Zahlen steigen an: Frauen erfahren immer häufiger Gewalt

Kreis Lippe. Wenn Frauen Gewalt erfahren, sind die Täter weit überwiegend männlich. Das hat das erstmals vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentliche Lagebild zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten ergeben. Standen Opfer und Tatverdächtige in einer – früheren oder aktuellen – partnerschaftlichen Beziehung zueinander, richteten sich die Ermittlungen beispielsweise nach häuslicher Gewalt in 94 Prozent der Fälle gegen tatverdächtige Männer.

Das BKA unterteilt die spezifisch an Frauen gerichteten Straftaten in fünf Fallgruppen auf: Sexualstraftaten, Häusliche Gewalt, Menschenhandel zum Zweck von sexueller Ausbeutung, Digitale Gewalt und Femizide. Letzterer Begriff meint, wenn Frauen wegen ihres Geschlechts getötet werden. Das BKA weist allerdings darauf hin, dass es bislang an einer bundeseinheitlichen Definition fehlt. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach sind demnach nicht alle Tötungen an Frauen Femizide, sondern nur jene, die durch die hierarchischen Geschlechtsverhältnisse motiviert sind. Hier gebe es weiterhin dringend Forschungs- und Abgrenzungsbedarf.

Klar ist: Der Anteil weiblicher Opfer von Tötungsdelikten liege bei 80,6 Prozent, wenn es sich um Partnerschaftsgewalt handelte. 2023 wurden laut BKA von insgesamt 938 weiblichen Opfern bei 825 Fällen (+3,4 Prozent) von Tötungsdelikten 360 Frauen und Mädchen Opfer von vollendeten Taten. Unter diesen könnten 92 Opfer der innerfamiliären Gewalt und 155 Opfer der Partnerschaftsgewalt zugeordnet werden.

Dem Bericht zufolge stieg die Zahl weiblicher Opfer bei Sexualstraftaten seit dem Jahr 2019 um 27,7 Prozent an. Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren seien am stärksten von Vergewaltigung und sexueller Belästigung betroffen.

Frauenfeindliche Straftaten um 56 Prozent gestiegen Darüber hinaus erhöhte sich ebenfalls die Zahl der frauenfeindlichen Straftaten im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 56,3 Prozent. Demnach waren in diesem Bereich von bundesweit 375 ermittelten Tatverdächtigen im Berichtszeitraum 2022 bis 2023 347 männlich, 26 weiblich und zwei divers.

Die Anzahl der Gewaltdelikte habe sich knapp verdoppelt, liege aber weiterhin im mittleren zweistelligen Bereich. In den Jahren 2022 und 2023 wurden durchschnittlich rund 37,7 Prozent der Delikte über das Internet begangen, welches auch das am häufigsten verwendete Tatmittel gewesen sei.

Mit 70,5 Prozent sind laut BKA überwiegend Frauen und Mädchen von Häuslicher Gewalt betroffen. Frauen und Mädchen werden demnach nahezu dreimal so oft innerhalb von partnerschaftlichen Beziehungen zu Opfern Häuslicher Gewalt als innerhalb familiärer Beziehungen, heißt es im Lagebericht.

Die Anzahl von weiblichen Opfern der Fallgruppe Digitale Gewalt hat sich gegenüber 2019 dazu mehr als verdoppelt. Den größten Anteil bilden laut BKA-Bericht Nötigung, Bedrohung und Stalking. Die Tatverdächtigen in diesem Bereich sind zu 79,8 Prozent männlich. Höher ist der Männeranteil bei sexuellem Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen ab 14 Jahren (94,9 Prozent) sowie bei Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen (89,2 Prozent), niedriger bei Nötigung, Bedrohung und Stalking (76,2 Prozent).

Dem Fazit des BKA nach ist in jeder Fallgruppe im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der weiblichen Opfer gestiegen. Es müssten daher individuelle Bekämpfungsansätze gewählt werden, um die verschiedenen Ausprägungen geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteter Straftaten zu bekämpfen. Nur das könne etwas bewirken.

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