Finanzen, Familie, Frauen: Warum Heike Görder Lippes Landrätin werden möchte

Bad Salzuflen. Lächelnd steht Heike Görder vor ihrem Haus in Bad Salzuflen, begrüßt die Redakteurin herzlich und führt sie dann in ihren Garten - ihren Lieblingsort. Denn den sollten die Bewerberinnen und Bewerber um den Chefsessel im Kreishaus für das Interview auswählen. Und schnell wird klar, warum sie sich hier treffen wollte: Es blüht und summt, ab und an ist gar ein Quaken vom Teich vor der Terrasse zu vernehmen. Heike Görder ist das Gesicht der Unabhängigen Kreistagsmitglieder (UKTM) , wenn es um den Posten des künftigen Landrates beziehungsweise der Landrätin geht. Im Interview spricht sie über Finanzen, Familie, Frauen in der Politik und mehr.

Warum haben Sie Ihren Garten als Lieblingsort gewählt?

Heike Görder: (lachend) Weil er das ist. Hier kann ich ich sein, stundenlang aufs Wasser gucken, Insekten beobachten und einfach runterkommen, morgens trinke ich hier meinen ersten Kaffee. Es war viel Arbeit, aber es hat sich so gelohnt. Es ist mein Haus am See.

Apropos Arbeit: Sie sind seit über 20 Jahren politisch aktiv im Kreistag, nun werfen Sie ihren Hut in den Ring, um Landrätin zu werden. Warum?

Heike Görder: Um Lippe nach vorne zu bringen, unabhängig und gemeinsam als kommunale Familie. Und warum nicht mal eine Frau als Landrätin? Politik war immer Männer-Sache, dabei wird von uns genauso viel erwartet. Aber es geht nicht darum, dass ich eine Frau bin, ich bin Mensch und mache es, weil ich es kann.

Warum gibt es nicht mehr Frauen in der Politik?

Heike Görder: Es wird langsam besser. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was Frauen hindert, sich politisch zu engagieren. Andererseits müssen sie immer viel mehr tun, kämpfen, um anerkannt zu werden. Ich hoffe, dass es, wenn ich ab 1. November Landrätin bin, gelingt, mehr Frauen für Politik zu begeistern. Denn Frauen können es genauso, sie sind in Stresssituationen flexibel und bedacht, managen Haushalt und Familie - und wir sind doch schließlich eine kommunale Familie.

Stichwort kommunale Familie: Wie gelingt es, den Kreishaushalt zusammen mit den Kommunen zu sanieren?

Heike Görder: Über Kommunikation miteinander. Kommunen, Kreis, LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Anm. d. Red.), LVL (Landesverband Lippe, Anm. d. Red.) müssen enger miteinander arbeiten. Politik geht nur Hand in Hand. Von oben herab, das bringt doch nichts.

Und was ich noch für ganz wichtig halte: Doppelmandate, also Kreistagsmitglieder, die in ihren Kommunen auch im Rat sitzen. Denn wenn der Kreis Entscheidungen trifft, hat das Auswirkungen auf die Kommunen und umgekehrt.

Für die Stoppelkirmes Wilbasen stehen Investitionen von über einer Million Euro im Raum - und das bei der knappen Finanzlage des Kreises.

Heike Görder: Wilbasen ist toll und wichtig für Blomberg und die Region. Grundsätzlich sollte sich eine solche Kirmes selber tragen, nach Corona war der Zuschuss okay, um den Menschen wieder etwas zu bieten. Aber was sagen wir den Lagensern, die Reinholdi selber stemmen? Oder den Oerlinghausern, die die Kosten mittragen, aber nichts davon haben? Nun zieht der Bauhof auch vom Wilbasen-Gelände weg, Investitionen in Strom und Wasser sind also nur für die Kirmes.

Das Geld ist im Moment einfach nicht da. Wir müssen reden und eine Lösung finden, die südostlippischen Kommunen beteiligen. Es darf nicht sein, dass einer etwas will und andere dafür zahlen müssen.

