Der Holzwurm von Waddenhausen

Lage-Waddenhausen . &bdquo;Ich bin ein Holzwurm geworden", behauptet Karl Hermeier scherzhaft von sich. Und wer den 90-Jährigen in seinem schmucken Haus am Waddenhauser Berg besucht, bezweifelt diese Aussage nicht. Das Bett, der Schreibtisch, die Regale – alles selbst gefertigt. Dazu kommen unzählige Dekorations-Gegenstände.

Die Drechsel-Maschine in der heimischen Werkstatt kann schon mal fünf Stunden am Stück laufen. &bdquo;An guten Tagen", schränkt Karl Hermeier ein. Ab und an verlange sein Körper inzwischen eine Pause. Seit über 40 Jahren frönt der Senior seinem Hobby, dabei startete die handwerkliche Karriere bereits im Kindesalter.

&bdquo;Ich war sechs Jahre alt und den Ausschlag gab eine Sau", sagt Karl Hermeier rückblickend und muss lachen. Die besagte Sau habe auf dem elterlichen Bauernhof 14 Ferkel geworfen, hatte jedoch nur zwölf Zitzen zur Versorgung zur Verfügung. &bdquo;Mein Vater gab mir ein Stück Holz und den Auftrag, einen Trog für die Milch zu bauen", erinnert sich der 90-Jährige noch ganz genau an sein erstes Stück.

Doch das Talent sollte erst einmal etliche Jahrzehnte schlummern. Der gebürtige Wüstener wurde Landwirt im Ostblock. Eine angedrohte Gefängnisstrafe, sollte er seinen Hof nicht freiwillig an die Genossenschaft abgeben, ließ ihn über Westberlin nach Lage flüchten. Auf einem Grundstück in Hagen, welches der Familie gehörte, baute er sein erstes Haus, später in Waddenhausen sein zweites. &bdquo;Ich habe eine Baugesellschaft mitbegründet", erläutert der Unternehmer, warum lange die Zeit fehlte, um seiner Leidenschaft rund um die Holzverarbeitung nachgehen zu können.

Unzählige Ideen im Kopf Inzwischen gleicht seine Wohnung einer kleinen Ausstellung. Engel, Tiere, Kerzenständer, Teller, Uhren, Gartenstecker – es gibt fast nichts, das Karl Hermeier noch nicht hergestellt hat. &bdquo;Wenn ich früher Ausstellungen mit Holzwaren besucht habe, dann konnte ich mich kaum sattsehen", verrät der Heimwerker. &bdquo;Jetzt habe ich so viele Ideen im Kopf, dass ich bei jedem Stück Holz, das ich in die Finger bekomme, sofort weiß, was ich daraus am besten machen kann."

Karl Hermeier nimmt ein gedrechseltes Ei in die Hände. &bdquo;Diese Haptik ist einfach unglaublich. Das Anfassen macht mir immer wieder Freude", schwärmt er von dem Unikat aus sibirischer Lärche. &bdquo;Die ist besser als die deutsche Lärche, weil sie sehr langsam wächst", nennt er das Qualitätskriterium. Schwarze Mooreiche oder importiertes Holz aus Südafrika verarbeitet Karl Hermeier ebenso fachmännisch wie gestockte Birke aus dem heimischen Garten. &bdquo;Die Stämme habe ich etwa zehn Jahre lang an der Hauswand liegen lassen", erläutert er, wie die einzigartige Maserung quasi ganz von allein zustande gekommen ist.

Selbst für die kleinsten Holzabfälle oder einfache Spanplatten findet Karl Hermeier noch eine Verwendung. &bdquo;Neu ist mein Weihnachtsschmuck zum Aufhängen", blickt er auf verschiedenste Motive vom Stern bis zur Glocke. &bdquo;Ich lege dazu mehrere Spanplatten aufeinander und so habe ich mit einem Sägevorgang gleich fünf Exemplare", ist ihm der Spaß an der Sache förmlich anzusehen.

Seine Produkte sind nicht nur im Familien- und Freundeskreis heiß begehrt. &bdquo;Manchmal fertige ich auch auf Wunsch etwas an", so der mehrfache Großvater. Käuflich erwerben können Interessierte die liebevoll gestalteten Holzarbeiten bei ihm jedoch nicht. &bdquo;Entweder ich verschenke meine Werke oder ich spende sie an den guten Zweck", denkt er beispielsweise an die Jugendeinrichtung Grünau, wo die Stücke bei den hauseigenen Basaren stets reißenden Absatz finden würden. Einzig zwei ganz besondere Engel werden wohl immer im Besitz des &bdquo;Holzwurms" bleiben: &bdquo;Die sind mir irgendwie ans Herz gewachsen", blickt Karl Hermeier versonnen auf seine Lieblingsstücke im Hausflur.

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