Lage (be). Generationswechsel an der Spitze der Zuckerfabrik. Dr. Stefan Brinker (47) tritt die Nachfolge von Dr. Hans Coenen an, der 19 Jahre Leiter der Abteilung Landwirtschaft war und in den Ruhestand geht.
Dr. Stefan Brinker kommt aus dem Rheinland. Von 1998 bis 2011 leitete der Agrarwissenschaftler die landwirtschaftliche Abteilung der Eus-
kirchener Zuckerfabrik von "Pfeifer & Langen". Mitte Juli wird er mit seiner Frau und den beiden Kindern (12 und 14) nach Lemgo umziehen. "Mit der letzten Reform der Zuckermarktordnung sind wir in der Anbauplanung beweglicher und wettbewerbsstärker geworden", betont sein Vorgänger Dr. Hans Coenen, der auch Geschäftsführer des Rübenanbauerverbandes im Lippe-Weser Raum war. Dauerte die Kampagne früher 70 Tage, so sind es nun 80 bis 90 Tage. Ziel seien 100 Tage.
Wanderten 1986 noch 80 Prozent des Zuckers direkt zu den Endverbrauchern in die Haushalte und nur 20 Prozent indirekt in die Lebensmittelindustrie, so haben sich die Verhältnisse heutzutage umgekehrt. "Unsere Abnehmer sind die Haribos, die Storcks, die Coca-Cola-Produzenten und die Oetkers als Vertreter der Getränke- und Süßwarenhersteller", so Dr. Coenen. Etwa ein Viertel, also 120 000 Tonnen, sind so genannte Industrierüben. Der daraus gewonnene Zucker dient Mikroorganismen als Nahrungsquelle, um Hefe, Aminosäuren oder Zitronensäure herzustellen. Dieser Zucker kann auch als Kohlenstoff-Träger unter anderem in der Autoindustrie eingesetzt werden. Teile der Sitze oder des Armaturenbretts können auf der Basis von Zuckerrüben hergestellt werden. Eine Intensivierung der Bestrebungen, Zucker bei der Kunststoff-Produktion einzusetzen, sei noch zu teuer, ergänzt Dr. Brinker. Es gebe für sein Unternehmen andere Betätigungsfelder. Stichwort: Energiewende.
Ein Zuckerrübenfeld sei das effektivste Sonnenkraftwerk unter den vielseitigen Pflanzengesellschaften inklusive Wald. Daher der Reiz, die gespeicherte Sonnenenergie nicht nur als Süßungsmittel zu nutzen. "Strom muss nicht nur aus Mais gewonnen werden. Zuckerrüben und ihre Nebenprodukte wie Melasse und Schnitzel sind interessante Alternativen. Hier erfolgt die Umwandlung von Energie in pflanzliche Reservestoffe", weiß Dr. Coenen, der den Betrieb von Bio-Gasanlagen mit Bestandteilen aus der Zuckerrübe genauso wie sein Nachfolger für sinnvoll hält. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse aber ein Umdenken beim Gesetzgeber erfolgen.
Der scheidende Leiter der Abteilung Landwirtschaft glaubt, dass drastische Veränderungen im Sinne einer Energiewende unabdingbar sind. "Wir betreiben hierzulande noch Landwirtschaft auf dem Niveau von Kleingärtnern. Mit zwei Hektar Anbaufläche ist nichts zu machen", meint er. Die Energiewende auf Basis erneuerbarer Energielieferanten sei ohne eine hoch effiziente Landwirtschaft nicht zu schaffen.