Kreis Lippe/Toase. Dass sich Kreise manchmal auf unerwartete Weise schließen, erlebte die Notfallsanitäterin Friederike Saueressig jetzt auf eindrucksvolle Art: Während eines Praktikums im westafrikanischen Ghana stieß die 48-Jährige auf ein vertrautes Fahrzeug – einen ausgemusterten Rettungswagen aus Lippe.
Im Rahmen ihrer berufsbegleitenden akademischen Ausbildung zur Physician Assistant absolvierte Saueressig ein Praktikum am Frimpong-Boateng-Medical Center in Toase, einer Stadt mit rund 40.000 Einwohnern im Südwesten Ghanas. Die medizinische Versorgung dort ist einfach, dennoch steht ein voll ausgestatteter Rettungswagen bereit – und der trägt auf der Hintertür noch gut lesbar den Schriftzug „Rettungsdienst Kreis Lippe“.
Ein ganz besonderer Zufall
„Ich bin in Lippe selbst häufig mit genau diesem Wagen gefahren“, wird Saueressig in einer Pressemitteilung des Kreises Lippe – und spricht von einem „ganz besonderen Zufall“. Der Innenausbau des Fahrzeugs ist nahezu identisch geblieben. Die Spur führt zurück ins Jahr 2022: Damals erreichte den Kreis Lippe eine Spendenanfrage von Prof. Dr. Dr. Axel Haverich, einem renommierten Thoraxchirurgen mit Wurzeln in Barntrup. Haverich hatte während seines Medizinstudiums in Deutschland den Ghanaer Kwabena Frimpong Boateng kennengelernt, eine langjährige Verbindung aufgebaut und später bei der Gründung des Medical Centers in Toase unterstützt.

Als der Rettungswagen mit der Kennung „Kalletal 9-83-1“ nach 250.000 Kilometern in Lippe ausgemustert wurde, stimmte Landrat Dr. Axel Lehmann einer Spende zu. Der Wagen wurde in einem Container nach Ghana verschifft – ohne dass jemand ahnte, dass Jahre später eine Mitarbeiterin des Kreises dem Fahrzeug dort zufällig begegnen würde. „Es gibt viele Zufälle im Leben, aber dieser ist wirklich außergewöhnlich“, heißt es in der Pressemitteilung.
Fahrzeug oft im Einsatz
Zum Einsatz kommt der RTW in Toase nicht für Notfalleinsätze – eine Notrufnummer wie die 112 existiert dort nicht. Wer Hilfe braucht, muss selbst ins Krankenhaus kommen. Das Fahrzeug wird genutzt, um schwerstkranke oder verletzte Personen ins 45 Minuten entfernte Kumasi zu bringen, die zweitgrößte Stadt Ghanas mit etwa drei Millionen Einwohnern.
Friederike Saueressig arbeitet derzeit an ihrer Bachelorarbeit, in der sie das Berufsbild des Physician Assistant in Ghana und Deutschland vergleicht. In Ghana ist diese Qualifikation schon lange etabliert und spielt eine zentrale Rolle bei der medizinischen Versorgung. „In Deutschland sind die Rahmenbedingungen für den Beruf bislang nicht klar definiert“, sagt Saueressig. Das Praktikum ermöglichte ihr viele praktische Einblicke in ein anderes Gesundheitssystem – und eben auch eine Begegnung mit einem Stück Heimat auf vier Rädern.