Giftige Pflanze: Nimmersatte Verbündete können Lippes Pferde- und Viehhaltern helfen

Kreis Lippe. Sie ist der Schrecken mancher Pferdehalter: Jakobskreuzkraut, eine bis zu einen Meter hohe Pflanze, die derzeit allerorten in voller Blüte steht, kann die Leber der Tiere schädigen. Auf der Weide machen die meisten Tiere ohnehin einen Bogen drum, weil das Zeug nicht schmeckt: &bdquo;Zum Schutz vor Fressfeinden enthält es Bitterstoffe und Geruch, den diese nicht mögen“, erklärt Tierfilmer und Biologe Robin Jähne. Er hat aber gerade kleine, vielbeinige Helferlein gefilmt, die der Pflanze den Garaus machen: Die orange-schwarzen Raupen des Blutbären.

Nimmersatte Raupen Der Blutbär, auch Jakobskrautbär genannt, ist ein hübscher schwarz-roter Schmetterling, der sich auf Jakobskreuzkraut spezialisiert hat. Wie der Buchsbaumzünsler - eine andere Schmetterlingsart - sich weitestgehend auf Buchsbaum stürzt, so legt der Blutbär seine Eier gezielt an den Stängeln ab. Und kaum haben sich daraus die Raupen entwickelt, werden sie zu wahren Nimmersatts, bis maximal noch ein Pin in der Mitte stehen bleibt. Aussamen kann da schon mal nichts mehr, die Raupen verpuppen sich und überleben im Boden.

Doch haben die geflügelten Helfer nicht genügend ihrer Brut ins Fressrennen geschickt, muss der Mensch eingreifen. &bdquo;Ich versuche, es frühzeitig auszureißen“, sagt Sylvia Frevert, die auf dem Teut bei Alverdissen Pferde hält und sich bereits seit Jahren im Kampf gegen die Ausbreitung des giftigen Krautes engagiert.

Das Zeug sollte tunlichst nicht auf den hauseigenen Kompost, weil darin Samen überleben könnten. &bdquo;Aber in der Biotonne ist das kein Problem“, erklärt Friedrich Niedermeier, der eine eigene kommerzielle Kompostanlage in Brüntrup betreibt. &bdquo;Denn in den großen Kompostanlagen wird über längere Zeit die Temperatur über 70 Grad gehalten, und damit wird die Keimfähigkeit unterbunden.“

Im Heu immer noch gefährlich Auf ihren eigenen Grundstücken können Tierhalter steuern, was die Vierbeiner zu fressen bekommen. &bdquo;Aber spätestens, wenn das Jakobskreuzkraut mit abgemäht wird, und im Heu landet, können die Tiere das Kraut nicht mehr aussortieren und fressen es mit“, erklärt Biologe Robin Jähne. Genau das macht Pferdehaltern wie Sylvia Frevert Angst: &bdquo;Wenn ich Heu zukaufe, bin ich darauf angewiesen, dass der Lieferant vor der Mahd das Kraut von der Wiese entfernt hat.“

&bdquo;Das tun die meisten Landwirte, die ich kenne, auch“, sagt Günther Betge vom Reiterhof Betge in Detmold. Denn auch die Landwirtschaftskammer warnt eindringlich vor der giftigen Gefahr: Es könnten chronischen Erkrankungen auftreten, vor allem bei Pferden und Rindern, aber auch bei Ziegen und Schafen. &bdquo;Die Gefahr ist erheblich, wenn man sich vor Augen führt, dass ein einzelner ausgewachsener Trieb im Mittel etwa 70 Gramm wiegt. Bei einem 350 Kilo schweren Islandpony reichen 14 bis 20 Kilogramm frisches Kraut oder zwei bis vier Kilogramm im Heu, um es umzubringen - auch wenn es nicht alles auf einmal frisst, sondern täglich nur ein paar Triebe.

Eine &bdquo;penible Weidenpflege“ sei geboten. Man müsse die gelbe Plage zum richtigen Zeitpunkt mähen, bevor sie Samen bildet. Im Übrigen sei unbewachsener Boden - auf Weiden beispielsweise durch Trittschäden entstanden - eine Einladung an das Kraut, sich hier anzusiedeln. Die Landwirte sollten also dafür sorgen, dass sie nackte Flächen selbst etwa mit Gras einsäen.

Samen kommen mit dem Wind Pferdewirt Günther Betge hat auf seinen eigenen Flächen keinerlei Probleme mit der gelben Plage. &bdquo;Aber ich sehe ja, wie das Zeug auf öffentlichen Flächen blüht, an Wegrändern oder sogar auf Verkehrsinseln. Dann besteht natürlich die Gefahr, dass das aussamt und der Wind den Samen auf unsere Flächen weht.“ Ein Grund, warum er sich immer mal wieder mit den Grünflächenämtern der Kommunen und den Straßenbehörden auseinandersetzt, damit regelmäßig gemäht wird.

Hier kommt beispielsweise auch Straßen NRW ins Spiel. Die Behörde weiß um die Probleme, die das Jakobskreuzkraut verursacht. So heißt es auf ihrer Homepage: &bdquo;Ebenfalls im Visier der Straßenwärterinnen und Straßenwärter ist das Jakobskreuzkraut. Diese gelbblühende, heimische Pflanze macht sich auch im Straßenrandbereich, auf den angrenzenden Böschungen und auf Kompensationsflächen breit... Um eine Verbreitung dieser Pflanze zu verhindern, werden Flächen, auf denen das Jakobskreuzkraut wächst, regelmäßig gemäht.“

Eile ist geboten Ob das allerdings tatsächlich zur richtigen Zeit und häufig genug geschieht, bezweifelt Sylvia Frevert, die vor Jahren schon einmal einen runden Tisch mit Behörden und Landwirten initiiert hat. Damals hätten die Gesprächspartner versprochen, sich zu kümmern, allerdings anscheinend ohne Erfolg. &bdquo; Stattdessen wird es immer schlimmer – an Straßenrändern, auf Stilllegungsflächen, die es ja mit dem vermehrten Bau von Windrädern auch immer öfter gibt. Jetzt ist es mit dem Mähen fast zu spät, denn das Jakobskreuzkraut samt sich aus und wird im nächsten Jahr noch mehr um sich greifen“, sagt sie enttäuscht. Allein auf die Hilfe der Schmetterlinge zu hoffen, werde garantiert nicht reichen.

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