Kreis Lippe. Mit rund 4700 Anliegen haben sich die Menschen aus dem Kreis Lippe im vergangenen Jahr an die Verbraucherzentrale gewendet. „Ob ungewollte Vertragsabschlüsse, Probleme im Onlinehandel oder entgangene Urlaubsfreuden nach der FTI-Insolvenz: Anfragen erreichten uns aus allen Bevölkerungsgruppen und zur ganzen Themenpalette des Verbraucheralltags“, berichtet Brigitte Dörhöfer, Leiterin der Beratungsstelle. „Besonders viel Beratungsbedarf bestand zudem weiterhin rund um das Thema Energie mit seinen vielen rechtlichen und wirtschaftlichen Facetten.“
Manchmal sind es teure Ärgernisse wie kostenpflichtige Retouren nach Übersee oder ungewollt abgeschlossene Abonnements, häufig aber auch existenzbedrohende Probleme wie drohender Verlust des Krankenversicherungsschutzes, verweigerter Zugriff auf Pfändungsschutzkonten oder Energiesperren, die die Menschen in die Beratungsstelle in der Lemgoer Straße in Detmold führen.
Individuelle Unterstützung
„Wir unterstützen individuell, um Verbraucherrechte durchzusetzen oder unberechtigte Forderungen abzuwenden. Falls nötig legen wir Widersprüche ein oder vereinbaren Ratenzahlungen. Damit tragen wir auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Betroffenen bei und entlasten sie von oftmals großem psychischen Druck“, erklärt Dörhöfer.
Zum Weltverbrauchertag 2024 rückte die Beratungsstelle das Thema Glasfaser-Ausbau in den Fokus. Da der Ausbau in NRW nicht zentral erfolgt, sondern größtenteils dem Markt überlassen bleibt, zeigt sich auch im Kreis Lippe ein regelrechter Ausbaukampf unterschiedlicher Anbieter, der nicht selten an den Haustüren der Verbraucher ausgetragen wird.
Dementsprechend erreichen die Beratungsstelle immer wieder Beschwerden. „Über Monate hinweg haben wir Gespräche mit den örtlichen Breitbandbeauftragten, Netzbetreibern sowie ausbauenden Unternehmen geführt und auch schriftlich nachgefragt: Welche Netzbetreiber bauen wo aus? Wird der Ausbau öffentlich gefördert? Können die Leitungen auch von anderen Anbietern genutzt werden? Was kostet der Anschluss Verbraucher jetzt und zu einem späteren Zeitpunkt?“, berichtet Brigitte Dörhöfer. Der wichtigste Rat für Betroffene: Keinen Vertrag unter Druck abschließen und sich zunächst schriftliche Angebote geben lassen, um sie vergleichen zu können.
Hoher Beratungsbedarf zu Energiefragen
Ein großer Anteil der Anfragen entfiel auch 2024 auf den Bereich Energie. „Entsprechend groß war auch der Andrang Ratsuchender in der Beratungsstelle, um dort Hilfe bei Rechnungsfragen, Rückforderungen oder Abwehr untergeschobener Verträge zu erhalten“, sagt Berater Arkadiusz Galek.
Weiterhin sorgten zudem Schreiben des Düsseldorfer Telekommunikationsanbieters 1N Telecom für Irritationen. „Dieser forderte Verbraucher unter einem vermeintlichen Anbieterwechselauftrag zur Rufnummer-Mitnahme auf. Damit suggerierte der Anbieter, dass bereits Verträge abgeschlossen wurden, obwohl die Betroffenen erklärten, zuvor keinen Vertrag abgeschossen zu haben“, erklärt Brigitte Dörhöfer. Manche Ratsuchende wurden auch mit Schadensersatzforderungen konfrontiert. „Wir haben Betroffenen mit Informationen über Widerrufsmöglichkeiten und Musterbriefen geholfen.“
Weiteres Ärgernis im Jahr 2024: Trotz Abschaffung des so genannten Nebenkostenprivilegs versuchten eine NRW-weit vertretene große Wohnungsgesellschaft und ein Telekommunikationsanbieter, Mieter ohne wirksame Zustimmung in Kabel-TV-Verträgen zu halten. Auch hierzu gab es viele Nachfragen und Beschwerden. Und im Juni brachte die Insolvenz des Reiseanbieters FTI Touristk GmbH für Betroffene eine Menge Fragen mit sich – etwa ob und wie sie Geld zurückbekommen.
Viele Fallstricke
Minderwertige oder falsch beziehungsweise gar nicht gelieferte Waren, unseriöse Vertragsbedingungen oder überteuerte Online-Dienste: Gerade im Internet gibt es nach Erfahrung der Verbraucherzentrale viele Fallstricke. „Die Maschen der Anbieter sind oft schwer zu durchschauen. Im Betrugsfall ist dann schnelle Hilfe gefragt“, so Dörhöfer. Zugleich werde aber präventive Verbraucherinformation immer wichtiger. „Durch Bildungsarbeit, unterschiedliche Informationsformate sowie interaktive Tools im Web fördern wir kritisches Bewusstsein und wirken Desinformation entgegen. Damit stärken wir die Menschen in turbulenten Zeiten.“
Die Wahl und Planung der eigenen Heizung war vor allem für Hausbesitzer eines der prominentesten – und umstrittenen – Themen des vergangenen Jahres. Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die kommunale Wärmeplanung warfen die Frage auf, welche Heizung zukünftig die beste, passende beziehungsweise noch erlaubte Lösung sein würde. Besonders im Blick: die Wärmepumpe.
In zahlreichen Vorträgen, Online-Seminaren, individuellen Beratungen und an Infoständen erläuterte die Energieberatung die Vor- und Nachteile verschiedener Heizsysteme. „Wir bieten unabhängige und sachgerechte Informationen und können so auch manche Ängste nehmen“, erklärt Energieberater Matthias Ansbach. Aber auch Photovoltaik und die erleichterten Möglichkeiten, als Mieter mit Steckersolar-Geräten auf Balkon und Terrasse selbst Strom zu erzeugen, stießen auf großes Interesse und Beratungsbedarf.