Bei unserem Lippe-Check zeigten sich kreisweit insbesondere zwei Problemfelder: die Mobilität auf dem Land und fehlender Wohnraum. Wie lässt sich Ersteres Ihrer Meinung nach verbessern?

Heike Görder: Sichere Radwege zu den Schulen oder Kitas sind besser als Elterntaxis. Aber diejenigen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, dürfen nicht schief angesehen werden, das ist eine persönliche Entscheidung. Wer pendelt, muss sich nicht rechtfertigen. Auch das Radwegenetz ist bereits gut.

Beim ÖPNV muss man genau hinschauen. Statt Ausbau der Buslinien ist zum Beispiel ein Zubringerverkehr zu Haltestellen, etwa mit kleineren Bürgerbussen, denkbar. Wenn der ÖPNV sich weiter entwickelt, würden mehr Leute Bus fahren.

Ein anderer Vorschlag sind Boarding-Houses an zentralen Stellen, in denen Betriebe für ihre Azubis und Mitarbeiter Zimmer mieten können. Wenn jemand aus Almena zum Frühdienst nach Detmold muss, müsste dann nicht fahren.

Und wie kann der Kreis hinsichtlich des fehlenden Wohnraums unterstützen?

Heike Görder: Wenn Baugebiete erschlossen werden, ist die Untere Naturschutzbehörde beteiligt - also warum nicht auch mal Wohnen im Grünen ermöglichen, wo es sich anbietet und alle profitieren? Wichtig ist, miteinander zu reden, flexibel individuelle Entscheidungen zu treffen.

Oder der Kreis hilft, Parkraum zu schaffen über Parkhäuser - auch mit Radboxen -, um Fläche einzusparen. Wir müssen Ideen sammeln und modern denken, ein &bdquo;Das haben wir noch nie gemacht!“ will ich nicht mehr hören.

Was muss in Lippe besser laufen?

Heike Görder: Ein Beispiel: Auf der Bielefelder Straße hier gilt teilweise Tempo 30, teilweise aber auch 50. Die Knetterheider hätten gerne überall eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30, der Kreis sieht dafür aber keine Veranlassung. So etwas geht nicht, das ist kein vernünftiges Miteinander. Wir müssen auf die Schwächsten Rücksicht nehmen und das ist hier das Dorf, das sind die Bürger.

Und was macht Lippe liebenswert?

Heike Görder: Ganz einfach: Die Menschen hier sind einfach toll. Und Lippe ist schön, es gibt so viele verschiedene tolle Ecken hier im Kreis.

Persönlich Heike Görder, 64 Jahre, lebt in ihrem Elternhaus in Bad Salzuflen-Knetterheide. Seit über 20 Jahren ist sie mit ihrem Mann Detlev glücklich nicht verheiratet. Insgesamt haben sie fünf Kinder und sechs Enkel, erzählt Heike Görder strahlend. &bdquo;Ich bin ein echter Familienmensch.“ Die gelernte Bürokauffrau hat berufsbegleitend BWL studiert und arbeitet - mittlerweile in Teilzeit - als Coach bei Lippe Bildung, um Jugendliche gezielt in Ausbildung zu bringen.

Seit mehr als 20 Jahren ist die Salzuflerin Kreistagsmitglied, 18 davon für die CDU, bis sie vor etwa zwei Jahren mit Henning Welslau die UKTM gründete. Auch im Salzufler Stadtrat sitzt Heike Görder. Sie sagt von sich selbst, sie sei sehr beharrlich und schwer aus der Ruhe zu bringen. Ihre größte Schwäche sei die Ungeduld mit sich selbst, die sie aber auch als Stärke sieht.

In ihrer Freizeit macht sie - neben der Politik - gern viel im heimischen Garten oder schaut in der Handball-Halle den Enkeln zu. Auch fürs Dorf engagiert sie sich, bringt sich etwa bei der Organisation des Weihnachtsmarktes ein, und verbringt gerne Zeit mit Freunden.

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