Oerlinghausen (big). Nach den ersten Nachrichten über Eier, die mit Dioxin belastet waren, verspüren Menschen auch in der Region ein mulmiges Gefühl beim Eierkauf. Ein Besuch auf dem Markt in Oerlinghausen.
Simone Martinetz (36) ist mit Sohn Floris auf dem Markt unterwegs, sucht frisches Gemüse aus der Region, um wenigstens ein bisschen sicher sein zu können, dass da nichts dran ist, was krank macht. Sie isst zwar keine Eier, ihr Sohn und der Ehemann aber schon. Die Familie bekommt Eier direkt aus der Nachbarschaft, hält diese für unbelastet. Generell aber, so Simone Martinetz, "bleibt schon ein komisches Gefühl".
Wie ihr geht es vielen Marktbesuchern, aber auch den Händlern an den Ständen. Eine Blumenhändlerin winkt ab. "Wenn - dann haben wir die Eier doch sowieso schon gegessen." Ihren Namen will sie auf keinen Fall sagen, der Kunden wegen. Sie vermutet eine Methode hinter dem Aufdecken der Lebensmittelskandale. "Zu Ostern finden sie die Dioxineier, zu Muttertag gibt es verseuchte Blumen und Weihnachten finden sie auch wieder was." Der Kollege am Gemüsestand sieht das schon etwas differenzierter, will das aber auch nicht mit seinem Namen erklären.
Im Fall der mit dem dioxinähnlichen PCB belasteten Eier von einem Hof in Stemwede (Kreis Minden-Lübbecke) ist die Ursache für die Belastung noch immer nicht geklärt. Ausgeschlossen werden konnte, dass das Tierfutter Schadstoffe enthält. Behörden im angrenzenden Niedersachsen hatten die Futtermittel des niedersächsischen Lieferanten für den Stemweder Betrieb untersucht - und keine Belastung festgestellt. Das Bundesverbraucherministerium hatte bereits nach dem Dioxin-Skandal um verseuchtes Fleisch Ende 2010/Anfang 2011 eine Verbraucherinformation zum Thema Dioxin sowie einen Aktionsplan "Verbraucherschutz in der Futtermittelkette" herausgegeben. Auch das Strafmaß bei Verstößen wurde verschärft.
Seiner Einschätzung nach sei es ganz gut, "dass es mal einen Biohof erwischt hat - die haben immer so einen Welpenschutz". Der Anbau von Gemüse und Obst nach biologischen Grundsätzen sei ja schön und gut, aber mittlerweile werde so viel Gemüse mit dem Bio-Etikett verkauft, "so viel kann es gar nicht geben, da wird doch zugekauft". Simone Martinetz und ihr Ehemann haben die Stempel auf den Eiern zu Hause mit den Daten verglichen, die auf die Schalen der verseuchten Eier gedruckt waren. Gut zu merken seien sie ja gewesen, die Buchstaben-Zahlen-Reihe fing an mit 0521 – "so wie die Bielefelder Vorwahl".
Der Rückruf betraf Eier mit den Aufdrucken 0-DE-0521041 vom Biobetrieb aus dem Kreis Minden-Lübbecke sowie 0-DE-0521991 und ohne Stempelnummer vom "AWO Ingenhammshof" zweier Direktvermarkter aus Duisburg. Das Bemühen, möglichst unbelastete Lebensmittel - am liebsten aus der Region - zu bekommen, ist für die Mutter selbstverständlich, nicht zuletzt wegen ihres Sohnes. "Aber so richtig weiß man als Verbraucher ja nicht, was Sache ist." Kerstin Bergmann will sich aber sicher sein, wo die Eier herkommen, die sie kauft.z
Deshalb hat sie seit Jahren ein festes Ziel, mittwochs zur Marktzeit in Oerlinghausen. Auf dem Sechser-Eierkarton liegen Euro und Cent abgezählt - im Tausch gegen sechs frische Eier aus der Region. Ganz sicher.