Kreis Lippe. Der neue Wehrdienst bewegt Lippe. Die Redaktion wollte ganz genau wissen, was Sie, liebe Leserinnen und Leser, davon halten und hat eine Online-Umfrage aufgesetzt. Insgesamt haben 350 Lipperinnen und Lipper aller Altersstufen daran teilgenommen. Außerdem haben mehr Männer (71 Prozent) als Frauen (29 Prozent) ihre Meinung mit uns geteilt. Die gehen erwartungsgemäß weit auseinander. Die Mehrheit der Teilnehmer befürwortet die Einigung zum neuen Modell. Neben einem Pflichtgefühl für das eigene Land und das Sicherstellen der Verteidigungsfähigkeit auf der einen Seite, geht es jedoch den Wehrpflicht-Gegnern vor allem um die Sorge um die eigenen Kinder.
74 Prozent der Befragten befürworten eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. 32 Prozent davon wünschen sich die alte Form zurück mit Wehr- oder Zivildienst für alle jungen Männer, während 42 Prozent für eine neue Form sind. Zum Beispiel für alle Geschlechter mit Fokus auf Freiwilligkeit, aber verpflichtender Erfassung. Lediglich ein Viertel der Umfrage-Teilnehmer lehnt die Wehrpflicht ab.
Viele betrachten es als Fehler, dass die Wehrpflicht 2011 in Deutschland überhaupt ausgesetzt wurde, und befürworten eine Wiedereinführung. „Blauäugig und grenzenlos naiv glaubte man an den ewig währenden Frieden in Europa. Und das war kein deutsches Phänomen. Auch Franzosen und Briten bereuen ihre damals überstürzt durchgeführte Abrüstung mittlerweile massiv", schreibt ein Teilnehmer. Man hätte es damals seiner Meinung nach so laufen lassen sollen, wie es jahrzehntelang funktioniert hatte.
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„Kinder als Kanonenfutter"
Der Tenor der älteren Generation ist einer, den junge Lipperinnen und Lipper sicher nicht teilen würden: „Uns hat es auch nicht geschadet" und „den jungen Menschen tut es sicherlich gut, das wahre Leben mal kennenzulernen".
Das sehen vor allem Eltern anders. Viele schauen besorgt auf ihre Kinder. So schreibt ein Teilnehmer: „Absoluter Quatsch angesichts der Situation unsere Kinder als Kanonenfutter zu verpflichten." Ein anderer pflichtet bei: „Die Kriegstreiber sollten selbst an die Front gehen und nicht unsere Kinder dazu zwingen." Eine weitere Teilnehmerin hält es für unverantwortlich, über das Leben anderer zu entscheiden. Sie sei Mutter eines Sohnes und befürworte es nicht, dass er zur Bundeswehr geht. „Dann sollen diejenigen, die das entschieden haben, selber zur Bundeswehr gehen und das Land verteidigen."
Dass die Regierung auf Freiwilligkeit setzen will, halten fast die Hälfte (47 Prozent) der Teilnehmer für unzureichend. Es brauche ihrer Meinung nach stärkere verpflichtende Elemente, um die Personalstärke der Bundeswehr zu sichern. Grundsätzlich ist es vielen Lipperinnen und Lippern wichtig, dass Deutschland angesichts der aktuellen Sicherheitslage in Europa verteidigungsfähiger wird (80 Prozent sehr wichtig bis wichtig, 21 Prozent weniger wichtig bis gar nicht wichtig).
Soziale Berufe stärken, Wirtschaft schwächen?
Ein eindeutiges Ergebnis liefert auch die Frage nach der Gleichberechtigung in der Wehrpflicht. Denn 74 Prozent der Befragten sind dafür, dass der Pflichtdienst für Männer und Frauen gleichermaßen gelten sollte (Anmerkung: 71 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sind männlich).
Um die Gesellschaft zu stärken, sind Zweidrittel der Befragten dafür, anstelle eines reinen Wehrdienstes ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr (Wahl zwischen Wehrdienst, Zivildienst und Sozialdienst) für junge Menschen anzubieten. Ein Teilnehmer bringt sogar den Notstand in Krankenhäusern und Altenheimen mit der Abschaffung der Wehrpflicht in Verbindung und sieht mit der Wiedereinführung besonders deshalb Vorteile für die deutsche Gesellschaft - sollte es denn wie in der alten Form auch einen Sozial- oder Zivildienst geben.
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Einige blicken besorgt auf die deutsche Wirtschaft und befürchten, dass Firmen wegen des neuen Wehrdienstes auf Nachwuchs verzichten müssen. „Es wäre sinnvoller, mal Bunker für den Ernstfall vorzubereiten, als Steuergelder in geschlechterdiskriminierende Erfassung zu verschleudern. So ein Pflichtjahr finde ich auch unfair gegenüber anderen Arbeitgebern, die um Nachwuchs kämpfen müssen." Ein Teilnehmer wählt drastische Worte: „Wir benötigen Fachkräfte, kein Kanonenfutter."