geforderte Summe, ohne zu hinterfragen.

Genauso ging es einer 60-jährigen Unternehmerin aus Bergkamen , die am Montagmittag als Zeugin vor Gericht aussagt. &bdquo;Wir brauchten ganz dringend die Eintragung“, sagt sie. Ihre gemeinnützige Gesellschaft habe einen Wechsel in der Geschäftsführung durchführen müssen.

Als die angeblich vom Amtsgericht Marburg verschickte Rechnung angekommen sei und den Hinweis enthielt, den Betrag von etwa 900 Euro innerhalb von drei Werktagen an ein entsprechendes Konto zu überweisen, habe die Firma die Zahlung noch am selben Tag veranlasst.

Unternehmerin fällt auf Betrugsmasche rein

Einen Tag später habe es dann die böse Überraschung gegeben. &bdquo;Wir sind aus allen Wolken gefallen, als am nächsten Tag die echte Rechnung bei uns eintrudelte“, sagt die Zeugin. Das Amtsgericht Marburg sei selbst erstaunt gewesen, der mutmaßliche Betrug zur Anzeige gebracht worden. &bdquo;Wir haben versucht, das Geld über die Bank zurückzuholen, hatten aber keine Chance.“ Der gefälschte Brief habe echt ausgesehen.

Die Aussage dauert nur wenige Minuten, dann kann die Zeugin hinter der voll besetzten Anklagebank vorbei aus dem Sitzungssaal gehen. Drei Angeklagte sitzen hier eng an eng an, jeder hat zwei Verteidigerinnen oder Verteidiger an seiner Seite sitzen. Kontinuierlich klingt das Gemurmel zweier Dolmetscher durch den Raum.

Den Fall aufzudecken, muss akribische Polizeiarbeit gefordert haben, das verdeutlicht die Aussage einer damit befassten Polizeibeamtin. Auch sie nimmt eine dicke Akte mit in den Saal, soll sich aber auf ihre Erinnerung berufen. Durch die vielen Scheinrechnungen seien die Ermittler schnell auf ein Briefzentrum gestoßen, berichtet sie, bei dem auffällig große Briefsendungen in Auftrag gegeben worden seien. Das sei nur eine von vielen Spuren gewesen.

Der Prozess geht am Freitag weiter.

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